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Murray, Paul

Murray, Paul

Titel: Murray, Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Skippy stirbt (Teil 3)
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kein
Feuer, aus dem du die Hand herausziehen kannst. Das musst du akzeptieren und
lernen, damit umzugehen.«
    Ihr Ton ist nicht mehr feindselig, sondern eher dringlich
und mitfühlend zugleich, wie bei jemandem, der versucht, einen Freund vor der
Selbstzerstörung zu bewahren. Howard wartet einen Moment ab, dann fragt er
leise: »Und was ist mit uns?«
    Das Summen der offenen Leitung ist wie ein Messer, das zwischen
seinen Rippen umgedreht wird.
    »Ich weiß es nicht, Howard«, sagt sie endlich mit kleiner,
trauriger Stimme. »Ich brauche Zeit. Ich brauche ein bisschen Zeit, um mir zu
überlegen, wie es mit mir weitergehen soll. Ich melde mich demnächst bei dir,
okay?«
»Okay.«
    »Okay. Mach's gut, Howard. Tschüss.« Es klickt, und die
Leitung ist tot.
    Am Tag nach der Vorstandssitzung erscheint Pater Green
nicht zu seinen morgendlichen Unterrichtsstunden. Die offizielle Mitteilung,
er sei erkrankt, wird praktisch unverzüglich widerlegt, weil man den Pater beim
Schleppen von Kisten hinunter in Our Lady's Hall gesichtet hat, und zwar gesund
und munter, oder jedenfalls so gesund und munter, wie er es für gewöhnlich
eben ist. Zum Nachmittagsunterricht taucht er ebenfalls nicht auf, und dann
sickert die Nachricht durch - aus keiner bestimmten Quelle, sie ist einfach da, schwebt im Äther -, dass er sich von der Lehrtätigkeit
zurückgezogen hat, um sich ganz auf seine Wohltätigkeitsarbeit zu
konzentrieren.
    Das stößt auf ungläubiges Staunen. Die Verachtung des
Priesters für die französische Sprache und für seine Schüler, ist nie allzu
verhüllt in Erscheinung getreten; dennoch sind die meisten davon ausgegangen,
er würde bis ans Ende seiner Tage weiter unterrichten, und sei es nur, um sie
und vielleicht auch sich selbst zu triezen (wobei insgeheim nicht wenige von
ihnen den Glauben daran, dass er jemals sterben würde, verloren hatten). Aber
jetzt ist er weg, einfach so, und das mitten im Trimester; obwohl er natürlich
noch da ist, Lieferungen für seine Geschenkkörbe hineinträgt, Geschenkkörbe zu
seinem Wagen hinausträgt, weiter Spritztouren zu den alten Leutchen in St.
Patrick's Villas und zu den trostlosen Wohnsiedlungen im Norden und Westen der
Stadt unternimmt.
    Alles sehr seltsam und unverhofft; und dann erinnert sich
jemand daran, dass Skippy am Tag seines Todes bei Pater Green im Büro gewesen
ist und Geschenkkörbe gepackt hat, und sie zählen zwei und zwei zusammen.
»Was meinst du
damit?«
    »O Mann, hey!, was glaubst du denn? Nach einer Million Jahren
als Lehrer kündigt er über Nacht, ohne dass es einen Nachfolger für ihn gibt?
Das lassen die ihm doch nie und nimmer durchgehen, außer da ist irgendeine
Megascheiße abgelaufen.«
    »Genau, und denk dran, es war haarscharf an dem Tag, und es war keiner sonst da, nur Skippy und Cujo ...«
    »Meine Fresse ...«
    »Aber Moment mal, wenn er das echt gemacht hätte, würden
sie ihn doch nicht einfach so laufen lassen, oder?«
    Kurzes Überlegen führt zu der Erkenntnis, dass es genau das wäre, was SIE tun würden. Je mehr die Jungs darüber
nachdenken, je öfter sie Pater Green bei seinen Rundgängen sehen, mit seiner
unerschütterlichen Aura gleichmütiger Rechtschaffenheit, einer Existenz auf
einer höheren geistigen Ebene, in der sie als frei umherfliegende Klumpen
Dreck figurieren, desto mehr wird das Gerücht zur Gewissheit.
    »Das ist doch Scheiße«, erklärt Geoff Sproke, die Fäuste
geballt, zum zigsten Mal. »Das ist doch absolut die letzte Scheiße.«
    Stimmt; aber wer wird deswegen etwas unternehmen? Geoff,
der beim Schluss von Free Willy 2 geheult
hat? Niall, der beim Schultheater immer die Rolle der weiblichen Heldin kriegt?
Bob Shambles mit seiner Sammlung in freier Natur vorkommender Sechsecke? Victor
Hero, vermutlich der Junge mit dem unpassendsten Nachnamen aller Zeiten?
    Nein, sie nicht, und Ruprecht auch nicht. Ruprechts Mund
ist dieser Tage meistens voll mit Doughnuts, und auch in den wenigen Momenten,
in denen er gerade mal nichts isst, hat er wenig zu sagen. Er kritzelt keine
Gleichungen auf Zettel, er überprüft den Computer nicht auf Signale aus dem
Weltall; der hochgereckte Ruprecht-Arm, Orientierungspunkt für unzählige
Lehrer, ist vom Horizont des Klassenzimmers verschwunden, und wenn Lurch sich
bei der Lösung eines Problems verheddert, sieht Ruprecht unbeteiligt Kaugummi
kauend zu, wie der Lehrer zunehmend in helle Aufregung gerät und das
Zahlentohuwabohu sich allmählich über die ganze Tafel ausbreitet. Es

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