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Muschelseide

Muschelseide

Titel: Muschelseide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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Autos drängten sich kühn vorbei, hupten, bremsten, flüchteten mit aufheulenden Motoren in Seitenstraßen.
    »Neuerdings wurden so viele Fußgängerzonen eingerichtet, dass keiner sie beachtet«, sagte Fabio. »Ich bekomme ständig Strafzettel. Aber so geht es uns allen hier.«
    Das ursprünglich baufällige Hotel war, wie mir Fabio erklärte, erst kürzlich und ziemlich aufwändig renoviert worden. Große Amphoren, von Stoffblumen überquellend und mit alten Stadtansichten an den Wänden, gaben optisch den Rahmen. Wir schrieben uns ein. Fabio fügte seinem Namen ein »Dottore« hinzu. Der einstige Drahtkäfig-Fahrstuhl war durch einen neuen, lautlosen, ersetzt worden. Das Zimmer im dritten Stock hatte einen gewaltigen Kronleuchter, Sessel mit hohen Lehnen und einen imposanten Bettüberwurf aus grünem Satin. Das Badezimmer war aus Marmor, das Designer-Waschbecken aus Glas. Die Vorhänge blähten sich im Sommerwind, und draußen flimmerten die Kuppeln von Rom in der Hitze.
    »Man hat sich in den letzten Jahren Mühe gegeben«, sagte Fabio. »Unsere Hotels waren buchstäblich am Verfaulen.«
    Ich streifte meine Sneakers von den Füßen. Der Steinboden fühlte sich kalt an. Wir standen einander etwas befangen gegenüber. Ich hatte stets geglaubt, dass wir uns nicht verlieren würden, auch wenn wir uns lange Zeit nicht sahen. Aber das stimmte nicht mehr. Das Leben sorgte dafür, dass wir uns entfremdeten. Fabios Anwaltspraxis ging gut, zu gut, hatte er mir auf der Fahrt erzählt, er hatte jetzt einen Partner, sodass er weniger eingespannt war, mehr Zeit für das Kind hatte. Mehr Zeit für das Kind, hatte er gesagt, und nicht: mehr Zeit für dich. Aber das war ja zu erwarten gewesen.
    Ich legte die Arme um seinen Hals, er führte mich zum Bett, sein Mund lag auf dem meinen, seine Lippen waren fordernd und wissend. Ich verdrängte die Qual der Gedanken, ließ mich tragen von den Empfindungen, von den Seufzern und dem Entzücken. Der stumme Dialog brachte das weite Feld der Erinnerung in Bewegung, vermischte es mit dem Hier und Jetzt. Unsere Umarmung setzte dem Unausweichlichen eine neue Frist, rettete mich vor der Einsamkeit, die im Dunkeln lauerte.
    Nicht ich war es, die dachte, mein Körper dachte für mich, er lag unter diesem anderen Körper und wusste genau, was er wollte. Wir stöhnten leise, Mund an Mund, aufgelöst von der Leidenschaft, die sich immer wieder entzündete an der Erregung, der Hingabe und der Lust aneinander. Unser Körper war eine einzige, wild atmende Lunge, jede Pore ein verschwitztes Glitzern. Fabio legte seine Arme unter meinen Rücken und hob mich hoch, so wie ich es am liebsten mochte. Er bedeckte mich mit seiner Haut, gab mir den Geruch seiner Achselhöhlen, den Geschmack seines Mundes, der nach Zahnpasta roch. Meine Bauchmuskeln dehnten und zogen sich zusammen, eine sich hinziehende Tätigkeit, innehaltend, aufsteigend. Ich klammerte mich an ihn, an seine Schultern, glatt und rund wie Kiesel. Die Flut kam von unten, schwoll heran, hüllte mich ein und überströmte mich, wie warme Gewässer über Korallenriffe gleiten. Das Licht kam gedämpft durch die Vorhänge, der Verkehr floss ruhiger in der trägen Stunden des frühen Nachmittags. Ich starrte Fabio an, verfolgte jede Regung auf seinem Gesicht, beobachtete das langsame Vorrücken der Lust, während er, von ihr überwältigt, die Augen schloss. Und für einige Atemzüge konnte ich dann sehen, wie er die Welt und sich selbst endlich vergaß.
    Danach lagen wir stumm auf dem zerwühlten Laken. Ich drückte mein heißes Gesicht an Fabios Schulter, unsere Beine waren ineinander verschlungen. Ich hörte, wie sein Atem allmählich zur Ruhe kam. Sie war so gut und zärtlich, diese losgelöste Ermattung, dieses Gefühl, gemeinsam zu schweben. Nach einer Weile zog Fabio mit einer leichten Grimasse den Arm unter meinem Nacken fort, ging ins Bad, ließ Wasser laufen. Glied für Glied kehrte das Gefühl meines eigenen Körpers zurück, erfüllte mich mit prickelnder Lebenslust. Ich streckte mich, sank mit einem Seufzer des Wohlbehagens in mich zusammen. Fabio war inzwischen zur Bar gegangen; nackt trat er ans Bett, reichte mir ein Glas mit Orangensaft. Wir tranken abwechselnd aus dem Glas, wobei wir uns in die Augen sahen. Schließlich brach Fabio das Schweigen.
    »Wenn ich frei wäre, würden wir morgen heiraten.« Ich biss mir auf die Lippen und sagte:
    »Fabio, du bist nicht frei, und du hast mich auch nie in dem Glauben gelassen, dass du es

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