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Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert

Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert

Titel: Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Hinrichs
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mit seinen Kasusverlusten ähnliche Tendenzen im gesprochenen Deutschen verstärken, ganz besonders im sogenannten Kiezdeutsch. Unsere These ist, wie schon angesprochen, dass die eigenartige Phonetik des Kiezdeutsch von arabischen Sprechern hineingetragen worden ist. Obwohl die arabische Gemeinde wenigerzahlreich ist, gibt es eine Dominanzhaltung in sozialen Nischen und geschlossenen arabischen Vierteln sowie eine ‹Neo-Orthodoxie› in geschlossenen Familienverbänden und islamischen Zirkeln. Deshalb ist das Arabische mit dem Türkischen ohne Zweifel ein Motor für die Genese des ‹Kiezdeutsch›. Es tritt aber sonst hinter Türkisch und Russisch zurück. Zweifellos wird aber die Bedeutung des Arabischen als Migrantensprache weiter anwachsen. Wünschenswert wären deshalb mehr Daten über die arabische Auslandsgemeinde und ihre Sprache(n) – insbesondere über die arabischsprachigen Kurden aus der Türkei. Wir halten fest:
    Das gesprochene Volksarabisch hat seine klassischen Kasus de facto abgebaut. Sie spielen für das arabische Sprachgefühl keine Rolle mehr. Wahrscheinlich wirkt dies mit auf entsprechende Tendenzen im Deutschen ein, das gerade nach Präpositionen den Kasus oft verwechselt. Allzweckartikel, Wortfolge, Ausfall von ‹sein› und ‹haben›, häufiger Ersatz des Infinitivs etc. sind vom deutschen Sprachgefühl weit entfernt. Der arabisch-deutsche Bilingualismus begünstigt wahrscheinlich viele Veränderungen in den Slangs und im gesprochenen Deutschen.

7. PORTRAIT RUSSISCH
    Fokus. Weltsprache mit riesiger Verbreitung. Große Literatur. Hochsynthetische Sprache mit vielen Kasus und grammatischen Formen. Weist etliche ‹uneuropäische› Züge auf. Dominiert(e) viele andere, auch asiatische Sprachen. Größte migrantische Sprechergemeinschaft in Deutschland. Große Unterschiede zwischen der geschriebenen und der gesprochenen Sprache. Wird in Zukunft weiter weltweit an Bedeutung gewinnen.
    Ein kurzer russischer Text

    Ãœbersetzung:
    Â«Ein König ließ auf der Jagd seinen Lieblingsfalken nach einem Hasen auf und ritt ihm nach. Der Falke erlegte den Hasen. Der König nahm den Hasen und begann, nach Wasser zu suchen. Auf einem Hügel fand der König Wasser, aber es tröpfelte nur. Da stieg der König vom Pferd und stellte seinen Becher unter das Wasser.» (Lew Tolstoj)
    Quelle: Bossong (2004)
Verbreitung und Bedeutung
    Russisch ist die größte slavische Sprache und hat mit Abstand die weiteste Verbreitung. Russisch sprechen heute etwa 160 Millionen Menschen sowie 50 Millionen als Zweitsprache in den Staaten, die früher zur Sowjetunion gehörten, also z.B. in Lettland, Georgien oder Kasachstan. «Daneben gibt es russischsprachige Minderheiten in allen GUS-Staaten und im Baltikum sowie zum Teil erhebliche Zahlen von russischsprachigen Emigranten in westlichen Industrieländern. In Finnland ist Russisch mit 40.000 und damit knapp einem Prozent Sprechern die größte sprachliche Minderheit. In Deutschland, wo die größte Zahl russischer Muttersprachler außerhalb der ehemaligen Sowjetunion lebt, ist Russisch mit rund drei Millionen Sprechern mittlerweile die nach Deutsch (und noch vor Türkisch) am zweithäufigsten gesprochene Sprache. In Israel bilden die etwa eine Million russischsprachigen Einwanderer etwa ein Sechstel der Bevölkerung und damit die drittgrößte Sprechergruppe nach denen des Hebräischen und Arabischen. In den USA leben über 700.000 russische Muttersprachler, davon über 200.000 in New York, und in Kanada rund 160.000. Die russische Sprache ist ebenso eine verbreitete Sprache für Wissenschaft, Kunst und Technik. Zählt man die Zweitsprachler hinzu, kommt man auf etwa 280 Millionen Russischsprecher.»[ 18 ] Trotzdem hat die Bedeutung des Russischen nach 1989 und dem Zerfall der Sowjetunion merklich abgenommen, besonders in den GUS-Staaten; sogar in einst strammen Gefolgsstaaten wie Bulgarien ist es heute auf dem Rückzug.
    In Russland erstreckt sich das Russische über den halben Erdball und ganz Nordasien, von Pskov und Smolensk im Westen über Perm und Jekaterinburg nach jenseits des Urals über ganz Sibirien bis nach Magadan, Chabarowsk und Wladiwostok im Fernen Osten. Es durchmisst neun Zeitzonen,[ 19 ] zwei Kontinente und macht etwa ein Achtel der Erdfläche aus, circa 17 Millionen Quadratkilometer. Das

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