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MUH!

MUH!

Titel: MUH! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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«Lolle, lass uns schnäuzeln!»
    Ich hörte seine Stimme laut und deutlich. Als ob er in der Nähe war: «Lolle, lass uns schnäuzeln!»
    Nicht nur ich vernahm die Stimme.
    «Habt ihr das gehört?», fragte Hilde. «Da hat etwas ‹Lolle, lass uns schnäuzeln› gerufen!»
    Hatte ich mir das in meinem Kopf etwa so laut ausgedacht?
    Nein, das konnte doch nicht sein.
    «Lolle, lass uns schnäuzeln!»
    Da, schon wieder.
    Ich fragte die anderen: «Habt ihr das jetzt auch wieder gehört?»
    Sie gafften mich mit großen Kuhaugen an, außer Giacomo, der mich mit großen Katzenaugen anstarrte. Sie brauchten alle einen kurzen Moment, der mir wie eine Ewigkeit vorkam, bis sie nickten.
    Unsicher ging ich ein paar Schritte in die Richtung, aus der die Stimme kam. Je lauter ich sie hörte, desto schneller wurden meine Schritte und desto heftiger klopfte mein Herz. Schließlich rannte ich los. So schnell wie noch nie zuvor in meinem Leben, sogar noch schneller als gestern Nacht, als ich vor dem Bauern und dessen Knallstab davongelaufen war.
    Die anderen folgten mir, am eiligsten hatte es dabei Susi, die schon zu mir aufschloss. Schlagartig blieben wir alle auf der Wiese kurz hinter den Büschen stehen. Durch deren Blätter hindurch konnten wir zum Parkplatz sehen. Und dort hinten … stand Champion!

Kapitel 22
    Er stand auf dem Parkplatz, einfach so!
    Dabei starrte er vor sich hin und wirkte so niedergeschlagen, wie ich ihn noch nie zuvor gesehen hatte, selbst damals nicht, als ich ihm erklärt hatte, dass ich eine Kuh mit Prinzipien war und mich nicht gleich bei der ersten Verabredung besteigen lasse.
    «Er lebt?», stammelte Radieschen fassungslos.
    «Aber nicht mehr lange», erklärte Susi bitter. «Den mach ich fertig!»
    Sie hasste ihn so, weil sie ihn so sehr liebte.
    Ich hingegen zitterte am ganzen Leib. Mein Champion hatte überlebt. Mein Herz raste vor Freude bei seinem Anblick, ich war so glücklich wie lange nicht mehr, vielleicht sogar wie noch nie zuvor in meinem Leben, hatte ich doch noch nie ein geliebtes Wesen, von dem ich gedacht hatte, es wäre gestorben, wiedergesehen.
    Ich war wirklich so, so glücklich, dass ich mir gar keine anderen Fragen stellte. Zum Beispiel, wie Champion hatte überleben können, wie er hierhergekommen war oder wie er uns hatte finden können. Ich konnte ihm sogar verzeihen, dass er mit Susi fremdgegangen war, ich wollte einfach nur noch zu ihm, ihn schnäuzeln, liebkosen, ihn nie wieder verlassen und ihm erzählen, dass wir Eltern werden, eine Familie … doch da rief er: «Susi, lass uns schnäuzeln!»
    «Diese Stier», sagte Giacomo, «erscheinte mir eine kleine wenig promiske.»
    «Wenn ‹promiske› wahllos bedeutet», antwortete Hilde, «stimme ich dem zu. Auch wenn es vertrottelt heißt. Oder nur mit seinem Bing-Bong denkend.»
    «Binge-Bonge?», fragte Giacomo.
    «Bing-Bong», korrigierte ihn Hilde.
    «Sag ich doch, Binge-Bonge.»
    Hilde verdrehte die Augen.
    «Das iste die Fidel dello Schniedel, nicht wahr?», wollte Giacomo wissen. Da rief Champion erneut: «Susi, lass uns schnäuzeln!»
    Ich blickte verunsichert zu Susi, die nur noch Wut und Hass in ihren Augen hatte. Verächtlich zischte sie: «Der Kerl verarscht uns.»
    «Das ist noch nett ausgedrückt», kommentierte Hilde.
    «Dem werde ich die Meinung sagen!», schnaubte Susi und wollte zu Champion, der uns immer noch nicht gesehen hatte, obwohl wir vielleicht vierzig Kuhlängen entfernt von ihm standen. Das war merkwürdig. Zugegeben, zwischen uns und ihm standen die Büsche, aber dennoch, wenn er genauer hingesehen hätte, hätte er uns entdecken müssen. Es wirkte irgendwie, als ob er uns gar nicht wirklich schnäuzeln wollte. Ja, als ob er uns noch nicht mal richtig suchen mochte. Da steckte doch irgendwas dahinter! Wie war er hierhergekommen? Warum hatte er überlebt? Warum rief er abwechselnd nach Susi und mir? Champion war zwar unsensibel, aber so …? Er sah traurig aus, schuldbewusst, als ob sein eigener Wille gebrochen war … Und kaum hatte ich das gedacht, wurde mir schlagartig klar, was hier los war.
    «Geh nicht», flüsterte ich Susi leise zu.
    «Warum nicht?», fragte sie aggressiv und machte sich auf den Weg. «Der hat alles verdient, was er sich jetzt gleich anhören muss. Und noch mehr. Das musst du doch auch finden, er hat dich geschwängert!»
    «Das ist eine Falle!», erwiderte ich eindringlich.
    Susi blieb erstaunt stehen, und alle hielten entsetzt die Luft an.
    Ebenso hastig wie leise erklärte

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