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Murray, Paul

Murray, Paul

Titel: Murray, Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Skippy stirbt (Teil 3)
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Inbrunst. Statt einer Antwort lässt er einen
zischenden Pfeiffon hören, wie ein Dampfkochtopf. Mit einem Mal ist ihr wieder
übel. Wenn er doch bloß schon wieder weg wäre. Welche Botschaft wolltest du mir
überbringen?
    Ich sollte dir sagen, dass er dich liebt, sagt der fette
Junge - gleichmütig, in dem eisigen Ton, mit dem ein Lehrer einem mitteilt,
dass man es nie zu etwas bringen wird. Es war sein letzter Wunsch, sagt der
fette Junge noch.
    Das weiß ich, sagt sie.
    Jetzt ist er tot, sagt der Junge.
    Lori errötet. Sie mag es nicht, wenn dieses Wort in ihrem
Zimmer ausgesprochen wird. Sie erwägt, ihn zum Gehen aufzufordern, doch eine
Stimme in ihrem Innern rät ihr, behutsam vorzugehen, diplomatisch zu sein.
    Der Junge hat sich auf einen Stuhl plumpsen lassen und
fläzt dort regungslos, den Blick zu Boden gerichtet. Er strahlt massiven,
finsteren Zorn aus.
    War sonst noch etwas?, fragt sie brüsk, wie ihre Mutter,
wenn sie mit Verkäufern spricht.
    Der Junge gibt keine Antwort, ballt nur fortwährend die
Fäuste. Dann sagt er leise und gehässig: Das warst du, in dem Video.
    Lori zuckt zusammen. Was?, fragt sie.
    Das warst du auf dem Dach von dem Doughnutladen. Du und
Carl.
    Ich weiß nicht, wovon du redest, sagt Lori mit stahlharter
Stimme.
    Du hast ihm vorgemacht, dass du ihn liebst, redet der
Junge weiter, damit ihr beide, du und Carl, diesen Trick abziehen konntet. Und
jetzt ist er tot.
    sie mag es nicht, wenn dieses wort
ausgesprochen wird, sie mag es nicht, und schlagartig
weiß sie, dass Carl da draußen ist und sie nur laut schreien muss, dann wüsste
dieser Fettklops alles, was er übers Totsein wissen muss. Stattdessen sagt sie:
Was du da erzählst, ergibt für mich vorne und hinten keinen Sinn.
    Der fette Junge explodiert, sein Mondgesicht verzerrt sich
zu einer grausigen, hasserfüllten Fratze, und er brüllt: Du hast ihn angelogen!
Du hast ihn geküsst, du hast ihn glauben lassen, dass dir was an ihm liegt, du
hast ihn benutzt!
    Das ist nicht wahr! Lori bebt am ganzen Körper, vibriert
womöglich im Takt mit dem fetten Jungen, der wabbelt und schwabbelt wie ein
Wackelpudding aus Sprengstoff; sein Gesicht gleicht einer unförmig
aufgequollenen schwarzen Johannisbeere. Doch dann wird er auf einmal ganz
ruhig. Er starrt ihr in die Augen und flüstert: Du bist ein böser Mensch. Du
machst den Leuten vor, dass du sie liebst, damit du sie beherrschen kannst.
Aber in Wirklichkeit denkst du nur an dich.
    Lori möchte wieder Das ist nicht wahr! schreien, aber es
kommt nicht über ihre Lippen, weil sie sich fragt, ob es am Ende doch wahr ist,
und eine Sekunde lang lässt der Ansturm von Schuldbewusstsein sie
zurücktaumeln. Doch dann regt sich in ihrem Innern Widerstand - ein
Gegenansturm von Zorn, Zorn auf Daniel, der ihr das angetan hat, wegen dem sie
sich so mies fühlt, der ihr den Tod aufgebürdet hat, den sie nun ewig mit sich
herumtragen muss, und dabei wusste sie doch kaum etwas von dem Typen! Sie hat
praktisch nichts von ihm gewusst! Und jetzt springt sie auf und brüllt diesen
fetten Kröterich an, der hergekommen ist, um sie fertigzumachen: Daniel hat
doch überhaupt nichts über mich gewusst! Ich hab ihn in meinem ganzen Leben
insgesamt drei Mal gesehen! Ich hab ihn nicht darum gebeten, meinen Namen auf
den Fußboden zu schreiben! Und auch um sonst nichts! Sie sprüht Funken, sie hat
es so satt mit Jungs und all dem, was sie von ihr wollen, immer und immer nur
irgendwas wollen und an ihr zerren und sie aussaugen - er wusste nichts über
mich, ich wusste nichts über ihn. Ich wusste nichts über sein Leben, ich
wusste nicht, dass seine Mom krank ist -
    Die Schweinsäugelchen des fetten Jungen werden vor Überraschung
ganz groß. Seine Mom?, sagt er.
    Das wusstest du nicht? Loris Dad hat es ihr erzählt, er
hatte es von seinem Freund, dem Direktor von Seabrook, gehört. Aber wie es
aussieht, ist das dem Kröterich neu. Sie liegt im Sterben, sagt sie, wieso
weißt du das nicht? Warst du nicht angeblich sein Freund?
    Der Kröterich glotzt sie sprachlos an.
    Was ist mit der Schwimmmannschaft, hat er dir davon was erzählt?
    Von der Schwimmmannschaft?
    Dass er da austreten wollte, aber er konnte es irgendwie
doch nicht?
    Der Kröterich runzelt die Stirn. Lori lacht, es ist
einfach zu komisch. Wow, ein schöner Freund bist du, sagt sie. Weißt du überhaupt
irgendwas von ihm?
    Der Kröterich gibt keine Antwort, er ist total
durcheinander, weil er hergekommen ist, um sie zu bestrafen und Rache an ihr

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