Mutiert
hier?«
Mona verzog die Mundwinkel. » Ein paar Mal, nicht oft. Ich kann mich nur an ihn erinnern, weil er draußen am Rollfeld die Maschine beladen hat, als ich eine Gruppe Scheichs abholte. Er hatte sein Hemd ausgezogen. Der Junge hatte eine ganz tolle Figur.«
Gene trank sein Bier leer und stellte es auf den Glastisch. » Was er da eingeladen hat, das wissen Sie nicht?«
» Tut mir leid«, antwortete sie und blickte auf die Uhr. » Und jetzt muss ich leider los. Was ist nun mit einem kleinen Ausflug an den Strand?«
Gene nickte. » Sehr gerne.«
In der Nähe von Brás am Rio Jatapu, Amazonasgebiet
Die Fahrt auf dem Rio Jatapu war jäh zu Ende gegangen. Nachdem sich die beiden Motoren aufgrund der vollen Fahrt überhitzt hatten, ankerte das Patrouillenboot nun im seichten Wasser eines Igarapés, eines Wasserarms, der weit hinein in den Dschungel reichte. Durch die Trockenzeit war er sehr flach. Zwei der Soldaten waren mit Reparaturarbeiten beschäftigt. Während der Cabo an der Reling lehnte und grübelnd in die schwarzen Fluten blickte, gab der Kommandant den übrigen Männern Anweisungen, die Umgebung zu sichern und mit Scheinwerfern abzuleuchten. Außer den Stimmen des nächtlichen Urwalds störte nichts die Ruhe.
Der Kommandant gesellte sich zu seinem Cabo und legte ihm freundschaftlich die Hand auf die Schulter. Sie waren bereits seit zwei Jahren in der gleichen Einheit und zu guten Kameraden geworden.
» Woran denkst du?«, fragte er.
Der Cabo wandte sich um. » Ich möchte wissen, was diese Menschen umgebracht hat.«
Der Kommandant zuckte mit der Schulter. » Ich bin seit drei Jahren hier im Amazonasgebiet und ich weiß, dass diese Wälder gefährlich sind. Wenn dich die Mücken nicht fressen und die Schlangen nicht beißen, dann fällst du irgendwann dieser ewigen Hitze zum Opfer. Bei uns in Rio ist der Wind des Meeres stets zu spüren, aber hier ist es nur feucht und heiß, und kein Lufthauch bewegt sich. Ein paar Tage später regnet es wie aus Gießkannen, aber trotzdem bleibt es heiß. Eigentlich ist es immer nur feucht und heiß. Dieser Wald ist mörderisch.«
» Dieser Wald ist noch für lange Zeit unsere Heimat«, entgegnete der Cabo.
» Denkst du nicht auch oft an zu Hause, an die weißen Strände, an die schönen Mädchen, an die rauschenden Partys und die langen Nächte? An Samba und an den Karneval?«
Der Cabo nickte. » Ja, das tue ich, aber ich bin freiwillig hier. Ich habe mich für das Kommando selbst gemeldet.«
Der Kommandant lächelte versonnen. » Ich wurde abkommandiert. Zwei Jahre hieß es, jetzt sind es bereits drei geworden, und ich glaube, man hat mich längst vergessen. Aber eines Tages werde ich dieser Hölle den Rücken kehren. Die erste Woche werde ich nur am Strand verbringen.«
Einer der Soldaten näherte sich, seine Uniform war mit Öl verschmiert. » Wir haben den Fehler gefunden.«
» Gut, Soldat«, antwortete der Kommandant. » Wie lange werden wir hier noch festliegen?«
» Eine Stunde etwa«, erwiderte der Soldat und verschwand in Richtung des Maschinenraums.
» Wir können froh sein, dass die Batterien noch funktionieren«, sagte der Kommandant. » Sonst lägen wir hier bei vollkommener Dunkelheit.«
» Ich glaube, wir sind hier sicher. Hier gibt es keine weiteren Lenhadores. Wir haben nichts zu befürchten. Zumindest keinen Überfall.«
» Aber dennoch scheint dich etwas zu bedrücken, mein Freund.«
Der Cabo fasste sich ans Kinn. » Die Ärztin aus der Station in São Sebastião hat mich nachdenklich gemacht. Sie hatte Recht, es gibt hier Gefahren, die man überhaupt nicht sieht und die einen Menschen ebenso töten können wie der Biss einer Schlange.«
» Du meinst Bakterien?«
Der Cabo nickte. » Die Menschen in der Siedlung machten einen erbärmlichen Eindruck. Von den Gesichtern war zwar nicht mehr viel übrig, aber ihre Mienen und auch ihre Körper verrieten mir, dass sie unter großen Schmerzen gestorben sind.«
» Wir werden von Brás aus unsere Station in Manaus verständigen«, beruhigte ihn der Kommandant. » Sie sollen eine Pioniereinheit schicken und das ganze Dorf mitsamt den Leichen einäschern, wenn sich bis dahin nicht die Tiere des Waldes ihren Anteil geholt haben. Wir werden der Kommandantur mitteilen, welchen Verdacht die Ärztin hegt. Sie sollen sich mit Schutzausrüstung in Marsch setzen.«
Der Cabo ließ sich auf einer Kiste neben der Reling nieder. Er seufzte.
» Ich mache mir weniger Sorgen um die Leichen«, sagte der
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