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München - 2030

München - 2030

Titel: München - 2030 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Golfidis
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»Warum?«, fragte Victor.
                »Dieses Ding da«, zeigte er auf den Rollator, »ist der exklusivste Rollator den es gibt. In ganz München findest du davon höchstens zwei Stück und einer davon war noch nicht vor allzu langer Zeit Pillen-Edes Rollator. Das Ding fällt in den Straßen auf wie ein bunter Hund.«
                »Es ist unverkäuflich«, sagte Charly.
                »Wieso unverkäuflich. Und wer zum Teufel nochmal ist jetzt dieser verdammte Pillen-Ede?«, fragte Victor zornig.           »Erzähle doch endlich!«
    Charly setzte sich auf und stemmte sich mit den Armen auf die Knie. Er wirkte ernst.
                »Pillen-Ede ist der größte Halsabschneider, den es in der Stadt gibt. Er begann vor langer Zeit als kleiner Zuhälter von ein paar Nutten, die er an der Ingolstädter Straße Anschaffen schickte. Nach kurzer Zeit hatte er sich genügend Geld zusammengerafft und übernahm einen heruntergekommenen Sex-Shop in der Innenstadt. Zuletzt besaß er wohl mehrere Bordelle übers ganze Stadtgebiet verteilt. Doch nachdem das Geschäft mit den Nutten, angesichts der Vergreisung der Prostituierten einbrach – die Damen wurden ja nicht jünger, fing Ede mit dem Verkauf der Nirwana-Pillen an. Er war der erste der sie auf den Markt brachte. Er hat diese Pillen sozusagen erfunden. Und mittlerweile gibt es keinen einzigen Pillendealer, der nicht in irgendeiner Art und Weise von ihm seine Waren bezieht. Er hat überall seine Hände im Spiel, wie erzählt wird.«
    Charly lehnte sich in seinen Stuhl zurück und sah mitleidig zu Victor.
                »Verstehst du nun warum ich sagte, der ist unverkäuflich? Jeder in der Stadt wird nun die Augen offen haben und nach diesem Rollator Ausschau halten.«
    Charly fuhr mit seiner Hand zart über den Rollator.
                »Schade drum«, sagte er seufzend.
                »Hat dich jemand damit gesehen?«
    Victor zuckte mit den Schultern.
                »Frau Schmerling«, sagte Victor.
                »Schmerling dürfte kein Thema sein«, überlegte Charly.
                »Und Brenninger«, ergänzte Victor.
                »Hm, Brenninger wird auch kein Problem darstellen«, erwog Charly.
                »Sonst noch jemand?«
                »Nein, ich glaube nicht.«
                »Und was soll ich jetzt mit dem Ding machen?«, fragte Victor mit enttäuschter Miene.
                »Keine Ahnung, vielleicht ein paar Jahre warten bis Gras über die Sache gewachsen ist – oder der Pillen-Ede das Zeitliche gesegnet hat. Der Jüngste ist er ja nun nicht mehr, da kann das schnell gehen«, sagte Charly in tröstender Weise.
                »Okay, dann werde ich ihn erst einmal im Keller verstauen«, seufzte Victor schweren Herzens und schob den Rollator traurig zur Tür hinaus.
     
    Währenddessen war nebenbei die ganze Zeit das Radio in der Küche gelaufen. Charly hörte mit einem Ohr hin. Die Nachrichten wurden angekündigt. Doch zuvor verlas der Sprecher einen Text, der seit 2019 vor jeder Nachrichtensendung erwähnt werden musste:
                »Bitte bedenken Sie bei nachfolgender Berichterstattung, dass der Mensch verrückt ist und immer verrückt bleiben wird!«
    Dieser unsinnige Satz musste nun jedes Mal, bevor die Nachrichten anfingen, zitiert werden.
    Ein exzentrischer Milliardär hatte sich diese Vorgehensweise vor dem Europäischen Gerichtshof erstritten. Es war ein Mammutprozess gewesen, über den monatelang in den Medien berichtet wurde. Zuvor hatte der Milliardär dutzende Wissenschaftler und Anwälte engagiert, die in mehreren Studien belegten, dass das Handeln des Menschen keinen Sinn ergab, weil der vielgepriesene Fortschritt die Menschen nicht glücklicher gemacht hatte. Die Gruppe, bestehend aus renommierten Koryphäen, hatte dem Homo sapiens sogar mittels eines Gerichtsurteils die Intelligenz abgesprochen. Sie hatten die letzten zweitausend Jahre Menschheit aufgearbeitet und dann detailliert bewiesen, dass das Bestreben der Gattung Mensch: Frieden, Krieg und Fortschritt, stets ins Unglück führte. Sie verglichen den Menschen mit einem Hamster in einem Hamsterrad, der durch sein Tun für sich und seinesgleichen immer wieder für neues Leid sorgte. Im Zuge der Forschungsreihen kamen die Wissenschaftler zu einem ernüchternden Resultat. Sie hatten beim Menschen einen

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