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Muss Lurion sterben

Muss Lurion sterben

Titel: Muss Lurion sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Schwächlinge.
    Archers Verrat, so schändlich er auch immer sein mochte, konnte vielleicht die Rettung eines ganzen Planeten bedeuten, dachte er.
    Er stand auf und legte Archers Koffer in seinen Kleiderschrank. Was sollte er jetzt tun? Um einen Ersatzmann bitten? In dem Plan fortfahren? Nein, dachte Gardner.
    Er erinnerte sich an Steeves und seine beiden ernsten, jungen Lurioni-Philosophen. Er mußte noch einmal mit Steeves reden. Dann konnte er vielleicht eine Entscheidung fällen. In der Zwischenzeit mußte er Smee, Leopold und Weegan mit der Ausrede vertrösten, daß er sich mit dem Erdsicherheitsdienst in Verbindung gesetzt habe.
    Gardner stellte eine notdürftige Ordnung im Zimmer her. Dann zog er sich aus, um ein paar Stunden Schlaf zu bekommen.
     
12. Kapitel
    Am Morgen spricht er mit den Männern. Er mußte alle Überredungskraft zusammennehmen, um Smee zu beruhigen, und erkannte dabei, daß der Chef des ersten Teams nicht mehr lange aushalten würde.
    Als er in den Frühstücksraum hinunterging, sah er Lori nicht. Er trank schnell seinen Kaffee und machte sich dann auf den Weg zur Börse, um sich nach Steeves umzusehen.
    Seit jenem Mittagessen waren sich Steeves und Gardner wie durch eine unausgesprochene Vereinbarung aus dem Weg gegangen. Das abrupte Ende der Zusammenkunft war zu peinlich gewesen. Gardner errötete, als er sich sein Verhalten jetzt in die Erinnerung zurückrief.
    »Steeves, kann ich Sie einen Augenblick in einer privaten Angelegenheit sprechen?«
    Der alte Mann runzelte ungeduldig die Stirn. »Was möchten Sie?«
    »Es handelt sich um unser letztes Zusammensein. Ich wollte mich entschuldigen. Ich war über etwas sehr beunruhigt und nervös.«
    »Ja. Und was soll ich damit?«
    »Ich habe mir die Dinge durch den Kopf gehen lassen, Steeves. Können Sie mir noch eine Chance geben, Ihre beiden Freunde wiederzusehen?«
    »Warum? Wollen Sie sie bei der Regierung denunzieren?«
    »Sie wissen, daß ich kein Denunziant bin«, sagte Gardner scharf. »Ich möchte mich noch einmal mit ihnen unterhalten. Ich glaube, daß ich ihnen helfen kann – in einem weit größeren Maße, als Sie mich dessen für fähig halten.«
    Steeves dachte nach. Endlich sagte er: »Gut, Gardner. Heute abend bei mir. Die Adresse ist Thuurin Platz 623. Aber ich warne Sie – falls dies ein Trick sein sollte …«
    »Bis heute abend. Und haben Sie Dank dafür, daß Sie mir noch eine Chance geben.« Gardner entfernte sich schnell.
    Der Tag verstrich langsam. Gardner überlegte Hunderte von Entscheidungen und verwarf sie wieder. Er erinnerte sich daran, wie Karnes gesagt hatte: »Ich muß gestehen, daß ich nicht der Meinung war, daß Sie der richtige Mann für diese Sache seien. Der Komputer jedoch war, anderer Meinung.« Das bedeutete einen weiteren Fehler in den Berechnungen der ›unfehlbaren‹ Maschine. Karnes mit seinen menschlichen Augen hatte schärfer gesehen, richtiger geurteilt.
    Als Gardner in sein Zimmer trat, leuchtete der Teleschirm auf. Smee rief zum zweitenmal heute an. Er sah verstörter aus, als je zuvor. Sein Gesicht schien bleich und feuchtglänzend von Schweiß zu sein.
    »Was ist los?« fragte Gardner.
    Smee antwortete mit heiserem Flüstern: »Bitte, hören Sie mich an, Gardner. Ich halte es nicht mehr aus. Ich kann nicht mehr.«
    »Smee, Sie haben so lange ausgehalten – nehmen Sie sich zusammen. Es dauert ja nicht mehr lange!«
    »Sechs Monate in der Hölle! Ich … ich hätte mir vor einer halben Stunde beinahe das Leben genommen.«
    »Smee!«
    Gardner gab sein Letztes her, um dem Mann Mut zuzusprechen, und erhielt von Smee das Versprechen, er werde es versuchen, noch ein paar Tage auszuhalten.
    Kein Henker, dachte Gardner, sollte eine so lange Zeit mit dem Finger am Abzug neben seinem Opfer leben.
    Jemand klopfte an die Tür.
    Gardner führ aus seinen Gedanken hoch: »Wer ist da?«
    »Lori. Ich möchte mit Ihnen sprechen, Roy.«
    Er öffnete die Tür. Das Mädchen sah angegriffen und krank aus. Sie trug ein dunkles, unattraktives Kleid, das einen scharfen Kontrast zu dem bildete, das sie das letzte Mal angehabt hatte, als sie ihn besucht hatte. »Wollen Sie mich nicht zu sich herein bitten, Roy?«
    »Doch … aber, ich dachte, wir hätten abgemacht, daß es besser wäre, wenn wir uns nicht mehr sehen würden, Lori.«
    »Ja, das stimmt. Und vielleicht hätte ich nicht kommen sollen, Roy. Aber ich glaube, daß Sie mir eine Erklärung schulden. Deshalb bin ich hier.«
    Sie standen sich gegenüber.

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