Mum@work: Roman
Won-der-bra!«
Jetzt fangen auch Kerstin und Ines an zu lachen.
Beate sieht Sandra verständnislos an. Kerstin greift noch einmal ordentlich bei den Zimtsternen zu und reicht den Teller an Ines weiter.
Wenn das so weitergeht, bekomme ich selbst gar nichts mehr ab. Die futtern alle, als wären dies die letzten Kekse in ihrem Leben. Nur Sandra scheint noch immer auf Diät zu sein und hält sich etwas zurück. »Won-der-brahaha«, singen Kerstin und Ines.
»Hey! Nicht schon wieder die Wonderbra-Nummer. Patrick wollte auch noch kommen«, mische ich mich ein. Ich bin schließlich um gute diplomatische Beziehungen und eine unkomplizierte Integration von Vollzeit-Vätern bemüht. Gut, dass Patrick, seit er sich »nur« noch um seine Tochter kümmert und keine wirklich wichtigen Termine mehr hat, chronisch verspätet ist.
»Ach, tatsächlich?!«, fragt Beate und schiebt sich nun hoch konzentriert einen Aniskeks in Weihnachtsbaumform in den Mund. Erst vor einer Sekunde war dort bereits ein Zimtstern verschwunden. Nun, im schlimmsten Fall muss ich wohl ein paar ungesüßte Dinkeltaler essen, die eigentlich für die Kleinen gedacht sind. Oder mir von Meiki und Beates Tochter Jenny ein paar bunte Streuselkekse klauen, die die beiden »Großen« vorhin gleich in Mareikes Zimmer für sich in Sicherheit gebracht haben.
»Ach, du kennst Patrick auch!«, fragt Sonja jetzt Beate.
»Jaha, natürlich«, antwortet Beate, als sei es eine Auszeichnung, den einzigen Vater in Elternzeit im Umkreis von hundert Kilometern persönlich zu kennen. »Ich sichte, also ich meine, ich besichtige, Quatsch, oh, was rede ich denn da? Ich wollte sagen, ich sehe ihn gelegentlich, wenn er auf dem Spielplatz unterwegs ist.«
»So, so. Na, das ist ja nicht das schlechteste Besichtigungsobjekt«, prustet Sonja los.
»Nein, nein«, sagt Beate.
»Also, ich finde ja seine Nase wirklich zuuuu attraktiv.« Sonja, alles in Ordnung?
»Wisst ihr, ich stehe auf markante Nasen. Soll ja direkt Aufschluss darüber geben, wie Mann ansonsten so gebaut ist, hihi...« Wildes Gekicher.
Sandra fängt an zu husten. Ihr Lachanfall, ausgelöst durch Sonjasoffenherziges Geständnis, kommt etwas ungelegen, ist ihr Mund doch noch voller Kekskrümel. Zwischen ihren Hustenattacken bringt sie aber trotzdem einen Beitrag zum Thema hervor: »Ich finde seine Haare ja am tollsten.« Hört, hört.
»Fast schwarz, wie Robbie Williams, mmhh.«
»Ja, inzwischen hat er sich zum Glück vom Gel verabschiedet. Das hat er sich in seiner Prä-Elternzeit immer in die Haare geschmiert.« »Na und?«
»Das sah nicht so toll aus«, sage ich, aber eigentlich wollte ich auch nur mal klarstellen, dass ich Patrick am längsten kenne. 0:-)
»Egal!«, protestiert Sandra. »Gel hin oder her, seine Haare sind toll. Und außerdem sind große Männer einfach immer attraktiv! Und Patrick ist mindestens einen Meter neunzig, oder, was meint ihr?«
»Mindestens! Wenn nicht zwei Meter«, sagt Kerstin, die inzwischen locker zehn Zimtsterne vertilgt hat - die in der merkwürdigen Stern-Blumen-Form. So ein Erfolg entgeht einer Gastgeberin natürlich nicht. Che bekommt zu Weihnachten eine Gehaltserhöhung. Oder lieber erst mal nur einen Backbonus. Nein, eine Plätzchenprämie!
»Und diese vollen Lippen, mmmhhh.« Sonja verdreht die Augen und lässt sich auf einen Sessel sinken, als wäre sie Julia und hätte von Romeo gerade den letzten Kuss bekommen.
Hallo? Wo bleibt denn da die Emanzipation? Dagegen ist Beate ja geradezu cool angesichts des Eindringlings in die Mütterwelt. Haben die alle zu viel getrunken? Obwohl, ich muss zugeben, dass ...
... erstens bisher alle Aussagen über Patrick stimmten und wir zweitens eigentlich nur Tee getrunken haben.
Apropos Tee! Ich muss noch mal Teewasser aufsetzen und dringend ein paar Kekse nachlegen.
Auf dem Weg in die Küche sehe ich, dass Kerstins Tochter Lisa ihrem Image als Schnarchbacke einmal mehr gerecht wird. Sie hat sich - abgeschirmt durch zwei von Kerstin eiligst drapierte Sofakissen - mitten in der Spielecke zur Ruhe begeben. Um sie herum fliegen Duplosteine und Rasseln, werden liebevoll von den Müttern konstruierte Bauklotztürmemit der rohen Gewalt von Einjährigen zerstört und enden Gehversuche mit schweren Stürzen und lautem Geschrei. Doch Lisa stört das alles nicht.
Als ich wiederkomme, steht Kerstin - auch ganz entspannt - mit ihrem Keksteller an der Terrassentür und betrachtet unseren Garten. Vermutlich bestaunt sie unseren
Weitere Kostenlose Bücher