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Muster - Steffen-Buch

Muster - Steffen-Buch

Titel: Muster - Steffen-Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raidy
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Jungen lehren, mit dem Stehlen aufzuhören!« Ich wusste, dass sie mich nur zu ihrem kranken, perversen Vergnügen quälte. Vater stand wie versteinert da, als Mutter mir eine weitere Dosis Salmiakgeist verpasste. Doch diesmal wehrte ich mich.
    Sie musste mir den Mund aufreißen, und indem ich den Kopf wild hin und her warf, sorgte ich dafür, dass sie einen Großteil des Reinigungsmittels auf dem Fußboden verschüttete - aber nicht alles. Wieder ballte ich die Fäuste und schlug auf den Boden ein. Ich blickte zu Vater auf und versuchte, nach ihm zu rufen. Mein Kopf war klar, aber es kam kein Laut aus meinem Mund. Er starrte einfach regungslos auf mich hinunter, als ich zu seinen Füßen mit den Fäusten auf den Boden ein-drosch. So als würde sie sich hinunterbeugen, um einen Hund zu tät-scheln, schlug mir Mutter wieder ein paar Mal auf den Rücken, ehe es Nacht um mich wurde.
    Als ich am nächsten Morgen das Badezimmer putzte, sah ich in den Spiegel, um meine brennende Zunge zu untersuchen. Die obersten Hautschichten waren weggeätzt, die Zunge war gerötet und das rohe Fleisch schaute mir entgegen. Ich starrte gedankenverloren ins Waschbecken und dachte, wie glücklich ich mich schätzen konnte, dass ich noch lebte.
    Mutter zwang mich zwar nie wieder, Salmiakgeist zu trinken, aber ich musste ein paar Mal einen Löffel Clorox (ein Reinigungsmittel mit Chlor; A. d. Ü.) schlucken. Doch Mutters Lieblingsspiel war, mir Spülmittel einzuflößen. Sie ließ mir die billige, rosafarbene Flüssigkeit aus der Flasche in die Kehle laufen und befahl mir, mich in der Garage an die Wand zu stellen. Mein Mund trocknete so aus, dass ich in der Garage zum Wasserhahn schlich und eimerweise Wasser trank. Bald entdeckte ich, dass ich einen schrecklichen Fehler gemacht hatte, denn ich bekam fürchterlichen Durchfall. Ich schrie nach Mutter und flehte sie an, oben auf die Toilette gehen zu dürfen. Sie ließ mich nicht. Ich stand in der Garage und wagte es nicht, mich zu rühren, als mir dünnflüssiger Stuhl durch die Unterhose troff und an den Beinen hinunterrann.
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    Ich fühlte mich so gedemütigt. Ich weinte wie ein Baby. Ich hatte keine Selbstachtung mehr. Wieder kam ein Schwall dünnflüssiger, brauner Pampe heraus, aber ich traute mich immer noch nicht, mich zu bewegen. Schließlich, als ich mich in Bauchkrämpfen wand, raffte ich das, was von meiner Würde noch übrig geblieben war, zusammen und wankte zum Ausguss. Ich packte einen Fünflitereimer und hockte mich hin, um mich zu erleichtern. Ich schloss die Augen und versuchte, mir zu überlegen, wie ich mich und meine Kleider säubern konnte, als die Garagentür plötzlich hinter mir aufging. Ich drehte den Kopf und sah Vater, der unbeteiligt dreinblickte, als sein Sohn ihm den nackten Hin-tern entgegenstreckte und die braune Flüssigkeit in den Eimer floss. Ich hatte das Gefühl, noch weniger wert zu sein als ein Hund.
    Mutter siegte jedoch nicht immer. In einer Woche, in der ich nicht in die Schule gehen durfte, spritzte sie mir Spülmittel in den Mund und befahl mir, die Küche zu putzen. Was sie nicht wusste, war, dass ich das Spülmittel nicht hinunterschluckte. Die Minuten verstrichen und in meinem Mund brodelte eine Seifenlauge. Ich weigerte mich zu schluk-ken. Als ich mit der Küchenarbeit fertig war, sprintete ich nach unten, um den Müll auszuleeren. Ich strahlte über beide Backen, als ich die Haustür hinter mir schloss und das rosafarbene Spülmittel ausspuckte.
    Ich griff in eine der Mülltonnen neben der Garagentür, kramte ein dreckiges Papiertuch heraus und wischte auch den letzten Winkel meines Mundes aus. Danach fühlte ich mich so, als hätte ich den olympi-schen Marathon gewonnen. Ich war so stolz, dass ich Mutter in ihrem eigenen Spiel geschlagen hatte.
    Auch wenn Mutter mich bei den meisten meiner Versuche, mich mit Nahrung zu versorgen, erwischte, konnte sie mich nicht immer schnappen. Nach Monaten, in denen ich oft viele Stunden hintereinander in meinem Gefängnis zugebracht hatte, gewann mein Mut die Oberhand, und ich stahl tiefgefrorene Lebensmittel aus der Kühltruhe, die in der Garage stand. Mir war vollkommen bewusst, dass mein Verbrechen jederzeit auffliegen konnte, daher verspeiste ich jeden Krümel so, als handelte es sich um meine Henkersmahlzeit.
    In der Dunkelheit der Garage schloss ich die Augen und träumte, ich sei ein König, der die schönsten Kleider trug und die besten Speisen im Himmel und auf Erden genoss. Wenn ich ein Stück

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