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Murray, Paul

Murray, Paul

Titel: Murray, Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Skippy stirbt (Teil 3)
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angesehen und den schwarzen Himmel und gewusst dass ich dich liebe und
in der Luft lauter brennende Funken von den feurigen Flugzeugen lauter
Bonbonknaller von Zuckerflammen von Honigfeuer von Traumkaputtungehorsam, ich
geh nie mehr nach Hause ...
    Du warst ja völlig woanders, sagt Mom.
    In Gedanken schon bei deiner Fernsehkarriere, sagt Dad und
grinst. Die neueste Nachricht: Lori Wakeham wird berühmt!
    Es ist bloß eine Probeaufnahme, Daddy, sagt sie, kann gut
sein, dass sie Nein sagen.
    Nie im Leben sagen sie Nein. Sieh dich doch an, du bist
wie geschaffen fürs Fernsehen! Ich verrate dir ein Geheimnis - ich hab schon
immer gewusst, dass du mal ganz groß rauskommst.
    Ach hör auf, lacht Mom, du machst sie ja ganz verlegen!
    Im Ernst, an dem Tag, als du geboren wurdest, habe ich
dich angeschaut und mir gedacht, die Kleine hat's in sich. Starpotenzial. Dad
lehnt sich zurück und faltet die Hände hinterm Kopf.
    Vielleicht kommt bei dem Ganzen ja doch noch was Gutes heraus,
sagt er zufrieden. Und das hast du auch verdient nach all dem, was du
durchgemacht hast.
    Sie ist wieder zu Hause. Mom und Dad sind in heller Aufregung,
weil tagsüber die Frau von der Modelagentur noch mal angerufen hat, und eine
andere Frau von einer anderen Modelagentur, und eine produzentin von einer Fernsehanstalt, die
meint, Lori wäre genau die Richtige für eine neue Kindersendung, die sie gerade
drehen. Vielleicht hat Dad ja recht, vielleicht wird zum Schluss doch alles
gut. Aber heute Abend hat sie einfach keinen Nerv dafür.
    Wegen diesem komischen Gefühl in ihrem Bauch.
    Dad redet über irgendein großes Geschäft in seiner Arbeit,
geheime Pläne, eine andere Firma zu übernehmen.
    »Mund zu beim Essen, Darling«, sagt Mom. »Mit vollen Backen
nimmt dich keiner beim Fernsehen.«
    »Tschuldigung«, sagt Lori.
    Es fühlt sich anders an als früher. Da war sie da unten
einfach bloß leer. Jetzt ist da eindeutig ein Kribbeln, als wäre irgendwas Lebendiges drin.
    Lilya kommt herein und räumt die Teller ab. Mom erzählt
Dad, dass man sich neuerdings Sonnenbräune unter die Haut spritzen lassen kann.
»Vielleicht sollten wir vor den Probeaufnahmen für Lori noch eine Behandlung
im Schönheitssalon ausmachen ...?«
    Und jetzt wummert die Sorge in ihrem Schädel, mit jedem
frischen Schwall Blut hämmert sie an ihre Schläfen und Wangen, und Lori senkt
den Kopf, damit Mom und Dad nichts davon mitbekommen. (Und wenn das Zeug durch den Magen in ihren Schoß sickert?) (Spinn
nicht rum, du weißt genau, dass es nicht so funktioniert!) (Aber wenn doch?) (Aber Janine hat gesagt, das kann nicht sein, wenn man's
bloß mit dem Mund macht.) (Kann es wohl, hat Denise gesagt.)
    O Scheiße. Wieder schlägt die Sorge über ihr zusammen, sie
hat Tränen in den Augen, und der Geschmack in ihrem Mund und das Kribbeln in
ihrem Magen werden stärker. Warum kommt ihr der Gedanke erst jetzt, warum nicht
schon früher, dann hätte sie sich diese Zauberpille besorgen können, so wie
Janine damals, als sie mit Oliver Crotty zusammen war?
    »Es ist eine Kindershow, da soll sie doch nicht
hereinrauschen, als käme sie gerade frisch aus St. Tropez«, sagt Dad. »Die
legen Wert auf natürliches Aussehen. Und das ist genau das, was Lori hat.
Natürlichkeit, frische Farben, Unschuld.«
    »Aber wenn ich's dir sage, so sehen sie heutzutage alle
aus«, sagt Mom. »Was ist, wenn sie zu der Probeaufnahme geht, und alle anderen
Mädchen sind schön braun gebrannt?«
    Lori versucht sich zu erinnern, was sie in der Schule im
Aufklärungsunterricht zum Thema Schwangerwerden erzählt haben. Aber sie weiß
nichts mehr außer den Schaubildern mit den Fortpflanzungsorganen, die ganze
Ausrüstung da drinnen gut verborgen, handlich verpackt wie eine Kofferbombe, wartend, und diese abartig scheußlichen Wörter, Ovarien, Uterus, Follikel, die sich anhörten wie Namen von
Außerirdischen und nicht von etwas in ihr drin ...
    »Soll sie doch selbst entscheiden«, sagt Mom. »Schätzchen?«
    »Was?«, sagt Lori.
    »Wenn du die Wahl hättest, wärst du dann lieber Model oder
Fernsehmoderatorin? Modeln hat mehr Stil, finde ich.«
    »Aber im Fernsehen wird man mehr beachtet«, wirft Dad ein.
    »Ich weiß nicht.« Mehr als ein Murmeln bringt Lori nicht
zustande.
    »Ich finde, ein Mädchen mit Loris Aussehen einfach nur ins
Fernsehen zu stecken, ist die reine Verschwendung«, sagt Mom.
    Bei einer durchschnittlichen Ejakulation werden rund 350
Millionen Spermien freigesetzt, daran erinnert sie

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