Muss Lurion sterben
»Was für eine Erklärung?«
Sie hatte die Augen gesenkt. »Ich weiß, daß ich nicht das Recht dazu hatte«, sagte sie mit leiser Stimme. »Nennen Sie es kindische Eifersucht, oder was Sie wollen. Aber ich bin heute morgen auf dem Paßamt gewesen und habe mir Ihre Papiere vorlegen lassen.«
Gardner hätte sich am liebsten an irgend etwas festgehalten.
Lori fuhr in dem gleichen gleichmäßigen Ton fort: »Ich habe den Beamten gesagt, daß ich wissen möchte, ob Sie verheiratet wären. Als ich ihnen Geld gab, gaben sie mir Auskunft. Nach Ihren Papieren sind Sie unverheiratet. Warum haben Sie mich dann belogen, Roy? Wollten Sie mich so unbedingt loswerden?«
Gardner war wie betäubt. »Ich habe nie daran gedacht, daß Sie sich die Papiere zeigen lassen würden«, sagte er lahm.
»Ich finde es schrecklich, daß ich zu Ihnen komme und Sie zur Rede stelle.
Aber ich konnte nicht anders, Roy. Bitte, sagen Sie mir den Grund!«
»Ich mußte so handeln.«
»Um sich Ihre kostbare Junggesellenfreiheit zu erhalten?« fragte sie bitter. »Ich wollte Sie nicht wie eine Spinne einfangen und Ihnen das Blut aussaugen.«
»Das ist es nicht«, sagte Gardner mit belegter Stimme. »Ich … hatte berufliche Gründe, die es mir verboten, mit irgend jemand auf Lurion eine persönliche Verbindung einzugehen.«
»Berufliche Gründe?«
Er nickte hilflos. Das Mädchen starrte ihn seltsam an. Dann sagte sie ruhig: »Ich möchte gern wissen, was für einen Beruf Sie haben!«
»Ich handle mit Edelsteinen, Sie wissen das genau.«
»Roy, was sind Sie in Wirklichkeit? Sie können mir keine Märchen erzählen. Ich kenne Sie besser.«
Gardner wußte, daß er jetzt einen schweren Verstoß gegen die Regeln des Sicherheitsdienstes beging, aber er mußte sich einem Menschen anvertrauen. Er konnte mit dem ungeheuerlichen Gewicht auf seiner Seele nicht mehr allein fertig werden.
»Sie wollen die Wahrheit wissen?« sagte er. »Gut. Sie werden Sie hören. Aber Sie werden sie ganz für sich behalten müssen, und wenn es Ihnen noch so schwerfallen sollte. Es würde Ihnen ohnehin niemand Glauben schenken, wenn Sie über mich sprächen.«
»Roy, ich verstehe Sie nicht.«
»Seien Sie still und hören Sie mir zu!« Gardners Gesicht war von maskenhafter Strenge. Kein Muskel verzog sich in seinem Gesicht, als er Wort für Wort ihr seine Mission offenbarte. Aber sein Herz wurde mit jedem Wort leichter, als er an das Ende seines Geständnisses kam.
»Und ich bin hierhergekommen, um die Grausamkeit auf Lurion zu studieren! Wenn ich auf der Erde geblieben wäre, hätte ich ein viel besseres Feld gehabt!« sagte sie mit einem traurigen Lächeln.
Er schüttelte den Kopf. »Sehen Sie es einmal mit den ›Augen‹ des Komputers. Wenn man von den Angaben ausgeht, hat der Plan der Erde nichts Grausames an sich. Wir würden drei Milliarden Menschen töten und eine Zivilisation zerstören. Aber dadurch würden wir das Universum von einem unheilvollen Stern befreien, der in seiner Moral, seinem Rechtsbegriff alle bedroht. Wir würden die Erde retten und die gesamte Kulturwelt der Milchstraße schützen.«
»Es wäre nichts anderes als ein kaltblütiger Mord an drei Milliarden Menschen«, sagte sie fest. »Sind Sie Gott? Von dem Moment an in dem Sie sich anmaßen, ganze Welten zu vernichten, wo bleibt dann die göttliche Allmacht, die über alles Geschehen nach Ihrem uns nicht zugänglichen Willen entscheidet? Angenommen, als nächstes sei Argonav eine böse Welt, und dann Simulor, und dann Hannim? Wollen Sie einen Planeten nach dem anderen in die Luft sprenge, mit dem heiligen Ziel, die Erde und die Zivilisation zu retten. Wollen Sie in Gottes Allmacht eingreifen?«
»Sehen Sie es vom Standpunkt des Komputers! Lurion ist eine Welt, die von Grund auf verrottet und verkommen ist, für die es keine Erlösung mehr gibt. Diese Substanz wird auf die anderen Planeten ausstrahlen und verheerende Wirkungen haben. Fünfzig Milliarden laufen Gefahr zu sterben – fünfzig Milliarden, nicht nur drei Milliarden. Was alles entstehen kann – die Folgen sind unabsehbar. Wir können das nicht einfach kommen sehen, ohne etwas dagegen zu unternehmen. Lurion muß aufhören zu existieren!«
»Aber ich hätte auch sterben müssen!« rief Lori aus.
Gardner nickte. »Das ist der Grund, warum ich mich von Ihnen fernhalten mußte. An Ihre Rettung konnte nicht gedacht werden, wenn soviel auf dem Spiel stand.«
»Aber jetzt müssen Sie warten, sagen Sie, weil dieser Archer tot ist.
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