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Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert

Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert

Titel: Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Hinrichs
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Seite ist Südosteuropa heute eine Region, die jahrhundertelange Erfahrungen mit Sprachkontakten und Sprachmischungen aufzuweisen hat und hier vielen europäischen Ländern voraus ist.
    Seit den Reformen von Mustafa Kemal Atatürk um das Jahr 1928 schreibt man das Türkische nicht mehr mit dem arabischen Alphabet, sondern mit dem lateinischen.[ 4 ] Grundlage ist das Türkisch der Großstadt Istanbul. Diese Modernisierung kam nicht nur der angestrebten Trennung von Staat und Religion entgegen (‹Laizismus›), sondern näherte die Türkei und das Türkische auch einen großen Schritt an Europa an. Davon zeugt die nun schon über ein Jahrzehnt andauernde politische Diskussion um den Beitritt der Türkei zur EU. Viele Türken träumen aber auch voneiner politischen Führungsrolle ihres Landes in der Zukunft der Großregion des Nahen und Mittleren Ostens oder auch von einem weiteren Erstarken der muslimischen Kultur in den Immigrantenländern Westeuropas.
Eine kurze türkische Grammatik
    Das lateinische Schriftbild weist einige Buchstaben auf, die es im Deutschen nicht gibt oder die ungewohnt sind; ferner gibt es einige dem Deutschen fremde Laute, die dann aber wieder mit geläufigen lateinischen Buchstaben geschrieben werden. Es ist nicht mehr als eine Handvoll, und ich schreibe sie der Einfachheit halber in Kleinbuchstaben.
Ungewohnte türkische Buchstaben
Lautentsprechung
ç wie in çay ‹Tee›
tsch wie in Matsch
ğ wie in oğul ‹Sohn›
wie in Berlinisch sa r en ‹sagen›
ş wie in şey ‹Sache›
sch wie in Schal
1 wie in kız ‹Mädchen›
y wie in russisch b y t’ ‹sein›
    y wird nicht wie in deutsch M y stik gesprochen, sondern bezeichnet den Konsonanten j: yok ‹nein›, yoğurt .
    c ist nicht tz wie in Cäcilie , sondern stimmhaftes dzh wie in Dschungel : cami ‹Moschee›.
    Es werden nur Eigennamen großgeschrieben. Türkische Wörter können sehr lang sein, viel länger als im Deutschen, und oft haben sie ähnliche oder gleiche Vokale in allen Silben. Wörter wie oturuyorsunuz ‹ihr sitzt›, nasılsınız? ‹wie geht es Ihnen?›, köyümüzdür ‹es ist unser Dorf› sind also nicht nur nicht selten, sondern für das türkische Auge und Ohr vollkommen normal. Dass die Silben gleiche oder ähnliche Vokale haben, nennt man, wie schon angesprochen, ‹Vokalharmonie› – besonders auffällig bei den so ‹türkischen› Vokalen ö und ü . Diese Vokalharmonie ist eine Aussprache-Erleichterung und sehr sprachökonomisch, weil es viel zu aufwendig wäre, vielsilbige Langwörter mit ständig wechselnden Vokalen zu produzieren. Das grundlegende Prinzip ist, dass ein Wort ausschließlich oder annähernd nur helle vordere ( evlerimizde ‹in unseren Häusern›) oder aber nur dunkle hintere Vokale( konuşuyoruz ‹wir sprechen›) aufweisen soll, die einander ähnlich sind und akustisch ‹ineinander übergehen›. Alle Turksprachen weisen diese Vokalharmonie auf. Der tiefere Grund dafür liegt im Bauprinzip dieser Sprachen: Sie sind Sprachen des agglutinierenden Typs (Abschnitt 4).
    Führen wir das an einem Beispiel vor: Von der Wurzel ev ‹Haus› kann man bilden: ev-ler ‹die Häuser›, ev-ler-imiz ‹unsere Häuser›, ev-ler-imiz-de ‹in unseren Häusern›, ev-ler-imiz-de-yiz ‹wir sind in unseren Häusern› etc. Auch die Verben arbeiten nach diesem Prinzip, indem die Silben kleine und kleinste Bedeutungseinheiten vertreten: sev-mek ‹lieben›, sev-in-mek ‹sich freuen›, sev-iş-mek ‹Liebe machen›, sev-in-dir-mek ‹erfreuen›, sev-in-dir-il-mek ‹erfreut werden› etc. Jede Silbe hat nur eine Bedeutung und diese eine Bedeutung wird nur einmal gesetzt. Ein klares Prinzip. Oft mag man denken: Wann ist denn das Wort im Lautstrom nun zuverlässig zu Ende? Nun: Spätestens, wenn die Vokalart wechselt. Lacherfolge kann man ernten, wenn man analog zum berüchtigten deutschen Donaudampfschifffahrtskapitänspatent das türkische Pendant anführt: şehirlileştiremediklerimizdensiniz bedeutet dann: ‹sie sind einer von denen, die wir nicht Städter werden lassen können.›
Zu den türkischen Fällen
    Türkische Grammatiker behaupten gern, dass das

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