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Muschelseide

Muschelseide

Titel: Muschelseide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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auf dem Brötchen. Offenbar gönnt Ihnen das Schicksal heute keinen ruhigen Flug.« »Oh, es fing schon früh an«, sagte der Japaner.
    »Was war denn?«
    »Wir waren gerade zehn Minuten in der Luft, als es irgendwo knallte und der Pilot uns mitteilte, dass er Malta anfliegen müsse und wir die Maschine würden wechseln müssen. Unser Flugzeug war wahrhaftig nicht das neueste Modell. Ich nehme an, dass etwas mit dem Triebwerk nicht stimmte.«
    »Hatten Sie Angst?«
    »Ich habe immer Angst im Flugzeug. Ich glaube, mein Job passt überhaupt nicht zu mir.«
    »Was sind Sie denn von Beruf?«
    »Eigentlich habe ich Archäologie studiert. Meine Dissertation schrieb ich über Sakralbauten in der Jungsteinzeit. Als Volontär war ich im Irak, bevor der Krieg ausbrach, schleppte Tag für Tag korbweise Erde unter den Augen schwer bewaffneter Männer vom Sicherheitsdienst. Wir wohnten in einem Zelt und hatten abends nicht einmal eine Dusche.«
    »Das würde ich schlecht ertragen.«
    »Ich ertrug es schlecht und wechselte den Job. «
    »Und was tun Sie heute?«
    »Ein Schulfreund in Tokio leitet ein Reisemagazin, Globe, das von einer Versicherung und verschiedenen Travel-Organisationen gesponsert wird. Wir haben eine Anzahl nebenberuflicher Mitarbeiter, Fotografen und Bergsteiger, die alle nicht viel verdienen, aber gern auf der Pirsch sind. Ich selbst befasse mich mit den Service-Kolumnen. In meinem letzten Beitrag ging es übrigens um die Haftung der Airlines und Reisegesellschaften bei Flugzeugunglücken. Ich habe Experten getroffen und Bestimmungen gepaukt und verstand von diesen Dingen fast nichts. Jetzt allmählich bekomme ich den Durchblick.«
    »Und heute Morgen?«, fragte ich. »Hatten Sie die Paragraphen noch im Kopf?«
    Er grinste.
    »Tut mir leid, das Kontrollsystem fiel aus. «
    Wir aßen unser Frühstück. Ich merkte, dass er mich dann und wann anstarrte, doch sobald ich mich ihm ein wenig zuwandte, schlug er höflich die Augen nieder. Der Steward schenkte mir eine zweite Tasse Kaffee ein, und ich fühlte mich allmählich besser. Fabios Lächeln kam mir immer wieder in den Sinn, und ich sah es mit solcher Deutlichkeit vor mir, als lächelte er mir jetzt in diesem Augenblick zu. Um die Zeit totzuschlagen und meine Ungeduld zu zügeln, erzählte auch ich meinem Nachbarn von meinem Beruf. »Azur« war ihm natürlich ein Begriff. Sein Magazin hatte gelegentlich eine Ausgabe mit dem Schwerpunkt » Beauty und Wellness «.
    »Für das Gebiet ist eine Kollegin zuständig. Die lässt sich geduldig mit Schlamm, Lotusöl oder Schokolade bestreichen und testet, ob das Wellnessangebot auch hält, was es verspricht. Sie ist in ihrer Auswahl recht pingelig«, setzte er hinzu.
    Der Steward sammelte die Tabletts ein. Die Fluggeräusche änderten sich. Der Lautsprecher knisterte, man kündigte die Landung an. Die Maschine senkte sich der Landepiste entgegen. Mein Sitznachbar holte seine Brieftasche hervor und gab mir seine Karte.
    »Es war nett, mit Ihnen zu reden. Ich bin noch einen Monat in Europa. Vielleicht komme ich mal nach Malta.«
    Ich zögerte – aber nur kurz.
    »Dann rufen Sie mich doch an. Wir haben einige neolithische Tempel, die gut erhalten sind. Wenn ich abkömmlich bin, spiele ich gern für Sie die Fremdenführerin.«
    »Ja, danke«, sagte er, »das würde mich freuen.«
    Noch während ich die Handynummer auf meine Karte kritzelte, bereute ich schon mein Entgegenkommen und setzte hinzu:
    »Es kann aber sein, dass ich nicht in Valletta bin.«
    »Nun, ich werde es darauf ankommen lassen«, entgegnete er heiter. »Vielleicht habe ich Glück.«
    Ich steckte seine Karte in meine Handtasche, ohne einen Blick auf seinen Namen oder den Namen seines Magazins zu werfen, im Geiste schon weit weg. Das Flugzeug berührte die Piste, drosselte die Geschwindigkeit, hielt. Wir waren in Rom. Wie üblich standen die Passagiere alle gleichzeitig auf, stießen sich an, griffen nach ihrem Gepäck. Der Japaner hob freundlich die Hand zum Abschied, ich lächelte ihm zu, angetan von seiner Liebenswürdigkeit, bevor ich ihn im Gedränge aus den Augen verlor und sofort vergaß. Meine Gedanken waren bei Fabio, der zwei Stunden gewartet hatte und jetzt in der Ankunftshalle auf mich zukam.

9. Kapitel
    I ch sah ihn schon von Weitem, winkte ihm zu, erleichtert und glücklich. Wie ich es mir gewünscht hatte, dachte ich, obwohl ich kaum gewagt hatte, den Wunsch zu formulieren. Welch freudiges Wiedersehen! Sein Lächeln strömte über mich hin,

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