Mum@work: Roman
natürlich schneesicher verpackten Sandkasten aus Naturholz und das Baumhaus - Max und Meikis Errungenschaften des letzten Sommers.
Irrtum.
»Oh, seht mal, was für ein wunderschöner Regenbogen«, sagt Kerstin vielmehr und zeigt in den mit dunkelgrauen Wolken verhangenen Himmel. »Das ist aber selten im Winter.«
»Regenbogen? Wo ist denn da ein Regenbogen?«, fragt Sandra. »Ich sehe keinen Regenbogen.«
»Doch, da, direkt neben dem Weihnachtsbaum. Wie der funkelt, die ganzen Lichter. Wunderschön.«
»Quatsch, da ist kein Weihnachtsbaum, und auch kein Regenbogen. Aber da, seht mal, es schneit schon wieder.«
Die Schneeflocken sehe ich auch. Aber einen Regenbogen? Einen Weihnachtsbaum? Kerstin, was ist los?
Schon in den letzten Tagen hat es immer wieder reichlich geschneit, sodass ganz Verwegene bereits die Hoffnung auf weiße Weihnachten geäußert haben - die es in Hamburg wirklich sehr selten gibt. Auf jeden Fall ist unsere Wiese, die im Sommer bekanntlich durch eine gelungene Wildblumen-Unkraut-Mischung die Nachbarn erfreut, mit einer dicken Schneeschicht bedeckt. Auch auf der Mauer, die unsere direkten Nachbarn (die auf der anderen Seite als Beate & Co.) im Kampf gegen die einfliegende Wildblumensaat gebaut haben, liegen mindestens zehn Zentimeter Schnee — und es wird immer mehr.
»Oh, wie der strahlt«, sagt Kerstin.
»Wer? Der Weihnachtsbaum?«, fragt eine prustende Ines.
»Nein, der Regenbogen. Und er dreht sich jetzt zu einer Schleife.«
»Kerstin, geht's dir nicht gut?«, erkundige ich mich.
»Doch, besser denn je. Ich muss den Regenbogen unbedingt reinholen.Dem wird doch kalt.« Kerstin öffnet die Terrassentür und stapft durch den Neuschnee - in Socken. Ihre Winterstiefel hatte sie bei ihrer Ankunft natürlich rücksichtsvoll im Flur ausgezogen.
»Kerstin, komm rein, du bekommst doch nasse Füße!«
»Nein, nein. Kommt ihr lieber raus, es ist ganz schön warm hier.«
Kerstin zieht ihren knallroten Rollkragenpulli aus und hält ihn wie ein Torero Sandra entgegen, die in der Terrassentür steht und mich ratlos ansieht.
»Spinnst du?«
»Sandra, lass mich vorbei«, kichert Sonja und scheint vor lauter Lachen kaum Luft zu bekommen. »Ich bin ein wilder Stier, eine Stierin, eine Kuhuuuh!« Sie schubst Sandra zur Seite und stürzt sich auf Kerstin und ihren Pulli.
Nun rennen auch Beate und Ines hinaus, klettern auf die Begrenzungsmauer und bewerfen Sonja und Kerstin mit Schneebällen.
Auf einmal springt Ines laut johlend von der Mauer. »Ich kann fliegen«, ruft sie. Zum Glück ist die Mauer nicht mal einen Meter hoch, sodass Ines unverletzt im Schnee landet. In der Reihenhausreihe gegenüber (36 a-f) öffnet sich ein Fenster, und Frau Petersen, eine Urzeit-Blankeneserin, sieht hinaus.
»Halloho! Kommen Sie doch auch! Uns geht es soooooo gut«, schreit Ines, während sie im Schnee liegt, ihre Arme und Beine hin und her bewegt, dann aufsteht und die Engelform bewundert, die sie fabriziert hat.
»Sehen Sie mal, ein Engel«, ruft sie Frau Petersen zu. »Hey, Ines, nicht so laut, das ist Frau Petersen, die ...«
»Ach so, Frau Petersen also. Sehen Sie mal, Frau Petersen, das ist Luzifer, der ist gefährlich! Huhuuuu.« Frau Petersen schließt das Fenster. »Frau Petersen ist ein Angsthase, Frau Petersen ist ein Angsthase ...«
Das kostet mindestens einen Riesenweihnachtsstern, um die nachbarschaftlichen Beziehungen wieder halbwegs zu reparieren.
Jetzt fängt Beate an, einen Schneemann zu bauen.
»Kathi, was ist hier los«, fragt Sandra, die versucht, Nils und Jonathan an der Flucht in den Garten zu hindern.
»Keine Ahnung.«
Ich selbst habe alle Hände voll zu tun, Max von ähnlichen Ausbruchsversuchen abzuhalten. Ich schließe die Terrassentür. Beate, Sonja, Kerstin und Ines bemerken es nicht einmal.
»Hast du uns was in den Tee getan?«
»Wie meinst du das? Rum, oder so?«
»Kein Ahnung. Irgendetwas stimmt mit denen nicht.«
»Ja, das sehe ich auch. Aber ich verstehe es nicht.«
»Also, kein Alkohol im Tee?«
»Nein, wirklich nicht.«
»In den Keksen.«
»Nein, obwohl, so ganz genau weiß ich das eigentlich gar nicht, denn ...«
»Lasst uns rein, lasst uns rein!«, brüllen in diesem Moment vier triefend nasse Frauen und donnern mit Fäusten gegen die Terrassentür. Ich öffne die Tür, und sie kommen wild kichernd hereingestürmt.
»Wir bauen jetzt einen Schneemann, einen echten Schnee-maha-hahahann!«
»Äh, aber nicht hier«, sage ich und fühle mich, als hätte
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