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Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert

Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert

Titel: Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Hinrichs
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ist in einer Sprache in Reinkultur vertreten. Gemeint ist immer nur, dass ein Prinzip vorherrscht und die anderen eher zurücktreten. Das heißt auch, dass in so gut wie jeder Sprache alle Sprachtechniken irgendwie vertreten sind. Sohat das Englische zweifellos flektierende ( I make_: he make s , I mak e : I mad e ) und isolierende Züge ( service center, house keeping ). Das Deutsche scheint zur Zeit alte synthetische Züge ( mit mein em Nachbar n ) abzubauen und dafür neue analytische ( mehr interessant ) und isolierende ( mit mein Nachbar ) Züge aufzunehmen.
Welcher Sprachfamilie gehören die Migrantensprachen an?
    Mit den Sprachfamilien befasst sich seit jeher die Klassische Indogermanistik. Große Forscher wie Franz Bopp, August Leskien oder Gustav Weigand entdeckten Ende des 19. Jh., dass die meisten Sprachen in Europa miteinander verwandt sind und in Familien zusammengefasst werden können. Diese Verwandtschaft kann man an Grundwörtern wie Vater, Bruder, Tochter, Sonne, Wasser , aber auch an gemeinsamen Sprachstrukturen (Steigerung, Nebensätze usw.) leicht erweisen. Die Sprachfamilien haben sich im Horizont der Zeit immer weiter voneinander entfernt. Zur slavischen Sprachfamilie gehören das Russische (‹Ostslavisch›), das Jugoslavische, Bulgarische und Makedonische (‹Südslavisch›) und das Polnische (‹Westslavisch›), das Rumänische zur romanischen Familie und das Deutsche und Englische zur germanischen Familie. Alle genannten Sprachen (bis auf Deutsch und Englisch) sind Migrantensprachen in unserem Sinne. Die Migrantensprachen Albanisch und Griechisch sind innerhalb der indoeuropäischen Großfamilie isoliert, ohne nähere Verwandte, ebenso das Armenische. Es sind linguistische Waisenkinder.
    Das Türkische gehört zur Familie der Turksprachen , zusammen mit seinen ‹fernen› Schwestersprachen wie Kasachisch oder Azerbajdzhanisch. Das Arabische zählt zur Familie der semitischen Sprachen, ebenso das Hebräische (was angesichts der politischen Lage leicht vergessen wird). Dies sind die Sprachen, die im vorliegenden Buch als Migrantensprachen eine gewisse Rolle spielen. Erwähnen wir noch das Kurdische: Es ist eine iranische Sprache, ist also auch noch indoeuropäisch und näher mit dem Persischen verwandt.
    Alle anderen Sprachen des Sprachenpools in Deutschland brauchen hier nicht mehr präzise eingeordnet zu werden, da sie als Migrantensprachen in diesem Buch kaum eine Rolle spielen. Zunennen wären z.B. das Italienische und Portugiesische als Muttersprachen der ersten Gastarbeiter und vieler Migranten. Mit Recht könnte auch nachgefragt werden, was mit Koreanisch, Vietnamesisch oder Hindi ist, die ebenfalls eine beachtliche Gemeinde in Deutschland bilden. Oder mit den vielen anderen Sprachen, die in Asien oder Afrika gesprochen werden und irgendwo in der Statistik der deutschen Großstädte noch mit auftauchen. Sie spielen hier keine linguistische Rolle. Und auch das Englische und Französische sind immer weniger ‹Migrantensprachen› im hier verwendeten Sinn. Wir meinen also, dass es intuitiv zumindest plausibel ist, die im Buch vorliegende Beschränkung der Migrantensprachen auf etwa zehn zu akzeptieren – auch wenn dies nicht vollkommen der großen Ethnostatistik entspricht: Es gibt auch so etwas wie eine ‹gefühlte› Bedeutung von Migrantensprachen.
    Ohne Zweifel spielen also slavische Sprachen, eine Turksprache und eine semitische Sprache die größte Rolle in Deutschland – und dies ist sowohl rein quantitativ gemeint, als auch nach ihrer Vitalität und hinsichtlich der typischen Mehrsprachigkeiten in Deutschland. Allen voran das Türkische, also eine Sprache, die sowohl typologisch als auch nach der Sprachfamilie weit, sehr weit vom Deutschen entfernt ist.

 
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ZWEITES KAPITEL
DIE MIGRANTENSPRACHEN
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5. PORTRAIT TÜRKISCH
    Fokus . Bedeutendste Turksprache. Größte Migrantensprache in Deutschland. Gefühlte Dominanz und Präsenz unter den Migrantensprachen in den großen Städten. Agglutinierender Typ mit flektierenden Zügen. Hintergrund für diverse Jugendslangs und ‹Ethnolekte›. Bedeutende Transportsprache für den Islam und die muslimische Präsenz in Deutschland. Musterbeispiel für Zweisprachigkeit und bevorzugtes Forschungsobjekt der Linguistik. Entwickeltes Codeswitching. In der Zukunft

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