Murray,Paul
um sich zu verstecken, aber nichts geschieht. Vielleicht
war es nur der Fernseher. Doch aus der Duschkabine sieht er etwas, was ihm vorher
nicht aufgefallen ist: eine weiße Schachtel auf der Fensterbank, neben ihrem
Damenrasierer, aus der ein Tablettenstreifen wie eine silberne Zunge
heraushängt.
Das
Etikett sagt ihm nichts, nur noch so ein seltsam fremdsprachlicher Name. Aber
in der Schachtel findet er den wie eine Landkarte gefalteten Beipackzettel:
zenohypnotan ist ein Hypnotikum, das gegen Schlafstörungen eingenommen
wird. zenohypnotan ist ein den Benzodiazepinen sehr ähnlicher Wirkstoff
und gehört zur Gruppe der Cyclopyrrolone. Wenn Sie unter Schlafstörungen
leiden, nehmen Sie eine Tablette zenohypnotan eine Stunde vor dem
Zubettgehen. nicht zusammen mit alkohol einnehmen. Keine großen Maschinen
bedienen. niemals die höchstdosis überschreiten. Unter Einnahme von zenohypnotan können
folgende Nebenwirkungen auftreten: Benommenheit, Erbrechen, Schwitzen,
Müdigkeit, Schwindelgeruhl, Veränderungen der Libido, Sehstörungen, anterograde
Amnesie, Desorientierung, gedämpfte Emotionen, Depression, Angst,
Schlaflosigkeit. Reaktionen wie Unruhe, Aufgeregtheit, Aggressivität,
Wahnvorstellungen, Wutanfälle, Albträume, Psychosen, unangemessenes Verhalten
und andere Verhaltensstörungen sind nach Einnahme von Benzodiazepinen und
ähnlichen Wirkstoffen beobachtet worden. Bei Auftreten solcher Störungen ist
das Mittel abzusetzen. Danach können Kopfschmerzen, Muskelschmerzen,
Verwirrung, starke Angstzustände, erhöhte Lichtempfindlichkeit, Halluzinationen,
epileptische Anfalle, Wirklichkeitsverlust, Entpersönlichung oder Suizid
auftreten. Im Falle negativer Nebenwirkungen suchen Sie bitte Ihren Arzt auf.
Hier
bitte, Lori, ich hab dir einen Drink geholt. Oh, danke. Er lächelt sie in
seiner Vorstellung an, wie Barry lächeln würde, und trägt einen
James-Bond-Smoking. Warum trinkst du nicht?, fragt er.
Ein
bisschen später, sagt sie.
Er
lächelt. Er ist sich nicht sicher, was los ist. Warum trinkst du immer noch
nicht?, fragt er.
Ich
hab im Moment keinen Durst, sagt sie. Ihre Augen sind wie zwei Pillen.
Trink,
sagt er. Sie weicht zurück. Was soll das? Er packt sie am Handgelenk. Trink
das! Sie will nicht, wehrt sich gegen ihn. Er wird immer wütender. Ihre Augen
füllen sich mit Tränen, während er mit Gewalt ihr Handgelenk an ihren Mund
führt - und jetzt lässt sie den Becher fallen, und alles verläuft im grauen Nebel
seiner Fantasie. Ich werde nie mit dir vögeln!, schreit sie. Carl fängt an zu
brüllen, keine Worte, nur ein wüstes animalisches Brüllen, er macht Keulen aus
seinen Händen und hebt sie drohend über das verängstigte Mädchen -
»Carl?«
Er
erstarrt. Hat er ein lautes Geräusch von sich gegeben? Hat er sich das Klopfen
an der Tür nur eingebildet?
»Carl?«
Vor der Tür steht seine Mutter. »Bist du da drin, Schatz?«
Scheiße,
verdammter Mist, Scheiße. Er steckt die Tablettens chachtel wieder in seine Gesäßtasche.
Er öffnet die Tür. Moni steht im Morgenmantel da. Sie schaut ihn verständnislos
an. »Ich dachte, du bist längst weg«, sagt sie.
»Nein«,
sagt Carl. »Ich hab was vergessen.«
»Aber
was machst du in meinem Badezimmer? Warum ist das Medizinschränkchen offen?«
Sie
hat eine Fahne. Er stellt sich vor, wie sich die Tablette in ihrem Blut
auflöst. Sie wird sich an nichts erinnern. Langsam streckt er die Hand aus, um
sie am Arm zu berühren. Der Morgenmantel ist seidenweich.
»Du
träumst ja«, sagt er.
Sie
sieht ihn blinzelnd an.
»Du
hast einen Traum«, sagt er.
Sie
schließt die Augen und legt die Hand an ihre Stirn. Dann sagt sie ganz leise:
»Mir ist eingefallen ... du hattest ja gar kein Kostüm an.«
»Was?«
»Ein
Kostüm. Für die Tanzveranstaltung. Ein Kostüm.« Ein Kostüm. Verdammte Scheiße!
Das
Vereinsheim des Seabrook-Rugbyclubs - ein Zufluchtsort für Ehemalige jeden
Alters, an dem sie Geschäfte abschließen und trinken können, ohne von
Hinterwäldlern oder Frauen gestört zu werden - steht wie ein vorgeschobener
Posten drei Meilen von der Schule entfernt; nahe genug, dass der Automator
gerufen werden kann, sollte irgendetwas - irgendetwas
- mit der
Tanzveranstaltung in der Turnhalle schiefgehen. Der kommissarische Direktor hat
kein Hehl daraus gemacht, dass ihm mulmig dabei war, den Hop in den Händen von
zwei Greenhorns - oder einem Greenhorn und Howard - zu lassen. Anfangs dachte
Howard, es sei nur ihre
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