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München - 2030

München - 2030

Titel: München - 2030 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Golfidis
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Hälfte der Strecke hinter ihm. Die Distanz betrug noch bescheidene fünfundzwanzig Meter, die sich ständig verringerten. Da erblickte Victor Frau Schmerling auf dem Gehweg gegenüber. Sie hatte hinter einem Autowrack gestanden, darum hatte er sie erst jetzt wahrgenommen. Abrupt wechselte er die Richtung, überquerte die Straße und ging zu ihr hinüber. Auch Brenninger wechselte die Straßenseite und hielt auf Schmerling zu.
                »Ach, meine Blase«, stöhnte Victor, als er in Frau Schmerlings Höhe angekommen war und machte einen Bogen um sie. Frau Schmerling streckte ihren Arm in seine Richtung, doch Viktor wich geschickt aus. »Ich muss so dringend ...«, sagte er entschuldigend.
    Augenblicke später war es Brenninger der an Frau Schmerling vorbeiwollte.
    Aber Frau Schmerling stellte sich ihm mitten in den Weg.
                »Ich muss vorbei«, japste Brenninger ganz außer Atem.
                »Was rennen Sie denn so?«, sagte Frau Schmerling in einem gekränkten Tonfall und baute sich vor ihm auf. Obwohl Frau Schmerling nicht groß war, überragte sie Brenninger um ein paar Zentimeter.
                »Ich bin im Dienst«, keuchte Brenninger, der noch immer mit der Atemknappheit rang.
                »Das will ich hoffen, dass Sie im Dienst sind, in der Zeitung liest man ja so allerlei. Und wer soll sonst auf meinen Rollator aufpassen, wenn nicht Sie?«
    Inzwischen war Victor schon um die Hausecke eines Plattenbaus gebogen und außer Sichtweite gelangt. Brenninger ließ die Schultern hängen und gab sich in sein Schicksal. Die Chance war für diesmal verpasst, Victor auf frischer Tat zu erwischen.
                »Wie geht es ihnen denn so?«, fragte Frau Schmerling – doch wie gewohnt wartete sie es gar nicht ab, bis dieser eine Antwort geben konnte.
                »Ich sag’s ihnen, gestern ging es mir noch ganz gut, aber heute morgen bin ich schon mit einem verspannten Nacken aufgewacht.« Frau Schmerling machte ein schmerzverzerrtes Gesicht.
                »Das zieht von hier«, wies sie mit ihrer Hand, einen Halbkreis beschreibend, von einer Schulter zur anderen, »bis hier – es ist schier nicht zum Aushalten.«
     
    Endlich war Victor zu Hause angekommen und ließ sich erschöpft und mit einem bedeutungsvollen Seufzer auf die Couch sinken. Den Luxus-Rollator hatte er direkt vor sich geparkt. Er hatte es geschafft. Es war mit Abstand das teuerste Gefährt, dass er sich jemals untern den Nagel gerissen hatte. Ein zufriedenes Lächeln lag in Victors Gesicht. Und obwohl er mehr als erschöpft war, fühlte er sich großartig.
    Ein paar Augenblicke später kam Susann herein, um sich von Victors Anwesenheit zu überzeugen. Das hatte zwar keinen offiziellen Charakter, doch immer wenn er nachhause kam, sah sie kurz nach ihm.
    Obwohl Susann noch nie viel auf Besitztümer gegeben hatte, geriet sie beim Anblick des Rollators ins Staunen.
                »Wow!«, entfuhr es ihr, während sie das funkelnde Gefährt anstarrte. »Dein Tag scheint sich ja diesmal gelohnt zu haben«, sagte sie, Victor zu seinem Fang gratulierend. Doch Sekunden später hatte sie das Ding schon wieder vergessen und war auf ihr Zimmer verschwunden – sie machte sich nichts aus Besitztümern.
    Nach einer Zeit kam Charly herein. Auch er geriet sofort ins Staunen.
                »Hammer!«, sagte er das Gefährt von allen Seiten begutachtend. Doch desto länger er es in Augenschein nahm, umso stutziger wurde er.
                »Du hast doch nicht etwa Pillen-Edes Rollator geklaut, oder?«, sagte er, wie wenn er einer verworrenen Idee folgend, einen abstrusen Gedanken gehabt hatte. Aber je länger er in Victors Gesicht spähte, umso mehr Gewissheit erlangte er.
                »Nein, das hast du doch nicht getan, oder?«
                »Wer zum Teufel ist Pillen-Ede«, fragte Victor verunsichert.
                »Es ist sein Rollator, nicht wahr?«, versuchte Charly heraus zu kitzeln.
                »Kann schon sein«, erwiderte Victor.
    Charly ließ sich auf einen Stuhl fallen und begann irre zu lachen. Dabei schlug er sich wie ein Besessener mit den Händen auf die Schenkel. »Ha-ha-ha-ha ... Er hat Pillen-Ede den Rollator geklaut ... Ha-ha-ha-ha.« Plötzlich hielt er abrupt inne.
                »Du wirst ihn nicht verkaufen können«, sagte er.
               

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