Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)
wirbelten wir durch das in Auflösung befindliche Geschwader. Zwei der Jäger hatten sich an unser Heck gesetzt. Aber Jennifer lockte sie dicht auf die schrundige Oberfläche des Ikosaeders hinab. Wir donnerten direkt auf eine der schweren Geschützbatterien zu und drehten exakt in dem Moment bei, als diese das Feuer eröffnete. Das Ergebnis war, dass unsere beiden Verfolger in magnesiumblauen Feuerbällen zerschellten, während wir in einer haarscharf gezogenen Parabel dicht über die Aufbauten der Station hinwegschossen. Von einer anderen Plattform stieg ein weiteres Geschwader auf, mindestens zehn Maschinen, und ich fragte mich, wie lange wir dieser Übermacht standhalten konnten. Ich wusste auch, dass Jennifer sich in einen Rausch geflogen hatte und dass sie die Situation auskostete. Es war nicht damit zu rechnen, dass sie von sich aus klein beigeben würde. Eine Raumschlacht mit einem Dutzend Gegnern, die alle besser ausgerüstet und bewaffnet waren, das war nach ihrem Geschmack. Insgesamt waren sicher einhundert Jäger auf dem Ikosaeder stationiert, und wenn es ihnen gelang, ihre Geschwadertaktik zu entfalten, konnten sie uns unschädlich machen oder uns soweit von ihrer stachligen Heimat weglocken, dass wir in die Reichweite von deren schweren Geschützen gerieten. Während wir atemlos, um alle denkbaren Achsen wirbelnd, dahinrasten und auf alles feuerten, was in die Fadenkreuze unserer kleinen Bordkanonen geriet, versuchte ich mir zurechtzulegen, wie Jennifer dazu zu überreden wäre, diesen Heidenspaß sein zu lassen und das Heil in der Flucht zu suchen. Die sinesischen Abfangjäger waren zwar sehr viel wendiger als wir, aber nicht annähernd so schnell. Sie würden uns nicht in den freien Kosmos hinaus folgen, schon gar nicht, wenn wir in den Warpraum flohen.
Wir hatten den Ikosaeder zum dritten Mal umrundet, ein Rudel von mehr als zehn Verfolgern auf unseren Fersen, die versuchten, uns in die Schusslinie zu bekommen, als dieser Gedankengang auch bei Jennifer Gestalt angenommen zu haben schien. Unvermittelt drehte sie bei und beschleunigte in den offenen Raum hinaus. Anfangs pendelte sie noch und drehte uns mehrfach um die Längsachse, um die Salven, die die Jäger uns hinterhersandten, an uns vorbeizischen zu lassen. Dann sah sie mich triumphierend an. In ihren Augen glitzerte reines Adrenalin. Ihre Wangen glühten. Dunkelblonde verschwitzte Strähnen hingen ihr in die Stirne, und sie strahlte über das ganze Gesicht wie – nun, wie eine einzelne Pilotin, die gerade in einem gekaperten Shuttle die gesamte sinesische Flotte abgehängt und gedemütigt hatte. Ich spürte, wie sie die GraviGurte anzog und den Feldgenerator auf die höchste Stufe hinauftrieb. Während sie lässig das Tastaturfeld betätigte, das den Warpkern des Shuttles aktivierte, wies sie mich noch auf etwas hin, das sich auf fünf Uhr, unter uns ereignete. Es ließ mir den Atem gefrieren. Dann ergriff uns das Generatorfeld. Es öffnete einen Warpkorridor und jagte uns einige tausend Lichtjahre weit in den interstellaren Kosmos hinaus.
»Du bist ein guter Bordschütze«, schmunzelte sie, während um uns herum die Sterne erloschen, um gleich darauf in leicht veränderter Konstellation wieder sichtbar zu werden. »Hätte ich gar nicht gedacht: der General als Richtkanonier!«
Sie grinste über beide Backen. Ich schüttelte noch den Schwindel ab, mit dem das wilde Gefecht und der abrupte Warpsprung mich erfüllten und der nur langsam, wie eine viskose Flüssigkeit, von mir abperlte.
»Du hast mindestens zehn Maschinen abgeschossen«, sagte sie wie ein Ausbilder, der einen Rekruten zur Manöverkritik beiseite nimmt. »Fünf weitere haben sich gegenseitig vernichtet oder wurden von der Kampfstation unschädlich gemacht.«
Ich zuckte mit den Schultern. »Was sind zehn oder fünfzehn Jäger? Allein im Orbit dieses Planeten haben sie mindestens ein Dutzend dieser Kampfstationen.«
Jetzt war sie es, die gleichgültig die Achseln hob. »Wolltest du ihre gesamte Streitmacht ausschalten? Ich denke, wir haben uns gut geschlagen und uns nicht unter Wert verkauft. Wir haben ihnen gezeigt, womit sie rechnen müssen, wenn sie einmal der ganzen Flotte der Union gegenüberstehen.«
Ich blies erschöpft die Backen auf und stieß die Luft aus. »Wenn es jemals wieder so etwas wie eine unierte Flotte gibt.«
Jennifer lächelte. »Du bist und bleibst ein geborener Pessimist.« Sie verpasste mir einen Boxhieb vor die Brust. »Wir haben ihnen den
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