Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)
die hunderte von Stockwerken über ihre Umgebung aufragten, und amethystfarbenen gepanzerten Towern, die über den Betonwüsten großer Raumhäfen wachten. Um das Zentrum, in dem es keine Farben und keine freien Flächen gab, lagerten sich kilometerweite Quartiere aus kasernenartigen roten Ziegelunterkünften. Und weit im Westen ahnte man die weit ausgreifenden Molen und Kais des Hafens, über den die Megalopole aus dem Ozean versorgt wurde. Alles war zutiefst einschüchternd. Wir schienen in einen Albtraum geraten zu sein, aus dem es kein Entrinnen gab. Der Name der Stadt war uns geläufig. Es war nicht nötig, ihn auszusprechen. Zischend begann die stinkende Atmosphäre des Planeten in das Schiff einzudringen. Dann erloschen die großen Anzeigen. Wir spürten das Rumpeln, mit dem fünfzig Decks unter unseren Füßen das Fahrwerk ausgeklappt wurde.
»Hier entlang«, rief Jennifer. Sie rannte linkerhand um den Fuß der Treppe herum und lief den schmalen Gang hinunter, der sich dort zwischen die Treppe und die Arkade schmiegte. Wir folgten ihr. Links über uns stieg die skulpturengesäumte Terrassenlandschaft in den rotglühenden Himmel der großen Halle. Rechts huschten die dunkelgefallenen Höhlen der Arkade vorbei. Der Gang wurde schmaler. Er endete vor einer Art Hof, der von mehreren Torbögen gebildet wurde.
Mein Anzug meldete, dass der Sauerstoffvorrat in wenigen Augenblicken erschöpft sein würde. Ich kontrollierte die Anzeige am Handgelenk. Die Umgebung begann sich mit Luft zu füllen. Noch waren wir einige Kilometer über dem Boden. Die Atmosphäre war dünn und kalt. Aber sie musste atembar sein. Außerdem hatte ich keine andere Wahl.
»Moment«, sagte ich in die Kommunikation. Ich blieb stehen. Taylor und Lambert liefen beinahe in mich hinein. Jennifer war schon ein gutes Stück voraus. Sie hielt an und sah sich ungeduldig nach mir um.
»Was ist denn?!«
Ich sog noch einige Male den köstlichen künstlichen Sauerstoff in die Lungen, um nicht außer Atem den Übergang vollziehen zu müssen.
»Will nur mal ein bisschen frische Luft schnuppern.«. Mit einem letzten skeptischen Blick auf die Anzeige öffnete ich die Klammer am Hals und nahm den Helm ab. »Pfui Teufel!«
Die Luft war nicht nur eisig kalt und so dünn, dass mir vorübergehend schwarz vor Augen wurde, sie stank auch bestialisch nach den Bewohnern dieser Welt.
»Du Ärmster«, sagte Jennifer. Sie kicherte leise vor sich hin. Freilich hatte sie mit ihren Prana-Bindu-Tricks Sauerstoff gespart und ihre Vorräte um mehrere Stunden gestreckt. Aber auch sie würde noch in den Genuss dieser erlesenen Atmosphäre kommen. Wenn wir bis dahin noch am Leben waren.
»Puh«, machte ich. Ich mußte mich auf Taylor stützten, der mit Lambert neben mir stand und mein Experiment besorgt verfolgte. An den rot blinkenden Faserbirnen neben ihren Helmlampen konnte ich ablesen, dass sie meinem Beispiel in wenigen Minuten würden folgen müssen.
»Sie sind okay, Sir?«, fragte Jill.
Ich setzte den Helm lieber wieder auf und schaltete die Automatik auf externe Versorgung. So wurde zwar Außenluft angesaugt, sie wurde aber wenigstens gefiltert und erwärmt.
»Geht schon«, sagte ich. »Am besten ihr stellt auch gleich um, dann habt ihr einen fließenden Übergang. Als Schocktherapie ist es ekelhaft.«
Die beiden taten, wie sie geheißen worden waren, und mischten den letzten Tropfen Sauerstoff, über die sie verfügten, weltraumkalte, nach Kläranlage duftende lokale Luftmassen bei.
»Bääh«, stöhnte Lambert. »Ich glaub’, ich muss kotzen.«
Unter einem der Torbögen stand Jennifer und wippte unruhig auf den Zehenspitzen.
»Wo bleibt ihr denn«, rief sie. »Wir können jeden Augenblick aufsetzen.«
Wir beeilten uns, wieder zu ihr aufzuschließen. Dann erreichten wir die Torbögen, die sich nach einem komplizierten geometrischen Muster in die Tiefe erstreckten. Vor uns lag etwas, das an eine gotische Krypta oder an ein türkisches Bad erinnerte. Sechs- und achteckige halbhohe Kuppeln wurden von dünnen Säulen getragen, die ein Labyrinth bildeten. Seitlich und in der Tiefe gegeneinander versetzt, ließen die Säulen und Bögen keinen Blick durchdringen. Es war unmöglich zu sagen, wie weit dieser seltsame Bezirk reichte. Und noch etwas kam hinzu. Wir waren hier nicht allein.
Jennifer war wieder vorausgegangen. Sie lief in das Säulenspalier ein, als wisse sie ganz genau, wo es hier hin ging. Dabei ließ sie den Handflammer aufleuchten, denn es war
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