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Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Titel: Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Falke
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treffen, musste er sehr verzweifelt sein. Tatsächlich war die äußere Lage nicht anders geworden, aber vielleicht war es gerade das, was den Oberbefehlshaber beunruhigte. Seit die Crew der ENTHYMESIS verschwunden war, waren einige Tage vergangen. Man hatte sich davon überzeugt, dass sie nicht zurückkehren würde. Ihres besten Explorerteams beraubt, dümpelte die verstümmelte MARQUIS DE LAPLACE im Raum. Von den neugegründeten Kolonien auf Eschata fehlte ebenso jede Nachricht wie von der Erde.
    »Wir müssen uns damit abfinden, dass wir sie verloren haben«, sagte Laertes.
    Die beiden Alten sahen sich an. Wiszewsky wusste, dass Jennifer wie eine Tochter für den greisen Philosophen gewesen war. Aber auch mit Commander Norton hatte er sich gut verstanden. Die beiden hatten sich früher regelmäßig zu vertraulichen Gesprächen in dieser Bar getroffen.
    »Jeder Einzelne von ihnen ist unersetzlich«, seufzte Wiszewsky. »Was Frank und Jennifer angeht, brauche ich dir das nicht zu sagen. Aber auch der junge Taylor. Er hat sich emporgearbeitet. Norton hielt große Stücke auf ihn. Er wollte ihn als Reynolds Nachfolger aufbauen.«
    Laertes wunderte sich ein wenig darüber, wie informiert sich der Commodore zeigte. Für gewöhnlich nahm er wenig Anteil an seinen Untergebenen. Wenn überhaupt, kannte er nur seine Ansprechpartner in beiden Stäben; mit den nachgeordneten Chargen ging er freundlich, aber unpersönlich um. Das Desinteresse verlieh ihm einen kühlen Charme. Dass er nun eingeweiht über diese Dinge plauderte, bewies, dass er mehr wusste, als er sonst zu erkennen gab und dass seine Gleichgültigkeit eine Maske war, eine Rolle, die er spielte, um sich das private Getratsche, von dem das Schiff voll war, vom Hals zu halten.
    »Es heißt«, warf Laertes ein, »er und Lambert seien sich in letzter Zeit nähergekommen.«
    Wiszewsky sah durch ihn hindurch. Beziehungsklatsch, das sagte sein glasiger Blick überdeutlich, interessierte ihn nicht. Es ging ihm um die Aufgabenverteilung innerhalb der stetig weiter schrumpfenden Mannschaft. Laertes begriff das. Er schaltete augenblicklich um. »Frankel muss seinen Platz wieder einnehmen.«
    Er wusste, dass Wiszewsky den kommissarischen Leiter der Planetarischen ebenso verachtete wie der große Teil der sonstigen Belegschaft. Der Commodore hustete herablassend, als habe er sich an seinem Drink verschluckt.
    »Frankel ist ein Intrigenspinner und ein Nichtskönner«, sagte er. »Auf ihn können wir nicht zählen.«
    Laertes zog es vor zu schweigen. Er kannte die Gerüchte, die an Bord der MARQUIS DE LAPLACE umliefen, aber er hatte zu wenig Einblick in die Interna der Wissenschaftlichen Abteilung, um sich ein Urteil anmaßen zu können. Dass der schmierige Dr. Frankel auch ihm persönlich zuwider war, tat für ihn nichts zur Sache. Hier ging es um die Zukunft des Schiffes und der gesamten Menschheit. Wenn ein fähiger Wissenschaftler zur Stelle gewesen wäre, um die überfälligen Neuerungen ins Werk zu setzen, mochte er auch eine charakterliche Niete sein. Aber die Monate und Jahre vergingen. Es war nicht abzusehen, wie und wann die Techniker und Ingenieure zweier Stäbe mit dem Vorsprung der Sineser gleichziehen konnten.
    Laertes winkte die Bedienung heran und orderte eine zweite Runde. »Diesmal auf mich«, sagte er und hielt der Ordonnanz seine ID hin.
    Als sie davonschnürte, weidete er sich am Anblick ihrer schmalen Hüfte, die in straffen weißen Uniformhosen steckte und deren weiche schwingende Bewegungen im Parcour der Bistrotische sich beinahe auf seiner Augenhöhe vollzogen. Die beiden warteten ab, bis sie wieder gefüllte Gläser vor sich hatten. Wie es dem Ritual trinkender Männer entsprach, fing auch Wiszewsky bei jeder neuen Runde das Gespräch wieder von vorne an.
    »Die Crew der ENTHYMESIS ist verschollen«, sagte er mit masochistischer Lust am Aussprechen seines Schmerzes. »Wir müssen davon ausgehen, dass sie nicht mehr am Leben sind.«
    Laertes betrachtete mit großem Interesse die Bewegungen der Eiswürfel, die in seinem Glas herumtrieben und sich manchmal klackend berührten. Es war eine Billardpartie, die der Zufall mit sich selbst spielte. Es gab keine Akteure, nur Kräfte und Reaktionen, Massen und Impulse, Stoß und Gegenstoß. Als Philosoph war es seine Maxime, vom Leben zu reden und nicht vom Tod. Darin war er sich auch mit Jennifer einig gewesen. Man grübelte nicht über den Tod. Nur Romantiker taten das. Aber nun, da der Tod seine so viel

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