Mueller und die Tote in der Limmat
Neues, weil die Polizei ja auch Zeit braucht für die Ermittlungen und der Redaktionsschluss sagen wir um zweiundzwanzig Uhr für die abonnierte Ausgabe. Aber der Müller erinnert sich jetzt natürlich sofort und weiss, womit er den Tag verbringt, denn schönes Wetter → ideal für Ermittlungen unter freiem Himmel. Und genau das hat Müller vor: in der Stadt herumgehen und ein paar Besuche abstatten, der Welt die Temperatur nehmen, in einschlägigen Kreisen umherstöbern, einen ganzen Korb voller Informationen zusammentragen und dann … Analyse, Analyse, Analyse. Gewichtung der harten Fakten, sobald sie versammelt sind. Denn der Satz «Die Spur führt ins Musikgeschäft» hat sich in seinem Unbewussten und Unterbewussten festgesetzt, da, wo man nicht weiss, was man warum tut, aber man tut es trotzdem, und manchmal ist es problematisch, und manchmal – wie in diesem Fall – ist es saugut, weil instinktiv das Richtige, obwohl am Anfang ganz und gar nicht klar und alle sagen: «He, bist du eigentlich völlig hinüber …?» Und fast Rauferei oder so oder mindestens Schimpfen, aber hier natürlich nicht, weil die Geschichte jetzt sofort weitergeht.
Und jetzt Auftritt vom Müller seinem Freund seit dem Sandkasten einst daheim im Aargau und immer noch auf dem Podest der Freundschaft. Sein Name lautet Franz Schubert. Nicht lachen, heisst wirklich so. Das kann ich nicht ändern. Franz Schubert, Grösse: 193 Zentimeter, Schuhe: 46, Haare: immer weniger, aber blond, hatte viel Leidenszeit wegen des Vornamensgeschmacks von Mami und Papi, weil dieser grosse Franz Schubert voll unmusikalisch und Klavierlieder gar nicht gern hat. Und Mami und Papi auch eher keine Musikfreunde und nicht einmal Religion, sonst hätten sie die Lieder und die «Schubertmesse» gekannt, aber taten sie nicht. Und auch nicht Angler, sonst sicher Forellenquintett im Verein «Petri Heil» Neuenhof, Aargau, wo sein Ursprung fusst. Heisst nämlich nicht nach Opa Schubert, sondern nach Papi von Mami, hiess Franz Schibli. Dann Neukombination «Franz + Schubert», und das Verhängnis galoppierte. Aber nicht mehr so schlimm heute, weil Musiker Franz Schubert heute nicht mehr in den Top Ten, eher so Status «Ein-Hit-Wunder», und sehr lange her, lebt niemand mehr, wo sich noch klar erinnert.
Und Franz Schubert heute auch Mitte vierzig, ist wie der Polizeimann Bucher Manfred dem Müller sein Vertrauter und privater Freund, kennen sich vier Jahrzehnte, intensiv als Kinder und seit fünfundzwanzig Jahren wieder, seit sie zwanzig gewesen. Damals beide volleres Haar und so, «mittlere Körperpartie weniger entwickelt» und «nicht unanständig gemeint, sondern Bauch», sagt Franz Schubert und lacht, aber stimmt nicht so ganz mit dem Bauch. Gar nicht so schlecht erhalten, obschon Franz Schubert absolut Bürohengst: Ist selbständiger Unternehmer, KMU , einst einziger Mitarbeiter, aber jetzt immer grösser und grösser, weil ein florierendes Unternehmen. Domizil an der Bäckerstrasse 40, im Quartier, das fast vollständig gentrifiziert ist. Galerien, Kleiderläden, bessere Restaurants, Reisebüros. Und mittendrin, aber im Obergeschoss im Bürohaus, sitzen Franz Schubert und seine «Internationale Clearingzentrale».
Schubert cleart den ganzen Tag. Inland und Ausland und Clearing, damit alles stimmt, und ist Fachmann und war sogar schon im Radio deswegen und als Referent für Vortrag in Kanton Zug und Schwyz, wo Steuerschlupfloch-Hotspots. Muss man auch sagen: Franz Schubert ist wirklich sehr erfolgreich. Nicht mehr oft selbst in Zahlenreihen-Recherche tätig: Zahlen mutieren, eintragen, konfigurieren, plausibilisieren, gegenprüfen und weiterprozedieren. Sondern infolge Wachstum der Firma, circa vierzig Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, meist strategisch-konzeptuell tätig. Bedeutet: Erarbeitet mit Kunden Clearing-Konzepte, entwickelt Partnerschaften mit öffentlichen und privaten Players. Hauptschnittstellen heute zwischen IT -Branche und Kommunikationsanbietern sowie Finanzbranche im EU -Raum. Aber das Clearingwesen ist trotz Lehman Brothers und internationaler Dauerwirtschaftskrise seit wann eigentlich – Holz berühren, wir wollen’s nicht verschreien – krisenfest. Weil, das musst du klar sehen: Clearing braucht’s immer. Selbst wenn die Fundamente wackeln, bedarf die Wirtschaft immer des Clearings. Und da kommt, wie gesagt, dem Müller sein grosser und langjähriger Freund Franz Schubert ins Spiel. Weil ist nicht nur Business, ist auch Mensch. Mit
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