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Mum@work: Roman

Mum@work: Roman

Titel: Mum@work: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Ahlswede
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Katharina Stein
    From: Hilke Vogt Re:
    Plan B
     
    Katharina, an der Basis brennt's jetzt richtig. Die Genossinnen und Genossen sind jetzt nicht mehr nur sauer auf die Politik und die Konzerne, sondern auch auf dich. Wenn du dich nicht bald meldest, müssen wir Plan B einleiten - das heißt, wir organisieren ohne dich. Aber ich hoffe doch noch sehr auf eine Nachricht von dir.
     
    Hilke
    Date: 8. Dezember
    To: Stadt Hamburg, Innenbehörde Hamburg
    cc: Katharina Stein
    From: Hilke Vogt
    Re: Demonstration DTG
     
    Sehr geehrter Herr Senator Fuchs,
    hiermit melden wir gemäß den Richtlinien der Stadt Hamburg eine Versammlung unter freiem Himmel an. Die Demonstration der Deutschen Telearbeiter-Gewerkschaft soll am 22. Dezember vom U-Bahnhof Eppendorf an der Alster entlang über den Gänsemarkt zum Rathausmarkt führen. Tenor der Kundgebung: Mehr Rechte für Telearbeiter, Anerkennung der Heimarbeit, Steuererleichterungen für Home-Office-Worker.
    Es wird mit rund fünfhundert Teilnehmern gerechnet. Verantwortliche Leiterin der Demonstration: DTG-Vorsitzende Katharina Stein.
     
    Mit freundlichem Gruß und der Bitte um rasche Genehmigung
    Hilke Vogt, Stellvertretende Vorsitzende DTG Nein!
     
    »Nein«, brülle ich ins Telefon. »Hilke, das geht nicht! Das ist einfach nicht möglich.«
    »Entschuldigung, wer ist da bitte?«
    »Katharina Stein.«
    »Ach, endlich! Meldest du dich auch mal?«
    »Ja, es tut mir leid. Ich hatte einfach viel zu viel um die Ohren in den letzten Wochen. Aber diese Demonstration, das geht einfach nicht.«
    »Das hättest du vielleicht mal etwas früher sagen sollen. Die Innenbehörde hat die Kundgebung schon genehmigt, die Genossinnen und Genossen schreiben schon Transparente, bei mir im Keller sammeln wir Megafone, der Laden läuft.«
    »Wir müssen die Demo verschieben.«
    »Warum sollten wir? Du hast dich doch auch bisher nicht viel darum gekümmert. Warum sollte es jetzt also an dir scheitern?«
    »Hilke, ich verstehe, dass du sauer bist. Ich hätte mich früher melden sollen. Aber mir ist das alles ein bisschen über den Kopf gewachsen. Ich bin auch eine überbeschäftigte Home-Office-Arbeiterin, wenn ich dich daran erinnern darf.«
    »Ja, natürlich, aber wir müssen etwas bewegen. Die Basis ist mobilisiert wie selten zuvor. Das müssen wir nutzen.«
    »Aber nicht an dem Tag!«
    »Warum sollte es denn gerade an diesem Tag nicht gehen?« »Da sind schon zwei andere Demonstrationen, beide ungleich größer als unsere.«
    »Ach ja? Woher weißt du das denn?«
    »Ich habe Kontakte in die Innenbehörde ...«
    ... und außerdem eine der beiden anderen Kundgebungen selbst angeschoben, während ich die zweite irgendwie vor der Öffentlichkeit verbergen muss.
    »So, so. Was sind das denn für Demonstrationen? Von irgendwelchen Neo-Nazis?«
    »Nein, überhaupt nicht. Einmal die Software Slaves, die demonstrieren vor der Zentrale von BetterMedia ...«
    »Für die arbeitest du doch?!«
    »Richtig. Und die andere Demo ist für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.«
    »Aber das ist doch super! Da schließen wir uns einfach an. Das gibt die größte Demonstration seit Monaten in Hamburg. Mitten im Weihnachtsgeschäft. Das wird einschlagen, ich sag's dir.«
    Ja, das glaube ich auch. Aber wo soll ich bleiben? Soll ich mich klonen, damit ich überall meine Nase zeigen kann?
    »Nein, das glaube ich nicht. Wir werden uns verzetteln, unsere Initiative wird versanden, wir werden gar nicht wissen, wo wir bleiben sollen.«
    »Da bin ich aber wirklich anderer Meinung. Das ist eine wunderbare Gelegenheit. Ich werde sofort Kontakt zu den anderen Organisatoren aufnehmen.«
    »Nein, wirst du nicht.«
    »Doch, natürlich. Du rührst dich ja nicht. Dann ist es ja wohl die Pflicht der stellvertretenden Vorsitzenden, sich der Sache anzunehmen. Wenn du willst, kann ich vorher auch noch eine Urabstimmung über die Gewerkschaftsführung organisieren. Die Mitglieder sind alle so sauer auf dich, dass du mit Leichtigkeit abgewählt würdest.«
    Meinetwegen.
    »Hilke, jetzt beruhig dich doch mal. Ich will doch nur unser Bestes ...« Räusper.
    »... und diese Demo einfach um ein paar Wochen, vielleicht auch nur um ein paar Tage verschieben.«
    »Ich glaube, das ist zu spät. Und jetzt muss ich mich um die Flyer kümmern, also entschuldige mich bitte.«
     
    Hanse-Zeitung:
    Software Slaves beginnen Hungerstreik vor BetterMedia-Zentrale
    Hamburg, 11. Dezember - Rund zwanzig Vertreter der globalisierungskritischen Software Slaves

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