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Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Titel: Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Falke
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Außerdem ging mir Jennifers düsterer Vergleich nicht aus dem Kopf. Wenn die Sineser die Hyänen waren, die vor einem mächtigeren und gefährlicheren Raubtier den Schwanz einzogen, dann wollte ich nicht wissen, in wessen Territorium wir hier eingedrungen waren.
    »Sir?«, fragte Lambert. Sie nickte zu einer Rampe, die wie die Einfahrt einer Tiefgarage aussah. Eine breite Asphaltbahn führte unter das Niveau der Straße hinab und verschwand in einem Tor, das breit genug war, die ENTHYMESIS aufzunehmen. Allerdings wäre es dafür zu niedrig gewesen, denn seine lichte Höhe betrug nicht mehr als zwei Meter.
    »Okay«, sagte ich.
    Wir bogen in die Einfahrt ein und glitten bei gedrosselten Motoren die Rampe hinunter. Dann tauchten wir mit blubberndem Feldgenerator in die muffige Dunkelheit ein. Ein Rascheln und Scharren schien in der Finsternis vor und herzufluten, als störten wir eine Myriade Ratten auf.
    »Hat dieses Ding denn keinen Scheinwerfer?«, fragte ich mürrisch.
    Wir waren jetzt ganz in die unterirdische Halle eingefahren. Das Tor fiel hinter uns zurück. Die Finsternis schlug über uns zusammen, sie war für unsere Sinne undurchdringlich. Dann endlich schaltete Lambert den Fluter unseres Gleiters an. Wir schraken zusammen. Jill brach in ein hysterisches Gelächter aus.
    »Was ist denn?«, stöhnte Taylor, der auf seinem Sitz zusammengesunken war und jetzt mühsam über die Armaturen hinausblickte.
    »Oh«, machte er dann.
    Wir waren nicht allein. Wir waren umringt. Völliges Schweigen umgab uns, aber dieses Schweigen, das weder feindlich noch neugierig war, sondern etwas seltsam Sachliches und Unbeteiligtes hatte, setzte sich aus unzähligen Wesen zusammen. Sie glichen einander wie ein Ei dem anderen, und sie standen dicht bei dicht, als hätte man sie hier aus Vorratszwecken gestapelt. Aber sie waren lebendig. Sie starrten uns an. Eine Million grün glühender Augen musterten uns mit kaltem Interesse.
     
    *
     
    Die Bedienung rückte die gravimetrischen Stühle aus Korbimitat zurecht. Sie trug benutzte Gläser ab und streifte mit der Hand über die Farnwedel, die grün ausgeleuchtete kleine Inseln bildeten. Dann ging sie zu den beiden neuen Gästen und nahm ihre Bestellung auf.
    »Das ist aber eine große Ehre«, sagte sie, als sie erkannte, um wen es sich handelte.
    Sie wollte sie einladen, aber der ältere der beiden bestand darauf, selbst zu zahlen. Er drückte ihr seinen ID-Chip in die Hand. Sie kehrte zur Bar zurück und schenkte die Getränke ein. Während die Maschine die Eiswürfel in die Gläser klicken ließ, zog sie die Karte durch. Wiszewsky, stand darauf, dahinter das Wappen der MARQUIS DE LAPLACE und die drei goldenen Sterne, die er auch auf den Schulterstücken trug. Dabei lauschte sie den Gesprächen der beiden Männer, die sich keine Mühe gaben, ihre Stimmen zu dämpfen.
    »Ist sie das?«, fragte der eine.
    »Ja«, gab der andere zurück.
    »Nicht schlecht.«
    Sie trug die beiden Gläser zu dem niedrigen Tisch, an dem die beiden Platz genommen hatten, reichte dem Commodore seine ID und wünschte ihnen einen angenehmen Abend.
    Wiszewsky sah ihr versonnen nach, wie sie ihr seit Jahren einstudiertes Slalom zwischen den Sitzgruppen vollführte. Dann hob er sein Glas und prostete seinem Gegenüber zu. Die beiden stießen an und nippten an ihren hochprozentigen Getränken.
    »Sehr schön«, sagte der Commodore, wobei er offen ließ, ob er damit den Whisky, die blonde Ordonnanz oder das Ambiente meinte.
    Einige Minuten lang saßen die beiden alten Herren schweigend da. Ab und zu führten sie ihre Gläser zum Mund. Sie folgten mit wässrigen Augen den Bewegungen der Bedienung, die zwischen den anderen Gästen und der Bar hin und her pendelte, das Licht herunterdimmte, neue Drinks eingoss, das Musikprogramm veränderte und, als sie für eine Weile nichts zu tun hatte, eine Qat-Zigarette rauchte. Dabei sah sie träge blinzelnd durch den Rauch und schien in Gedanken weit weg zu sein.
    Endlich gab Wiszewsky sich einen Ruck. »Ach Laertes«, seufzte er und sah seinen Chefideologen mit schwammigen Blicken an. »Wie weit sind wir gekommen!«
    Der Philosoph strich seinen weißen Bart. In seinen Mundwinkeln zuckte die Ironie über diesen Stoßseufzer seines Kommandanten. Aber er verkniff es sich, darauf einzugehen, da er wusste, dass der Commodore ein zutiefst humorloser Mensch war. Wenn er für eine Stunde die Gegenwart der Komarowa aufgab, um sich mit ihm in der Sky Lounge der MARQUIS DE LAPLACE zu

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