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Murray, Paul

Murray, Paul

Titel: Murray, Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Skippy stirbt (Teil 3)
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eher verbrennen,
als dir das einzugestehen. Lieber das Höllenfeuer, als auf die Welt zu blicken
und die Wahrheit zu sehen. Nichts zu sehen.
    Tränen, oder das Brennen von Tränen, die unvergessen bleiben.
Er öffnet die Tür. Taumelt zurück, als die rote Flamme auf ihn losspringt.
Zuerst Entsetzen, dann ein Freudenschimmer.
    Höllenfeuer!
    Howard stolpert in den Dezember hinaus. Die Nachtluft
gräbt sich durch die Schutzschicht des Alkohols in ihn ein, sie ist grausam
kalt und hat einen säuerlichen, chemischen Beigeschmack. Er geht zurück
Richtung Schulparkplatz, verschließt die Augen vor der Tatsache, dass er
fahruntüchtig ist und nicht genug Geld für ein Taxi dabeihat. Wie zum Hohn
überkommen ihn Erinnerungen an all die ähnlichen Situationen, in denen Halley
ihn gerettet hat; manchmal ist sie quer durch die ganze Stadt gefahren, um ihn
irgendwo abzuholen. Missmutig gibt er sich wieder seiner früheren Fantasie hin
- wie er nach dem Schlagabtausch mit Tom Roche malerisch blutbesudelt bei
Halley vor der Tür steht und sie ihn stürmisch in die Arme schließt.
Unverletzt, gefeuert und betrunken bei ihr aufzukreuzen wird, so fürchtet er,
nicht ganz dieselbe Wirkung erzielen.
    Es ist Vollmond, und er scheint so hell, dass Howard sein
Verschwinden bemerkt, als er sich beim Tor umdreht. Er schaut hoch und sieht
eine riesige schwarze Wolke, die sich über der Schule abzeichnet. Sie wirkt
ungewöhnlich massiv und hängt so tief, dass sie Teile des Turms verdeckt. Im
nächsten Augenblick gehen alle Lichter in den oberen Stockwerken an; und jetzt
- er hat schon darauf gewartet - dringt das hektische Schrillen der Sirene über
den schlafenden Platz. Im Laufschritt hetzt Howard die Allee entlang,
überquert den Parkplatz, während über ihm die dichte schwarze Wolke größer und
größer wird, und erreicht endlich, vorbei an der Turnhalle, den Schulhof.
    Die stets verschlossen gehaltenen Türen an der Stirnseite
von Our Lady's Hall stehen sperrangelweit offen, Jungen in Pyjamas strömen
heraus wie Ameisen aus einem aufgestörten Nest; um ihre Knöchel winden sich
schwarze Rauchkringel mit nach draußen. Schon jetzt ist die Hitze deutlich zu
spüren, bringt Howards Wangen zum Glühen wie in tropischem Klima. Gleißende,
gestaltlose Hände schlagen gegen die Bleiglasfenster, und aus dem Inneren ist
ein alles verheerendes Donnergrollen zu hören, vermischt mit Krachen und
Bersten. Howard erspäht Brian Tomms, der bei den Türen steht und den
herauskommenden Jungen zubrüllt, sich nach ihren Zimmern geordnet
aufzustellen. »Was ist hier los?«, schreit Howard über die Sirene hinweg.
    »Es brennt!« Howards Anblick scheint Tomms nicht zu überraschen.
»Hat offenbar im Keller angefangen. Wir haben die Feuerwehr alarmiert, aber bis
die da sind, ist der Turm wohl nicht mehr zu retten.« Er spricht beherrscht und
abgehackt, ein General, der sein Schlachtfeld überblickt. »Sieht mir nach
Brandstiftung aus.«
»Kann ich
irgendwas tun?«
    »Die meisten haben wir schon draußen. Das hier sind nur
noch die letzten paar.«
    Während er das sagt, kommen noch vereinzelt Jungen heraus,
und Tomms begibt sich hinunter zu den Aufsichtsschülern, um sicherzugehen, dass
sie korrekt durchzählen. Die Jungen, mit trüben Augen und zerzausten Haaren,
warten in ordentlichen Zweierreihen. Ein paar filmen das Ereignis mit ihren
Handys - die weißen Gebilde hinter dem Glas sehen aus wie wild gewordene,
tanzende Geister -, aber die meisten schauen nur stumpf zu, als wohnten sie
einer mitternächtlichen Versammlung bei, was der Szene etwas seltsam
Friedfertiges verleiht.
    Doch plötzlich herrscht Tumult an den Türen. Zwei
Elftklässler halten mit Mühe eine Handvoll jüngerer Schüler in Schach, die
offensichtlich in die Schule zurückwollen. Tomms kommt den beiden Aufsichthabenden
eilig zu Hilfe und befördert gemeinsam mit ihnen die Ausreißer unsanft auf den
Schulhof - es sind Geoff Sproke, Dennis Hoey und Mario Bianchi, Howards
Geschichtsschüler aus der Achten. In der gespenstischen Beleuchtung gleichen
ihre tränenüberströmten Gesichter schmelzenden Wachsmasken. »Er ist noch da
drin!«, plärrt Geoff Sproke hinter der Armkette, die ihm den Weg versperrt.
»Ist er nicht!«, brüllt Tomms ihn nieder. »Wir haben es überprüft!« In dem
Moment schießt ein Feuerpilz über das Dach und taucht die Zuschauer in ein
irres, orangen glänzendes Licht. »Ruprecht! Ruprecht!«, schreien die Jungen
nach ihrem Freund und versuchen erneut, dem Griff

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