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Mummenschanz

Mummenschanz

Titel: Mummenschanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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gewöhnt zu haben.«
    »Zieh sofort was an, junger Mann«, sagte Oma. Sie hielt die Augen geschlossen.
    Eigentlich machte es gar keinen Unterschied, mußte sie später zugeben. Auch im voll angezogenen Zustand verstand es Greebo, die unter der Kleidung verborgene Nacktheit zur Schau zu stellen. Der unbekümmerte Schnurrbart, die langen Koteletten, das zerzauste Haar und die gut ausgeprägte Muskulatur vermittelten den Eindruck von einem Freibeuter oder romantischen Dichter, der das Opium aufgegeben hatte und jetzt Steaks bevorzugte. Eine Narbe zog sich über eine Hälfte seines Gesichts und verschwand unter der schwarzen Augenklappe. Wenn er lächelte, brachte er auf lässige Weise aufregend gefährliche Lüsternheit zum Ausdruck. Er konnte selbst dann stolzieren, wenn er schlief. Greebo war zu sexueller Belästigung fähig, während er ruhig im Nebenzimmer saß.
    Abgesehen natürlich Hexen gegenüber. Für Oma blieb eine Katze eine verdammte Katze, ganz gleich, welche Gestalt sie hatte. Und Nanny bestand weiterhin darauf, in Greebo ein niedliches Kätzchen zu sehen.
    Sie rückte die Fliege zurecht, trat zurück und musterte den Mann kritisch. »Was glaubst du?« fragte sie.
    »Er sieht wie ein Assassine aus«, meinte Oma. »Aber es dürfte genügen.«
    »Eine gemeine Bemerkung!«
    Greebo bewegte versuchsweise die Arme und drehte den Stock. Seine Finger fühlten sich noch ein wenig steif an, aber Katzenreflexe lernten schnell. Nanny hielt ihm die Hand unter die Nase. Greebo schnappte halbherzig danach.
    »Du bleibst jetzt bei Oma, bist ein braver Junge und gehorchst ihr«, sagte sie.
    »Ja, Nan-ny«, antwortete Greebo widerstrebend. Er schaffte es, den Spazierstock richtig zu halten.
    »Keine Kämpfe, verstanden?«
    »Ja, Nan-ny.«
    »Und du läßt auch nicht Teile irgendwelcher Leute auf der Fußmatte liegen.«
    »Nein, Nan-ny.«
    »Und stell keinen Unsinn an wie mit den Räubern im letzten Monat.«
    »Nein, Nan-ny«
    Greebo wirkte deprimiert. Menschen vergnügten sich nicht. Selbst die einfachsten Aktivitäten verursachten unglaubliche Komplikationen.
    »Und du verwandelst dich erst wieder in eine Katze, wenn wir es erlauben.«
    »Ja, Nan-ny.«
    »Wenn du klug bist, springt zum Schluß vielleicht ein Räucherhering für dich heraus.«
    »Ja, Nan-ny.«
    »Wie sollen wir ihn nennen?« fragte Oma. »Er kann nicht einfach Greebo heißen – was ich immer für einen dummen Katzennamen gehalten habe.«
    »Nun, er sieht aristokratisch aus…«, begann Nanny.
    »Er sieht aus wie ein hübscher und hirnloser Rüpel«, korrigierte Oma.
    »Aristokratisch«, beharrte Nanny.
    »Wie ein hübscher und hirnloser Aristokrat.«
    »Nun, wir können ihn tatsächlich nicht Greebo nennen.«
    »Uns fällt sicher was ein.«
     
    Salzella lehnte sich niedergeschlagen an das Marmorgeländer der großen Foyertreppe und starrte mißmutig in sein Glas.
    Er hatte das Publikum immer für einen der größten Nachteile bei der Oper gehalten. Es paßte einfach nicht dazu. Die meisten Leute verstanden überhaupt nicht, worum es ging. Von diesen Ignoranten hörte man Bemerkungen wie: »Mir gefiel die Stelle am Schluß, als die Stimme der Sängerin plötzlich ganz wacklig wurde.« Noch schlimmer waren die Leute, die glaubten, etwas von der Oper zu verstehen…
    »Möchtest du noch was zu trinken Herr Salzella? Es gibt jede Menge!«
    Walter Plinge wankte vorbei. In dem schwarzen Anzug sah er aus wie eine vornehme Vogelscheuche.
    »Sag einfach nur: Etwas zu trinken?« erwiderte der Musikdirektor. »Und nimm bitte das lächerliche Barett ab.«
    »Meine Mama hat es mir gekauft!«
    »Das glaube ich, aber…«
    Eimer näherte sich. »Du solltest dafür sorgen, daß Señor Basilica nicht an die Appetithappen herankommt!« zischte er.
    »Leider haben wir keine Brechstangen, die groß genug wären.« Salzella winkte Walter und sein Barett fort. »Er müßte eigentlich in der Garderobe sitzen und sich mit den Musen beraten. In zwanzig Minuten geht der Vorhang auf.«
    »Angeblich kann er mit vollem Magen besser singen.«
    »In dem Fall dürfen wir uns alle auf einen wundervollen Auftritt freuen.«
    Eimer drehte sich um und ließ den Blick durchs Foyer schweifen. »Bestimmt wird alles gut«, hoffte er.
    »Ja.«
    »Es sind Wächter hier, weißt du. Inkognito. Haben sich unter die Leute gemischt.«
    »Ah, laß mich raten…«
    Salzella beobachtete die Menge und bemerkte einen ziemlich kleinen Mann, dessen Anzug für eine wesentlich größere Person bestimmt war. Das

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