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Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert

Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert

Titel: Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Hinrichs
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vielleicht Brückensprache zwischen der islamischen Welt und Europa.
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    Ein kurzer türkischer Text

    Ãœbersetzung:
    Sie betraten einen Stoffladen. Memed wählte einen gelben Seidenstoff. Er knüllte ihn zusammen, dann öffnete er die Faust wieder. Der Stoff fiel ihm aus der Faust auf den Boden. Tatsächlich Seide!Als sie mit dem Kauf draußen waren, zwinkerte Mustafa Memed zu: «Für Hatice, richtig?»
    Quelle: Kemal (1992)
Verbreitung und Bedeutung
    Das Türkische gehört zur großen Familie der Turksprachen, die sich von Ländern wie Kasachstan oder Usbekistan über die Türkei bis in den südöstlichen Zipfel von Europa erstrecken und sich untereinander ziemlich ähnlich sind. So kann sich ein Türke aus Istanbul auch in Baku oder Samarkand einigermaßen verständigen. Das heutige Türkisch geht zurück auf die Sprache großer Turkstämme, die einst in Zentralasien siedelten und im Mittelalter immer weiter nach Westen gedrängt wurden. Im Mittelalter stand es lange unter dem Einfluss der Prestigesprachen der damaligen Zeit, dem Arabischen und Persischen.
    Die Türken nennen die Sprache ihres Landes türk dili ‹Türkische Sprache› oder kurz türkçe ‹das Türkische›. Sie wird von 85 Millionen Menschen gesprochen, und zwar von circa 65 Millionen in der Türkei, aber auch in Zypern und Teilen des Balkans, z.B. in Bulgarien (600.000). Als Amtssprache ist Türkisch auch in Rumänien oder im Kosovo anerkannt. Viele Kurden, Armenier, Makedonier oder Griechen sprechen Türkisch als Zweitsprache. Dazu kommt heute eine große Zahl von Migranten besonders in Deutschland, die Deutsch als zweite Sprache sprechen: Es sind etwa 3 Millionen. Türkische Gemeinden sind auch in Frankreich (400.000), in den Niederlanden (365.000), in Österreich (230.000) und in Belgien (130.000) zu finden.[ 2 ] Eine türkische Diaspora gibt es auch in den USA, in Australien und Kanada. Die türkischen Migranten kamen seit den 1960er Jahren aus allen drei großen Dialektgebieten des Türkischen, besonders aber aus den Regionen der östlichen anatolischen Dialekte sowie aus den proletarischen Schichten großer Städte wie Istanbul (sogenannte «Gecekondu»). Das Türkische hat sich seit dieser Zeit in eine Vielzahl von neuen Ethnolekten verzweigt und prägt die moderne Sprachsituation in Deutschland erheblich mit.
Aus der Geschichte des Türkischen
    Türkisch war auch die Amtssprache des Osmanischen Reiches, das vom 14. Jahrhundert bis ins 19. Jahrhundert in weiten TeilenSüdosteuropas geherrscht hat. Die türkische Kultur hat besonders in Südosteuropa, in Bulgarien, Bosnien und Serbien, in Albanien und im Süden Rumäniens starke Spuren hinterlassen, die bis heute überall deutlich erkennbar sind. Große Teile der Bevölkerung des Balkans waren im Mittelalter zur Religion der Türken, dem Islam, übergetreten: Albanien ist heute fast ganz islamisch, Bosnien zu großen Teilen und im Südosten Bulgariens ist ein großer Bevölkerungsteil islamisch und Moscheen prägen weithin das Landschaftsbild. Besonders auf dem balkanischen Land trägt die Kultur des täglichen Lebens auch heute noch unverkennbar türkische Züge. ‹Balkansprachen› wie Bulgarisch, Makedonisch und Albanisch zeigen, wie allumfassend der türkische Einfluss in europäischen Sprachen sein kann. Weite Bereiche des Alltags wie Haushalt, Küche, Wirtschaft, Tierwelt, aber auch die Religion sind auch heute noch von türkischen Wörtern durchzogen, die von 500 Jahren Fremdherrschaft zeugen. Eine kleine Auswahl: serbisch džamija ‹Moschee›, bulgarisch majmuna ‹Affe›, bosnisch sarma ‹Krautwickel›, sevdah ‹lyrische Liebe›, makedonisch paÅ¡a ‹Herr›, rumänisch ciorbă ‹Suppe›, pantaloni ‹Hose›, albanisch sheqer ‹Zucker›, shishë ‹Flasche›. Sogar das Wort Balkan ‹Gebirgszug› ist türkisch.[ 3 ]
    Die Historiker sind sich heute weitgehend darin einig, dass die osmanische Periode den Balkanländern ein eigenes Gesicht aufgeprägt hat, sie aber auch von den großen politischen und geistigen Bewegungen im übrigen Europa isoliert hat. Noch heute sagt man in Bulgarien oder Albanien, wenn man nach England oder Deutschland fährt, man fahre ‹nach Europa›. Auf der anderen

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