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Muschelseide

Muschelseide

Titel: Muschelseide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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Maschine nach Rom startete frühmorgens um 6.25 Uhr. Eine Stunde früher musste ich mich im Flughafen einfinden. Ich hatte ein Taxi bestellt. Als mein Wecker läutete, war es noch völlig dunkel. Ich duschte lange, zuerst warm, dann kalt, entwirrte mein Haar, indem ich das Handtuch ein paar Mal kräftig hindurchzog. Ich schlüpfte in ein bequemes weißes T-Shirt, darüber eine Strickjacke. Ich trug Jeans, die mir gut standen, und weiße Sneakers. Meine Reisetasche war schon gepackt: ein wenig Kosmetik von Azur, zwei Shirts und zwei Blusen zum Wechseln, ein paar hübsche Ballerinas und meinen Laptop. Ich hatte Domenica gesagt, sie solle mir kein Frühstück bereiten, aber ich brauchte Kaffee, um wach zu werden, und stellte in der altmodischen, unordentlich aufgeräumten Küche die Maschine an. Während ich unten in der Diele auf das Taxi wartete, schlang ich die Muschelseide um meinen Hals und blickte dabei in den Spiegel. Es war sonderbar und unerklärlich, wie der Schal sich meiner Haut anpasste. Beide, der Schal und meine Haut, hatten den gleichen bronzenen Schimmer. Ich hatte das absolut widersinnige Gefühl, dass er seit aller Ewigkeit ein Teil von mir war. Später, dachte ich, werde ich Lippenstift auflegen, ein leuchtendes Braunrot. Ich trug meinen Wendeparka, der mich schon auf vielen Reisen begleitet hatte. Er war auf der einen Seite aus wasserabstoßendem Polyester, auf der anderen aus Kaschmir. Ich liebte seine unauffällige, jeder Jahreszeit entsprechende Eleganz. Ich hatte ihn vor elf Jahren in London gekauft, er kam nie aus der Mode. Es muss wohl in meiner Natur liegen, dachte ich, dass ich mich von gewissen Dingen nicht trennen konnte. Francesca war weiser als ich. Sie hatte mir den Schal überlassen und sich zu ihrer eigenen Rechtfertigung eine unbestimmte Geschichte ausgedacht. Aber womöglich wollte sie nur einen Schlussstrich ziehen? Ein Schlussstrich unter ihr Leben?
    Der Wagen kam pünktlich. Ein nebliger Sommertag brach an. Valletta lag im Dämmerschlaf, die Straßen waren leer. Nur die ersten Busse fuhren bereits. Am Flughafen empfing mich eine Durchsage: Die Maschine würde eine Stunde später starten. Die Passagiere warteten geduldig. Ich unterdrückte meine Verstimmung, kaufte eine Zeitung, bestellte einen Espresso an der Bar. Schließlich wurden wir aufgerufen, gingen durch die Sicherheitskontrollen, stiegen in die Maschine. Wir saßen schon länger als zehn Minuten angeschnallt, aber das Flugzeug machte keine Anstalten, zu starten. Die dicke Dame neben mir beschwerte sich, weil sie Krampfadern hatte und ihre Beine nicht ausstrecken konnte. Sie hoffte, weil die Maschine nicht ausgebucht war, auf einen bequemeren Platz. Hin und wieder ging der Steward durch die Kabine, hörte teilnahmsvoll zu, wie die Dame sich beklagte, bat sie jedoch, sich noch etwas zu gedulden. Um ihrem entrüsteten Redefluss zu entgehen, verkroch ich mich hinter der Zeitung. Endlich kam aus dem Lautsprecher die Stimme des Piloten. Die Maschine aus Zypern würde bald eintreffen, und wir müssten auf die Passagiere im Transit nach Rom warten. So verging eine halbe Stunde. Ich schickte Fabio eine SMS, dass wir mit Verspätung eintreffen würden. Endlich drängten sich die Transitpassagiere in die Maschine, nahmen sämtliche freien Plätze in Beschlag. Jetzt wurde die dicke Dame ausgesprochen böse. Ihr empörter Wortschwall trug schließlich den Sieg davon. Der Steward bat sie auf einen anderen Platz, und auf den ihren setzte sich ein hoch gewachsener Asiate. Er war Japaner, ich merkte es an der höflich unauffälligen Art, wie er mir grüßend zunickte. Ich nickte zurück, wandte mich dann von ihm ab, sah aus dem Fenster. Der Pilot entschuldigte sich für die Verspätung, kündigte den Start an. Bald dröhnten die Triebwerke, das Flugzeug gewann an Geschwindigkeit. Die Maschine hob sich, von Böen geschüttelt, ließ die dichte Wolkendecke unter sich. Plötzlich schien die Sonne, der blaue Himmel funkelte, und die Stewards servierten das Frühstück.
    Über dem Mittelmeer wehte heftiger Wind. Gerade als ich mein Brötchen anschnitt, sackte das Flugzeug in ein Luftloch. Das Brötchen entglitt meiner Hand, wobei es mein Nachbar mit geschickter Gebärde auffing, wie man einen Ball auffängt. Ich bedankte mich lachend. Er lachte zurück. Sein Lachen hatte etwas Spontanes, Jungenhaftes, sehr unähnlich der konventionellen Grimasse, die manche Menschen sich auferlegten. Ich sagte auf Englisch:
    »Zum Glück war noch keine Butter

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