Murray,Paul
Aber sie geht immer noch nicht auf. Scheiße! Das Blut
hämmert in seinem Kopf. Lori zieht ihren Slip herunter, Barry steckt seine
Finger in sie hinein. »Mom!«, brüllt Carl. Sie antwortet nicht. »MOM!!«, noch lauter. Er rennt die
Treppe wieder hinauf.
»Hier
drin, Schatz.« Ihre schwache Stimme aus ihrem Schlafzimmer. Er stürmt hinein.
Alles hier drin ist in Gold und Rot. Mom sitzt auf dem Fußendes des Betts und
sieht fern. Sie hält ein Glas in der Hand und zwischen den Fingern ein weißes
Plastikröhrchen, eine Pseudozigarette, die man raucht, um sich das Rauchen
abzugewöhnen.
»Die
verdammte Haustür ist abgesperrt«, sagt Carl.
»Ach,
Schätzchen, tut mir so leid, hab ich vergessen ...« Sie greift nach ihrer
Handtasche und wühlt darin nach ihren Schlüsseln. Sie sucht den richtigen
heraus und gibt ihm den Bund. »Du kannst sie heute Abend mitnehmen. Leg sie auf
die Küchentheke, wenn du heimkommst. Ich hab eine Schlaftablette genommen, ich
geh also nicht mehr aus dem Haus.« Carl schnappt sich mit einem angewiderten
Grunzen die Schlüssel. »Viel Spaß, mein Schatz«, ruft sie ihm mit schon wieder
fast tränenerstickter Stimme nach. »Mach dir wegen mir keine Sorgen.«
Carl
schließt die Haustür auf und tritt auf die kalte, verregnete Veranda hinaus -
und da kommt ihm die Idee. Anfangs merkt er noch gar nicht, dass es eine Idee
ist. Es sind nur zwei Wörter, die in seinem Kopf auftauchen, schlüssel und pille. Er weiß nicht, warum sie auf
einmal da sind. Er bleibt auf der Treppe stehen, runzelt die Stirn, die Hand
auf dem Knauf der Tür, um sie zuzuziehen. schlüssel
pille, Schlüssel pille , die Wörter fi xieren ihn wie die Augen auf
einem Gemälde. Carls Gehirn ist an schlüssel-pille -Ideen nicht gewöhnt und
weigert sich, eine Verbindung zwischen den beiden Begriffen herzustellen, doch
dann fügt sich plötzlich alles ganz von selbst zusammen, und die Idee ist da,
wo noch vor einer Sekunde rein gar nichts war. So muss es bei Barry die ganze
Zeit laufen! Die Idee prickelt in seinen Armen, während Carl wieder ins Haus
schlüpft. Drinnen schlägt er die Tür zu. Er wartet einen Moment, um sicher zu
sein, dass seine Mutter noch im Bett ist. Dann schleicht er sich die Treppe
hinauf und in ihr Badezimmer.
In
dem Spiegel über dem Waschbecken sieht er sich selbst. Die Idee ist ihm wie ein
Grinsen quer übers Gesicht geschrieben. Vorsichtig hebt er den Schlüsselbund
ans Licht. Er sucht einen kleinen silbernen Schlüssel heraus und steckt ihn in
das winzige silberne Schloss des Spiegelschranks. Der Schlüssel dreht sich
lautlos. Carl verdreht die Augen und zieht an dem Griff. Die Tür geht auf, ohne
ein Geräusch zu machen.
Das
Schränkchen ist bis auf den letzten Zentimeter gefüllt. Tuben, Töpfchen,
Schachteln, Pillen und Tabletten jeder Farbe und Größe, alles mit weißen
Etiketten, auf denen der Name von Carls Mutter steht. Wäre Barry hier, könnte
er ihm wahrscheinlich sagen, welche Mittel wofür oder wogegen sind. Aber Carl
sucht nach etwas ganz Bestimmtem.
Man
nennt es die Date Rape Drug, hat Barry gesagt. Tut man diese Pille einem
Mädchen in den Drink, wird sie richtig geil und macht alles, was man will. Am
nächsten Tag kann sie sich an nichts mehr erinnern.
Dafür
haben die extra eine Pille erfunden?, hatte Carl überrascht gefragt.
Nein,
die haben sie als Schlafmittel erfunden, aber dann ist jemand draufgekommen,
dass sie zusammen mit Alkohol auch noch diese anderen Wirkungen hat.
Eine
Schlaftablette.
MANN SIND WIR ZU
Dann
macht sie alles, was man will. So stellt Carl sich das mit Lori vor.
Aber
es gibt ein Problem. An den Etiketten auf den Fläschchen und Schachteln ist
nicht zu erkennen, welches die Schlaftablette ist. Stattdessen stehen Namen
drauf, lange, seltsame Namen, die einem beim Lesen entgleiten. Sie klingen wie
die Namen von Königen aus der Geschichte oder von fremden Planeten. Es gibt
Hunderte davon. Er überlegt, ob er Barry anrufen und ihn fragen soll, welche
Tablette er gemeint hat. Aber dann müsste er ihm von seiner Idee erzählen, und
das möchte er nicht, solange Barry mit Lori allein ist, um ihn nicht selbst auf
eine Idee zu bringen. Dann hat er eine andere Idee - alle Fläschchen und Schachteln in
eine Tüte stecken und sie zum Hop mitnehmen, damit Barry die richtigen
raussuchen kann! Er hebt schon die Hand, um die Fläschchen vom untersten Bord
zu packen, als er seine Mutter im Zimmer nebenan hört. Er erstarrt, dann läuft
er zur Duschkabine,
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