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Muster - Steffen-Buch

Muster - Steffen-Buch

Titel: Muster - Steffen-Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raidy
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Mitleid mit mir haben und es schnell tun würde.
    Während meine Brüder ihre Hamburger hinunterschlangen, faltete ich heimlich die Hände, schloss die Augen, senkte den Kopf und betete mit aller Inbrunst. Als der Kombi in die Auffahrt einbog, spürte ich, dass meine Zeit gekommen war. Ehe ich die Autotür öffnete, flüsterte ich mit gesenktem Kopf »... und erlöse mich von allem Bösen«.
    »Amen.«
    88

Epilog
    Sonoma Country, Kalifornien.
    Ich bin so lebendig.
    Ich stehe am Stand und genieße die Schönheit des unendlich weiten Pazifischen Ozeans. Von den Hügeln hinter mir weht eine leichte Brise.
    Es ist wieder einmal ein schöner Tag. Die Sonne geht unter. Gleich wird der Zauber beginnen. Der hellblaue Himmel wird in schillernden Farben leuchten, wenn der orangerote Feuerball im Meer versinkt. Ich blicke in Richtung Westen und lasse mich von der hypnotischen Kraft der Wellen mitreißen. Eine riesige Welle baut sich auf und bricht sich mit donnerndem Tosen, als sie an die Küste rollt. Gischt schlägt mir ins Gesicht, ehe der weiße Schaum mir die Füße umspült. Das schäumende Wasser wird von der Strömung schnell wieder ins Meer gezogen. Plötzlich wird ein Stück Treibholz an den Strand geschwemmt. Es hat eine seltsame Form. Das Holz ist morsch, doch glatt und ausgebleicht von der Sonne. Ich bücke mich, um es aufzuheben, aber ehe ich danach greifen kann, erfasst das Wasser es wieder und zieht es ins Meer zu-rück. Einen Augenblick lang sieht es so aus, als ob das Holzstück darum kämpft, an Land zu bleiben. Es zieht eine Spur hinter sich her, während es weiter hinaustreibt, und bäumt sich auf, ehe es sich dem Meer ergibt.
    Ich sinniere über das Stück Holz. Es erinnert mich an mein früheres Leben. Meine Kindheit war äußerst turbulent. Ich wurde in alle Richtungen geschubst und gezerrt, und je ernster meine Situation wurde, desto stärker hatte ich das Gefühl, von einer immensen Kraft in eine verhängnisvolle Unterströmung gezogen zu werden. Ich kämpfte, so gut ich konnte, aber ich schien mich in einem Teufelskreis zu befinden, aus dem es keinen Ausweg gab. Und dann kam ich ohne Vorankündigung auf einmal frei.
    Ich kann mich sehr glücklich schätzen. Meine dunkle Vergangenheit liegt jetzt hinter mir. So schlimm es auch war, tief im Innersten wusste ich sogar schon damals, dass mein Leben in meiner Hand lag. Ich gelobte mir, dass ich etwas aus mir machen würde, wenn ich mit dem Leben davonkäme. Ich wollte das Beste aus mir herausholen. Und das ist mir gelungen. Ich habe meine Vergangenheit hinter mir gelassen 89

    und die Tatsache akzeptiert, dass dieser Lebensabschnitt nur einen kleinen Teil meines Lebens ausmacht. Ich war mir stets bewusst, dass da ein schwarzes Loch war, in das ich fallen konnte. Die dunklen Kräf-te lauerten darauf, mich aufzusaugen und für immer und ewig gefangen zu halten - aber nur, wenn ich es zuließ. Also nahm ich mein Leben in die Hand.
    Durch die Herausforderungen in meiner Vergangenheit bin ich mit ungeheuren Kräften gesegnet. Ich passte mich schnell an und lernte, wie man in einer schwierigen Lebenslage überlebt. Ich begriff, dass es darauf ankommt, sich selbst zu motivieren, an sich selbst zu glauben.
    Aufgrund meiner Erfahrungen sehe ich das Leben mit anderen Augen.
    Ich weiß so viele Dinge zu schätzen, die andere Menschen womöglich als selbstverständlich hinnehmen. Auf meinem Lebensweg habe ich ein paar Fehler gemacht, aber mir war das Glück vergönnt, immer wieder auf die Füße zu fallen. Anstatt der Vergangenheit nachzuhängen, habe ich meinen Blick, wie ich es mir in den vielen Stunden in der Garage antrainiert hatte, nach vorn gerichtet. Wie damals handelte ich in dem Bewusstsein, dass Gott mir immer über die Schulter schaut und mir Mut und Kraft verleiht, wenn ich es am meisten brauche.
    Mein Glück wäre jedoch nicht möglich gewesen, ohne die vielen Menschen, die einen positiven Einfluss auf mich hatten. Vor meinem geistigen Auge erscheinen die unzähligen Gesichter der Menschen, die mich ermutigten, mich lehrten, die richtigen Entscheidungen zu treffen, und mir bei meinem Streben nach Erfolg zur Seite standen. Sie be-stärkten mich in meinem sehnlichen Wunsch, etwas Besonderes zu leisten. Ich ging zur Air Force und lernte dort moralische Werte und tief gehende Gefühle von Stolz und Zusammengehörigkeit kennen, die mir bis dahin verschlossen geblieben waren. Amerika ist tatsächlich das Land, in dem man sich aus menschenunwürdigen

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