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Mueller und die Tote in der Limmat

Mueller und die Tote in der Limmat

Titel: Mueller und die Tote in der Limmat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raphael Zehnder
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wirklich, ich meine: der Müller bei Trost. Deshalb wieder Treppe hinunter, aus dem Haus. Vielleicht herausfinden, wer der Vermieter ist? Sieht nicht so teuer aus und zentral gelegen, reell und real, also wäre schon etwas für den Müller, wäre nicht schlecht. Weil auch das Tram vorne ins Depot hineinfährt, und der Müller hat das Tram gern, weil das Tram ist auch Zürich, und es ist blau-weiss.
    Und nun?
    Dem Müller gehen die Ideen natürlich nicht so schnell aus. Er hat noch viel auf Lager. Er lässt sich durch einen Stein im Getriebe nicht aus dem Geleise werfen und kann die Flinte gar nicht in den Korn werfen, weil, erstens unbewaffnet und zweitens viel zu früh für Alkohol, erst acht Uhr zehn, da gehen andere überhaupt erst zu Bett. Darum, der Müller war ja vor dem Einschlafen nicht untätig – Stichwort: Internetrecherche –, also ab zur Post 8036 Zürich-Wiedikon. Sind drei Minuten zu Fuss. Über den Bahneinschnitt rüber, dann links.
    Warum hierher?
    Postfach observieren, da «HeHo»-Tonträger laut Internet keine physische Büroadresse und im Internet keine Telefonnummer. Merke: Es steht doch nicht alles im Internet. Aber es sagt, «HeHo» heisst so, weil «Heeb» und «Holderegger», sind also zwei. Und die Nummer vom Postfach heisst 2163. Und wie es ideal wäre, dass entweder Heeb oder Holderegger bald kommt und seine Post holt, so war es natürlich nicht. So ist es natürlich nicht. Geduld ist ein Adelsprädikat der Ermittlungsarbeit, und so wartet und wartet der Müller und muss warten und raucht, dass es ganz ungesund ist und dem Bundesamt für Gesundheit übel wird und aus dem Postfachbereich der Post 8036 Zürich-Wiedikon eine riesige Rauchwolke quillt, was fast die Feuerwehr in ihren blitzblank gewienerten brandroten Fahrzeugen anlockt. Aber nur fast, weil man sieht ja, dass es der Müller ist, der da wartet und wartet und muss warten und raucht und raucht. Das heisst, die Leute wissen nicht, dass es Müller ist, weil sie ihn nicht mit Namen kennen. Sie sehen ihn nur.
    Aber jetzt kommt Bewegung in die Sache: Einer kommt und steckt Schlüssel ins Schloss vom Postfach 2163 und öffnet Türchen und greift Werbesendung. Das sieht der Müller klar von Weitem, weil es bunt ist, denn bunt = Werbesendung. Meistens!
    Müller geht sofort hin und fragt ihn, ob er der ist, der das Postfach leert. Der sagt, ja, er ist der, der das Postfach leert, denn er leert es gerade. Also «guten Tag, was wollen Sie». Und der Müller sagt, was er sagen will, und schon sind sie mitten im Gespräch. Das zeigt: Man muss nur auf die Leute zugehen und sie ansprechen, und sogar die Zürcher reagieren freundlicher, als man im Voraus denken würde beziehungsweise gedacht hätte. Die sind längst nicht unfreundlich, wie alle Nichtzürcher auf dem ganzen Globus behaupten. Die tun nur manchmal so rüpelig, weil es ihnen gefällt. So wirken sie nur an der Fassade, aber tief innen, ha, da sieht es anders aus, glauben Sie mir. Tief innen sind die Zürcher auch nur Menschen.
    Ja, er kennt die Sandra, sagt der vom Postfach 2163. Und jetzt können wir das Geheimnis lüften, das uns quälte: Ist es von «HeHo»-Tonträger der Heeb oder der Holderegger?
    Er ist der Holderegger, sagt Holderegger.
    Und Müller sagt, er ist der Müller.
    Haben sie sich also einander vorgestellt, das verlangt doch die Höflichkeit. Und der Holderegger macht nicht den Eindruck, ein windiger, aalglatter Business-Hai zu sein. Aber der erste Eindruck kann schwer täuschen, das weiss der Müller natürlich mit seiner langen Berufserfahrung, also ist er auf der Hut und passt grausam auf, dass der Holderegger ihn nicht ins Abseits hinauslächelt, wo er nie mehr eine Spur von der vermutlich kriminell verstorbenen Sandra Molinari finden wird. Das heisst: vom Mörder der Sandra. Oder, weil wir das jetzt noch gar nicht wissen, dass es nur einer gewesen ist: von den Mördern der Sandra. Oder gar – Gleichberechtigung – von der Mörderin oder den Mörderinnen. Oder ganz einfach: von der Täterschaft. Umgekehrt, aufgepasst, man muss auch das Gegenteil immer mit hineinbeziehen, weil es oft komplizierter ist, als man es zuerst denkt. Schon klar.
    Nein, er weiss nichts, sagt Holderegger.
    «Aber das ist doch ein grosser Verlust für ‹HeHo›-Tonträger?», sagt der Müller. Fangfrage. Aber Holderegger geschickt: «Verlust ist bei ‹HeHo› Geschäftsprinzip.»
    Müller glaubt nicht. Schüttelt den Kopf. Schaut.
    «Doch, doch», sagt Holderegger.
    «Wie das?»,

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