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Mueller und die Schweinerei

Mueller und die Schweinerei

Titel: Mueller und die Schweinerei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raphael Zehnder
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an der Seite der ETH , das Auto abgestellt. Da ist er schon: muss in den Seitenflügel des Hauptgebäudes der Universität. Keine »Studierenden« hier, wie man die Studentinnen und Studenten heute nennt, weil sind Semesterferien. Da müssen alle Geld verdienen, damit sie weiterstudieren können.
    Schnell in den Eingang. Drin angenehm kühl. Nicht die Treppe hoch zu den Hörsälen und Instituten. Im Parterre, da sind die paläontologischen Steine und im Untergeschoss die präparierten Tiere. Ist immer lehrreich, so ein Museum. Da erfährst du viel, was dir im Alltag sonst nicht begegnet. Zum Beispiel Trilobiten oder Belemniten.
    Im Museum kein Mensch. Alle am See, in den Ferien oder bei der Arbeit. Nur einer ist da. Den sieht der schweissnasse Müller, mit dessen Polohemd man Spaghettiwasser salzen könnte, vor einer Vitrine: Ruedi Hauenstein, Direktor des »Verbands der Fleischfressenden Industrie«. Schaut durchs Glas auf einen Stein. Nein, kein Stein, ein Knochen. Schaut verträumt diesen Knochen an. Der Müller geht langsam auf dieses Szenario zu, wirft auch ein Auge auf den schwarzbraunen Knochen. Was für ein Tier könnte das sein?
    Eine Bewegung am Rand seines Blickfelds, Hauenstein nimmt sie wahr, er dreht den Kopf, sieht unseren Müller. Sagt:
    »Herr … Müller war der Name, nicht?«
    Ja, mit dem Kopf, und freundlich: »Guten Tag, Herr Hauenstein.«
    »Jetzt haben Sie den Hauenstein mitten unter Steinen erwischt«, sagt Hauenstein, »aber weder haue ich die Steine, noch haue ich ab.«
    »Herr Hauenstein, schön, dass Sie gut gelaunt sind. Aber mir ist’s zu heiss für Witze.«
    »Schade«, sagt Hauenstein, »ich hab’s eben gerne lustig.«
    Der Müller, er nickt und zwingt sich, wenigstens freundlich dreinzuschauen. Hauenstein dreht den Kopf wieder zur Vitrine: »Der Oberschenkelknochen eines Diplodocus. Pflanzenfresser. Bis zu 27   Meter lang, wovon sechs Meter Halsstück. Bis zu 16’000   Kilogramm schwer. 16’000   Kilogramm. Das sind 16   Tonnen Fleisch. Klar, Knochen, Sehnen, Knorpel, muss man alles vom Lebendgewicht abziehen. Schlachtgewicht ungefähr 80   Prozent, also 12’800   Kilogramm. Mit Schweineparametern gerechnet. Stellen Sie sich vor, wenn man so einen Diplodocus metzgen, zerlegen und verwursten könnte. Was der einbrächte. Das ergäbe sooolche Steaks –«, und er zeigt die Dimensionen mit flügelgleich ausgestreckten Armen, volle Spannweite.
    »Und der Brachiosaurus, der Brontosaurus … allesamt Pflanzenfresser, genährt in vollbiologischen Zeiten, keine Pestizide, keine Umweltgifte … noch grösser, noch schwerer, purer Muskel. Was für ein Geschäft!«
    Hauensteins Augen leuchten.
    »Ist nicht Ihr Ernst«, sagt der Müller und lacht. Ziemlich laut. Hauenstein wird zuerst hässig.
    »Sie wollten keine Witze, Sie bekommen keine Witze. Das ist mein blutiger Ernst, sofern Sie einem diplomierten Metzgermeister diese Bemerkung durchgehen lassen«, und jetzt lacht er selber, dass in der Vitrine die Skelette von Zwergsauriern klingeln wie die kleinen Glöckchen bei der Wandlung.
    Dann atmen beide wieder ein, der Müller und Hauenstein.
    Und der Müller schüttelt den Kopf.
    »Was?«, fragt Hauenstein.
    »Sie sind ein Fall für sich«, sagt der Müller und schüttelt sich immer noch.
    »Das sagt meine Frau auch immer«, sagt Hauenstein. Und lacht wieder.
    »Haben Sie noch mehr solche Einfälle?«, fragt der Müller.
    Hauenstein ist vor lauter lautem Lachen rot angelaufen. Er japst nach Luft, hält sich mit einer Hand an der Vitrine fest.
    »Kommen Sie, wir gehen raus, trinken Sie Wasser auf der Toilette«, sagt der Müller.
    Hauensteins Blutdruck, er würde jedes Messinstrument sprengen, das sieht man ihm an, regelrecht gesundheitsgefährlich. Hoffentlich passiert nichts, sonst muss der Müller auch noch in dieser Sache zu Herrn Borowski: Weil er Vernehmungspersonen wissentlich in den Blutkollaps hineinmanövriert.
    Hauenstein verschwindet hinter der blauen Tür, der Müller wartet draussen. Hört drin das Rauschen eines Wasserfalls. Hört auf. Dann das Klicken des Handtuchspenders. Die Tür öffnet sich. Hauenstein hat sich Wasser ins Gesicht geklatscht, die Haare unter den Strahl gesteckt, sein Hemd ist nass. Atmet nun ruhiger. Hat wieder Puste.
    »Eine Story noch«, sagt er, »voll ernst und topbusiness: Mein realistischster Plan ist das Klonen von Mammuts.«
    Dem Müller sein Gesicht ist ein fett gedrucktes Fragezeichen.
    »Ja, das Klonen von Mammuts … Lebendgewicht um die

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