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Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert

Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert

Titel: Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Hinrichs
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Geprüft werden müsste, ob die folgenden Satzmuster überhaupt irgendwo im Deutschen auftreten:
    ? Willst du, dass du schlafen gehst?
    ? Hey, lass mal heute abend, dass wir ins Kino gehen.
    ? Er muss erstmal, dass er noch was einkauft.
    Es gibt u. E. keine Belege, aber möglich scheint es allemal, zumal auch serbische, bosnische, albanische und kurdische Sprecher in ihren Muttersprachen dieses Muster gebrauchen. Wieso sollten sie im Deutschen darauf verzichten?
Das Weglassen der ‹Kopula›: Das Modell Ich _ Mahmoud
    Ein drittes Phänomen wird sich als außerordentlich interessant erweisen, wenn es um den Sprachkontakt mit dem Deutschen geht: Ähnlich wie Türkisch ist auch Arabisch eine Sprache, in der die Verben ‹sein› und ‹haben› viel schwächer als im Deutschen funktionieren. Auch hier wird die Kopula SEIN oft einfach weggelassen. Die folgenden Minisätze können jeden arabischen Satz prägen:
    anā _ kabÄ«r ‹ich _ groß› = ‹ich bin groß›, huwa _ mudarris ‹er ( ist ) Lehrer›, hāḍā _ á¹£adÄ«qÄ« ‹das ist mein Freund›, hal antā _ musta‘id ? ‹ bist du fertig ?›, hāḍihÄ« _ zauğatÄ« ‹das ist meine Frau› etc.
    Die Auslassung _ kann auch in Fällen stehen, wo in anderen Sprachen ein Vollverb stehen würde:
    â€“ anā _ marīḍ ‹ich fühle mich krank›
    â€“ hal antā _ tusafÄ«r wāḥidan ? ‹ reisen Sie alleine?›
    â€“ ayna _ dimaÅ¡q ? ‹wo liegt Damaskus?›
    Dies bedeutet, dass das Weglassen wirklich typisch für das Arabische ist und weit verbreitet. Mit einer Einschränkung: Es gilt in der Standardsprache nur für die Gegenwart; Vergangenheit und Zukunft müssen bezeichnet werden (durch kāna ‹sein›).
    Auch der Besitz von etwas, die HABEN-Relation, wird auf die schon bekannte eigenwillige Weise ausgedrückt, die offenbar ein ausgeprägtes ‹orientalisches Potential› hat: Das Verb haben existiert gar nicht, es wird stattdessen durch die Präpositionen li ‹für›, fÄ« ‹in›, ma‘a ‹mit› oder ‘inda ‹bei› + Nomen ausgedrückt, wobei man sich an dieser Stelle wieder einen ‹kleinen Satz› denken muss ( ‘indÄ« – ‹bei mir (ist)› = ‹ich habe› usw.). Also: bei ihm; bei dir; bei uns ist etwas :
    â€“ ‘indahu mufakkira . ‹Bei ihm ist ein Notizbuch› = ‹Er hat ein Notizbuch.›
    â€“ hal ‘indaka waqt ? ‹Ist bei dir Zeit?› = ‹Hast du Zeit?›
    â€“ la-nā makān šāġir . ‹Wir haben einen freien Platz.›
Arabische Wörter im Deutschen
    Ungezählte arabische Wörter haben sich im Laufe der Geschichte in die Nachbarsprachen des arabischen Herrschaftsraums verbreitet, besonders ins Persische, Türkische (von hieraus weiter in die Balkansprachen) oder ins Spanische. Sie zeugen von bewegter Geschichte, von politisch-kultureller Dominanz und bilden meist eine kompakte Schicht an Fremdwörtern (von denen viele schon nicht mehr als Fremdwörter gefühlt werden). Das Arabische war in der Vergangenheit so etwas wie der führende Fremdwortgeber im ganzen Nahen Osten und noch darüber hinaus. Aber auch im Deutschen gibt es – was weithin kaum bekannt ist – eine Vielzahl arabischer Wörter, die man auf den ersten Blick und ohne Vorbildung nicht als solche erkennen kann. Erst seit ganz kurzer Zeit wird ihnen mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Neuere Studien zählen etwa 200 arabische Wörter im Deutschen – das sind immerhin mehr als die 158 türkischen Wörter (die auch noch oft auf arabische zurückgehen). Oft ist der Artikel AL irgendwie in den Wörtern anwesend und die Wortlisten im Internet belegen bereits minutiös die genaue Herkunft der Bestandteile: Alkohol, Algebra, Alchemie; dann Beduine, Elixier, Havarie, Haschisch, Karaffe, Laute, Matratze, Safari, Schach, Sahara, Tarif, Razzia, Kaffee und Zucker (und viele Namen von Sternen wie z.B. Beteigeuze oder Rigel ) sind Wörter arabischen Ursprungs und zeugen von der historischen Blütezeit der arabischen Kultur und Wissenschaft (Unger 2006).
Shining a light on: Migrantensprache Arabisch
    Das Arabische ist dem Deutschen im Satzbau ‹näher› als das Türkische, phonetisch aber eher ferner. Das gesprochene Arabisch muss

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