Münsterland ist abgebrannt
kann aber nicht dafür garantieren, dass nicht schon jemand vor mir in den Taschen gewühlt hat.»
«Halte ich für unwahrscheinlich», sagte Udo. «Das dadrin sind Leute, denen man Zeit ihres Lebens Zucker in den Arsch geblasen hat. Die ekeln sich vor Leichen.»
«Dann will ich mal mein Glück versuchen.» Bastian streifte zwei Latexhandschuhe über, schwang sich in den Rettungswagen, öffnete die Gurte, mit denen die Leiche festgebunden war, und begann, die Kleidung von Vogtländer abzutasten.
Das Handy steckte in der Innentasche des Jacketts. Als Bastian es herauszog, sah er gleich, dass eine Funktion aktiviert war. Auf den zweiten Blick konnte er sein Glück kaum fassen.
«Du glaubst es nicht.» Bastian sprang auf die Straße.
«Was denn?» Udo schnippte seine Zigarettenkippe in den Rinnstein.
«Vogtländer hat alles aufgenommen. Der Track läuft immer noch. Seit über zwei Stunden.»
«Dann lass mal hören.»
Bastian stoppte die Aufnahme und ging auf Anfang. Zu hören waren Geraschel und Kratzgeräusche.
«Wo steckte das Handy?», fragte Udo.
«In seinem Jackett.»
«Scheiße.»
«Wart’s ab!» Bastian wollte die Hoffnung nicht aufgeben. «Selbst wenn wir nichts verstehen, kann die KTU mit ihren Supergeräten sicher noch etwas rausholen.»
Aus dem Handy klang schwach das bekannte Ding-dong.
«Die Türklingel», kommentierte Bastian überflüssigerweise.
Es folgte ein Gespräch. Von dem Jackett und den Bewegungsgeräuschen seines Trägers so gedämpft und überlagert, dass man lediglich zwei verschiedene Stimmen identifizieren konnte.
«Frederik hat gelogen», flüsterte Bastian. «Vogtländer hat mit ihm geredet.»
Etwa zwei Minuten lang ging das Gemurmel, begleitet von Vogtländers keuchendem Atem, weiter. Dann brüllte Frederik laut und deutlich: «Was sagst du da? Du willst mein Vater sein? Ich brauche keinen Vater. Mein Vater ist tot. Verpiss dich ins Grab, du wandelndes Gerippe. Dahin, wo du längst hingehörst!» Hektisches Keuchen, ein klatschendes Geräusch, gefolgt von einem erstickten Schmerzensschrei, schließlich ein Ton, der sich wie der Aufprall eines Kopfes auf dem Parkett anhörte.
Bastian tippte auf das Pausezeichen. Seine Hände zitterten vor Aufregung. Unverhofft waren seine Ahnungen doch noch bestätigt worden.
«Ein nettes Bürschchen», sagte Udo. «Macht seinen eigenen Vater platt.»
«Damit haben wir ihn», triumphierte Bastian.
«Lass es erst mal weiterlaufen», forderte Udo. «Es war gerade so spannend.»
Bastian tippte erneut auf das Gerät. Der Ton wurde jetzt klarer, die durch Vogtländers Bewegungen verursachten Nebengeräusche waren verschwunden.
Erstmals kam jetzt auch Mergentheims Stimme aus dem Lautsprecher: «Was ist mit ihm?»
«Sieht tot aus», antwortete Frederik gelangweilt. Dann lauter, offenbar näher am Mikro: «Ich fühle keinen Puls.»
Wieder Mergentheim: «So eine Scheiße. Wieso hat deine Tussi ihn nicht auf Spitzbergen erledigt? Jetzt haben wir seine Leiche an der Backe.»
«Das lässt sich nun mal nicht ändern.»
Mergentheim, aufgebracht: «Und wie erklären wir die Sauerei?»
«Gar nicht. Wir sagen, er ist hier aufgetaucht und tot umgefallen.»
«Einfach so?»
«Ja. Je weniger wir erklären, desto schwerer fällt es den Bullen, uns in Widersprüche zu verwickeln.»
«Scheiße, Scheiße, Scheiße.»
«Reg dich ab. Ich habe dafür gesorgt, dass dein Vater verschwindet und du die Leitung der Bank übernehmen kannst. Also bleib cool.»
«Und was, wenn der Typ, den sie verhaftet haben, redet?»
«Wird er nicht.»
«Bist du sicher?»
«Von dir weiß er sowieso nichts, okay? Und
ich
habe immer nur mit Annika gesprochen. Ich habe ihr eingebläut, dass ich unter allen Umständen im Hintergrund bleiben muss. Dass unser Vorhaben, die Firma L-Pharma in den Dienst der unterdrückten Völker zu stellen, nur dann gelingen kann, wenn nicht einmal der Schatten eines Verdachts auf mich fällt. Verstehst du? Ich habe ihr die Robin-Hood-Nummer vorgespielt und versprochen, mit ihr die Welt zu retten. Dafür musste sie die Drecksarbeit alleine erledigen. Der Typ, den sie eingebuchtet haben, hat mich vor der Kreuzfahrt nie gesehen. Und auch da hat er nicht begriffen, dass ich hinter allem stecke.»
«Glaubst du.» Mergentheim schnaubte: «Und wenn sie ihm doch alles erzählt hat? Dann schwärzt er dich an, sobald er merkt, dass du gelogen hast.»
«Es wird ihm nicht gelingen. Ich habe dafür gesorgt, dass mich nichts mit den Morden in Verbindung
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