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Murray,Paul

Murray,Paul

Titel: Murray,Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Skippy stirbt (Teil 1)
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darf dort niemand mehr spielen oder
auch nur im Schulhof herumrennen.
    Oscar
wartet hinter dem allerletzten Hügel. Ein anderer, nervöser Junge ist bei ihm.
Er heißt Rory, sagt Oscar, und sein Gesicht ist von einem unheimlichen trüben
Weiß, das Carl an das Zeug erinnert, das seine Mutter gegen ihre
Magenbeschwerden trinkt. Aber es gibt ein Problem.
    »Wir
wollen keine Süßigkeiten.«
    »Was?«,
fragt Barry.
    »Wir
wollen keine Süßigkeiten«, sagt Oscar. »Aber so war's abgemacht«, sagt Barry.
    Oscar
zuckt nur mit den Schultern. Hinter ihm verschränkt der kreidebleiche Junge die
Arme.
    »Moment«,
sagt Barry, »schaut euch mal an, was wir hier alles haben.« Er hält die Tüte
auf, damit sie es sehen können. »Marsriegel, Sugar Bombs, Gorgo Bars, Stingrays,
Milky Moos, Colaflaschen ...«
    Die
beiden sagen nichts. Sie wissen, dass es ein mieser Tausch ist. In der
Grundschule tauschen alle nur, Fußballaufkleber, Mittagessen, Computerspiele,
was auch immer, und man merkt es sofort, wenn einen jemand bescheißen will.
Über dem schwarzen Hügel sickert Licht aus dem Himmel. Carl denkt, sie sollten
sich die beiden einfach greifen und ihnen die Pillen abnehmen. Aber Barry hat
ihm schon erklärt, dass sie eine dauerhafte geschäftsbeziehung anstreben müssen. Wenn du ihnen
heute die Pillen wegnimmst, was machst du dann morgen? (Seit Carl gestern Abend
die Pillen weggeworfen hat, spricht Barry langsam
und vorsichtig mit ihm, genauso wie Carls Mathenachhilfelehrerin, wenn sie ihm sagt:
Nehmen wir mal an, du willst auf ein neues Bike sparen, das zweihundert Euro
kostet, und du legst hundert Euro auf die Bank; bei einem Zinssatz von zehn
Prozent würdest du ... Carl, wie lange würdest du brauchen?)
    Barry
stapft bis zum Ende der Sprunggrube, dann kommt er zurück und zückt sein
Portemonnaie. Er nimmt einen Zwanzigeuroschein heraus und wedelt damit unter
Oscars Nase. »Zwanzig Euro, und die Süßigkeiten.« Oscar schaut das Geld nicht
einmal an. Jenseits der Spielfelder schlägt die Uhr vier. Gleich werden die
Mädchen kommen. »Was wollt ihr denn dann?«, schreit Barry. »Wie können wir
ins Geschäft kommen, wenn ihr nicht sagt, was ihr wollt?«
    Die
beiden kleineren Jungen sehen sich an. Dann geht in der Ferne ein Kanonenschlag
los. Oscars Miene hellt sich auf. »Feuerwerk!«, sagt er.
    »Das
ist dir doch gerade erst eingefallen!«, sagt Barry.
    »Feuerwerk!«
Das erste Wort, das der bleiche Junge sagt.
    »Verdammt
noch mal, wo sollen wir denn Kracher hernehmen?«, fragt Barry. Aber die beiden
beratschlagen schon, welche Arten und wie viele sie verlangen sollen -
»Kanonenschläge - Raketen - Lady Crackers!«
    »Okay,
okay«, sagt Barry. »Ihr habt gewonnen. Wenn ihr Feuerwerkskörper wollt, soll
mir das recht sein. Aber die können wir erst bis morgen beschaffen. Also passt
auf, wir machen es so: Ihr gebt uns die Pillen jetzt gleich für unser
Experiment, und morgen treffen wir uns wieder, selbe Zeit, selber Ort, und ihr
kriegt die Feuerwerkskörper.«
    »Ha,
ha!« Oscar lacht - er lacht tatsächlich! »Keine Chance.«
    Barry
macht mit zusammengebissenen Zähnen ein Geräusch, das wie Gnnnhhh klingt, und Carl weiß, dass er
denkt: Scheiß auf den Tausch, diesen Schwuchteln bringen wir erst mal Respekt
bei. Doch dann wendet er sich Carl zu, sagt: »Pass auf sie auf«, und läuft über
die Rugbyfelder los.
    »Wo
will denn dein Freund hin?«, fragt Oscar. Carl sagt nichts, sondern verschränkt
nur die Arme und versucht so auszusehen, als wüsste er Bescheid.
    »Worum
geht's denn bei eurem wissenschaftlichen Projekt?«, will der bleichgesichtige
Rory wissen.
    »Schnauze.«
Carl schaut in den dämmernden Abend hinaus. Am Ende kommt Barry gar nicht
zurück.Vielleicht will er sich ja allein mit Lollipop treffen! Das ist alles
ein Trick, er hat sich mit den Kids abgesprochen und -
    Keuchend
kommt Barry wieder angelaufen. In der Hand hält er eine Plastiktüte.
»Feuerwerkskörper«, sagt er.
    Alle
Arten: Drachenfeuer, Black Thunder und andere. Barry legt sie fächerförmig auf
den Boden. »Alle kriegt ihr nicht«, sagt er, wie ein Vater in einem Laden.
»Jeder kann sich drei aussuchen.« Die beiden schauen nur und flüstern einander
die Namen zu. »Aber heute noch, ihr Arschlöcher. Und erst gebt ihr mir die
Pillen.«
    Sie
übergeben ihm die Pillen ohne Weiteres - die von dem bleichgesichtigen Jungen
sind in einer Smarties-Schachtel, die von Oscar in ein Stück Frischhaltefolie
eingewickelt, das nach Sandwich riecht.

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