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Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Titel: Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Falke
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dass am Zenit einige Sterne durchfunkelten und der kalten Sonne Konkurrenz machten. Die Techniker zogen ihre Handschuhe und Helme wieder auf und ergossen sich ins Freie. In einiger Entfernung war der Versuchsstand No. I aufgebaut, auf dem Reynolds in der Nacht einen Prototyp hatte montieren lassen. In festlicher und aufgeräumter Stimmung verfolgten die Angehörigen der Kolonie, wie die Sonde aufstieg und im Kosmos verschwand. Ihre Programmierung lautete auf die erste Durchführung eines interstellaren Fluges nach dem Prinzip des oszillierenden Warp.
     
    *
     
    »Wird Zeit, dass wir von hier wegkommen!« Mit einem letzten beherzten Sprung landete Jennifer auf der untersten Plattform, an der Basis der großen Freitreppe. Sie warf einen Blick zu der Stirnwand hinauf, die sich in der letzten halben Stunde dramatisch verändert hatte, und gab uns dann ein Zeichen, ihr zu folgen. Ich stieß mich vom letzten Absatz ab und kam neben ihr auf. Die künstliche Schwerkraft an Bord des rätselhaften Schiffes betrug glücklicherweise nur 0.6g, sonst hätten wir uns niemals über die teilweise acht Meter hohen Stufen zwischen den einzelnen Terrassen hinunterlassen können. Auch so hatte es uns über eine halbe Stunde gekostet, von der Mitte der Treppe, wo wir bei der Aktivierung des Schiffsreaktors gelandet waren, wieder an die Basis zu gelangen. Wir winkten zu Jill und Taylor und herrschten sie an, sich zu beeilen. Lambert setzte sich auf die Kante der letzten Stufe, atmete einige Male tief durch, warf sie die Beine nach vorne und stieß sich ab. Sie kam zwischen uns herunter, ging keuchend in die Knie und ließ sich von uns aufrichten. Taylor folgte im selben Augenblick.
    Wir sahen uns hier unten um. In geringer Entfernung standen unverändert die Gruppen der versteinerten Figuren. In dem violetten Licht, das die Halle erfüllte, schienen sie sich zu bewegen. Ihre lang ausgezogenen Armfortsätze schienen auf dem Boden herumzustochern wie Rettungskräfte, die mit Sonden nach Lawinenopfern suchen. Und ihre schwarzen strickartigen Frisuren waren in der taumelnden Dämmerung lebendig wie Bündel dicker Schlangen. Der Anblick war wenig aufmunternd. Aber er wurde durch das in den Schatten gestellt, was seit einiger Zeit in der ganzen Halle vor sich ging.
    Jennifer war es gewesen, die vorgeschlagen hatte, wir sollten den exponierten Platz in der Mitte der riesigen Freitreppe verlassen und uns ein Versteck suchen. Da wir alle wussten, wohin das Schiff uns bringen würde, und da auf jener Welt eine höhere Schwerkraft als auf der Erde herrschte, war es klar, dass wir den Abstieg hinter uns bringen mussten, solange wir noch von der geringeren Schiffsgravitation profitieren konnten. Während wir uns über die haushohen Stufen und Absätze nach unten arbeiteten, hatte die grelle Illumination der Halle sich rasch verändert. Die gelben und blauen Lichtzüge, die lautlos durch die Arkaden geflossen waren, waren erloschen. Auch die beiden türkisgrün schimmernden Lichtbögen, die den freien Raum der Halle durchspannt hatten, waren rieselnd in sich zusammengefallen, ohne dass wir eine Theorie über ihre Funktion hätten formulieren können. Die rückwärtige Wand war in noch tieferem Rot erstrahlt, während die durchscheinenden Ausschnitte an der Stirnwand und an den Seiten hektische Aktivitäten entfaltet hatten. Koordinaten oder Daten, deren Sinn sich uns entzog, flammten über die fassadengroßen Bildschirme. Wir sahen noch, wie wir in ein Sonnensystem einflogen. Das Schiff hatte die Triebwerke stark gedrosselt. Statt tausende von Lichtjahren zu durcheilen, schwebten wir bei konventioneller Geschwindigkeit auf einen Planeten zu. Wir verringerten das Tempo abermals. Das Schiff führte einige Feinkorrekturen durch. Jennifer glaubte spüren zu können, wie es von einem Leitstrahl erfasst und in einen Orbit dirigiert wurde. Dann begann der Landeanflug. Das letzte, was wir sehen konnten, ehe die fremdartigen Bildschirme erloschen, war, wie wir aus großer Höhe auf eine Stadt hinunterstießen. Es war eine riesige Stadt, die in den hohen Breiten eines öden und trostlosen Planeten lag. Auch die Stadt wirkte feindselig und abweisend. Sie bestand nur aus stahlgrauer Baumasse. Ein Fluss wälzte seine trägen Mäander durch die gewaltige Agglomeration. Mächtige Brücken aus Elastalstahl überspannten die schmutziggrünen Wasser. Beiderseits davon dehnten sich endlose Zusammenballungen von Türmen, zyklopischen Gebäudekomplexen, Bauquarzpalästen,

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