Mum@work: Roman
Karsten gefunden, ein echtes Traumpaar: Tanja, die Modeexpertin, und Karsten, der aussieht,als hätte er sich in der Obdachlosenkleiderkammer der Kirche eingekleidet. Aber das sind ja nur Äußerlichkeiten.
»Na, die werden sich bestimmt gefreut haben«, sagt Tanja. »Wie ist Mareike denn gerade auf die Idee gekommen?«
»Sie hat einfach meine alte Mail genommen, die ich vorher an ARTE geschickt hatte - und hat den Clip drangehängt.«
»Ja, ist doch lustig, oder?«
»Ja, sehr lustig, nur dass ich mich ein bisschen lächerlich mache damit. Immerhin denken die bei diesem Intello-Kultursender jetzt, dass sich die deutsche Pressechefin von BetterMedia bei ihrer Arbeit vor allem mit Diddl-Maus, Mimi-Hopps und Galupy beschäftigt.«
»Hm. Ja, ich verstehe das Problem.«
»Ach, es ist alles aber noch viel schlimmer. Kurz vorher hatte Max nämlich schon die Interviewfragen von dieser blöden SCHMAZ aufgegessen. Wehe, du lachst jetzt!«
Natürlich lacht sie. Herzhaft wie früher. Sie ist auch gar nicht mehr so blass wie in den letzten Wochen. Schön für sie. Aber mir ist wirklich nicht mehr zum Lachen zumute.
»Tanja, das ist ernst. Verstehst du? Ich musste diesen Moser-Menschen anrufen, ihm irgendetwas von technischen Problemen erzählen und das Fax noch mal anfordern.«
»Der hätte ja auch eine E-Mail schicken können.«
»Damit Meiki ihre neueste Benjamin-Blümchen-Grußkarte, animiert, als Antwort schickt?!«
»Benjamin Blümchen statt Randolph DeLuxe, das hat was.«
»Kennst du den? Ich meine Benjamin Blümchen?«
»Ja, natürlich. Was denkst du eigentlich?«
»Im Moment denke ich, dass es wirklich nicht leicht ist, zu Hause zu arbeiten. Ich fange langsam an, ernsthaft darüber nachzudenken, einfach wie alle anderen ins große Büro an der Alster umzuziehen.«
»Aber das kannst du doch nicht machen! Du bist die Trendsetterin mit deiner Telearbeit. Und überhaupt: Du musst doch diese Home-Office-Software verkaufen. Das ist keine so gute Publicity, wenn du einfach aufgibst.«
»Ja, damit hast du natürlich Recht.«
»Und außerdem waren das doch nur zwei Pannen, ab morgen läuft alles wieder besser.«
»Diese nächtlichen Anrufe kommen ja auch noch dazu, dieses ganze Chaos mit der Zeitverschiebung.«
»Du kannst ja das Telefon einfach nachts abschalten. Wenn du in einem richtigen ... also ich meine, in einem klassischen Büro ... also ich meine, in der Zentrale an der Alster arbeiten würdest, könnte dich nachts auch niemand erreichen.«
»So gelassen bin ich nicht. Meinst du, du würdest das wirklich machen?«
»Ja, auf jeden Fall. Nur weil du zu Hause arbeitest, heißt das nicht, dass du vierundzwanzig Stunden lang arbeiten musst. Das würde auch die Gewerkschaft nicht lustig finden.«
»Welche Gewerkschaft? Es gibt keine Gewerkschaft für Telearbeiter.«
»Skandal. Das darf ich meinem Karsten gar nicht erzählen.«
»Ja, so als Betriebsratsmitglied ist er da sicher ein bisschen sensibel.«
»Genau. Aber sag mal, vielleicht gibt es ja für dein Problem eine andere Lösung. Hast du denn schon mal über eine Tagesmutter nachgedacht, für Max?«
»Eine Ersatzmutter?«
»Wie bitte? Tagesmutter hab ich gesagt. Seit wann bist du denn so eine Glucke?«
»Ach, ich weiß nicht. Die Vorstellung, dass Max den größten Teil seines Lebens in einer anderen Familie verbringt, finde ich nicht so toll.«
»Aber Mareike war doch vor dem Kindergarten auch in einer Kindertagesstätte.«
»Ja, aber das war irgendwie etwas anderes. Die ist da gern hingegangen. Zu Hause langweilt sie sich eher. Aber Max spielt wirklich richtig gern in seinem Zimmer - oder in meinem Büro.«
»Vielleicht ein Au-pair?«
»Und wo soll das wohnen? Keller? Dachboden? Garage?«
»Oder ein Kindermädchen, so eine Super-Nanny, die jeden Tag zu euch kommt?«
»KinderFRAU heißt das heutzutage - und in nicht adligen Kreisen. Darüber hab ich wirklich noch nicht nachgedacht. Carola hat eine, aber Carola arbeitet ja auch nicht zu Hause. Wie soll das denn bei mir funktionieren?«
»Das fragst du mich? Ich habe doch gar keine Kinder. Obwohl...« Tanjas Blässe ist jetzt ganz verschwunden und in ein leuchtendes Rot übergegangen.
»Wie bitte? Obwohl was?« »Nein, nein. Schon gut.«
»Also, die Kinderfrau ist vielleicht wirklich eine gute Idee. Darauf bin ich überhaupt noch nicht gekommen. Aber eigentlich kann ich mir den Alltag mit so einer nicht so ganz vorstellen.«
»Na, ist doch einfach. Wenn du anfängst zu arbeiten,
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