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Mutiert

Mutiert

Titel: Mutiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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er in die Avenida Rubens de Mendonça einbog und in Richtung Osten davonbrauste. Hoffentlich würde der alte Mann zu seinem Wort stehen. Bislang hatten alle Informanten versagt, mit denen Zagallo und Falcáo zusammenarbeiteten. Der Mörder war wie ein Schatten, den die Dunkelheit verschluckte.
    Hospital Santa Catarina, São Sebastião, Amazonasgebiet
    Lila Faro hatte sich auf der Terrasse mit einem starken Kaffee niedergelassen. Die Hitze des Tages wich langsam der beginnenden Dämmerung. Die Sonne würde bald hinter den Bäumen versinken, bevor sie am nächsten Tag die Temperaturen wieder weit über die Dreißig-Grad-Marke steigen ließ. Mit der untergehenden Sonne nahm zwar die Luftfeuchtigkeit ab. Doch auch in der Nacht sanken die Temperaturen gerade mal auf fünfundzwanzig Grad.
    Gegenüber der kleinen Krankenstation befanden sich in einem einfachen und schmucklosen Steinhaus die Ärztewohnungen. Sie waren klein, nicht mehr als vierzig Quadratmeter, aber für die Verhältnisse hier am Amazonas glichen sie wahren Luxusunterkünften. Die kleine Terrasse lag im Schatten zweier großer, Schatten spendender Bäume. Lila war erledigt. Ein harter Tag lag hinter ihr, aber die Wartezimmer waren noch immer voll, denn die Ribeirinhos hielten sich nicht an Öffnungszeiten. Sie kamen, wenn sie sich krank fühlten, sich nicht mehr selbst helfen konnten oder die Schamanen keinen Rat mehr wussten. Lila dachte an den Militärpolizisten, der vor kaum einer Stunde aufgebrochen war, um auf dem Rio Jatapu nach illegalen Holzfällern zu fahnden. Und sie dachte an die Frau, die ihnen unter den Händen weggestorben war und deren Symptome so rätselhaft gewesen waren.
    Die junge Ärztin war zwar erst kurz hier in der Station, aber sie wusste, dass sie hier nicht länger bleiben würde als unbedingt notwendig. Williamson war ein Säufer und Alonso ein hirnloser Dilettant, der keine Ahnung und seinen Arztberuf alleine dem Einfluss seines reichen Vaters zu verdanken hatte. Santa Catarina war nur eine unbedeutende Zwischenstation für ihn, bis er nach S ã o Paulo zurückkehren würde, um in der Praxis seines Vaters mitzuarbeiten und sich um die Zellulose alternder, aber reicher Schönheiten zu kümmern. Und Williamson würde irgendwann mit einer Flasche Cachaça im Arm einschlafen und auf dieser Welt nie mehr aufwachen. Inkompetenz und Menschenverachtung verband Lila mittlerweile mit dieser Station mitten im Dschungel. Dabei war sie hierher gekommen, um zu helfen. Sie wollte ihr Wissen und ihre Ausbildung, ja sich selbst in den Dienst der Menschen stellen und für ein kleines Stück mehr Zivilisation abseits der großen Städte in der Nähe des großen und undurchdringlichen Waldes sorgen.
    » So traurig am frühen Abend«, rissen sie die sanften Worte von Pater Innocento aus ihren Gedanken. Sie schaute auf. Pater Innocento lächelte ihr in seinem braunen Franziskanerhabit freundlich zu. Seit über dreißig Jahren versah der Gottesdiener hier am Amazonas seinen Dienst an Gott und an den Menschen. Mit Spendengeldern hatte er die Mission Santa Anna vor der Stadt errichtet, in der er sich vor allem um arme, behinderte Menschen kümmerte, die zuvor kaum Überlebenschancen in dieser wilden und zuweilen menschenfeindlichen Welt hatten. Noch heute fanden Kinder, die mit Behinderungen zur Welt kamen, oft einen schnellen und heimlichen Tod. Die schlohweißen Haare des Paters schimmerten rot in der untergehenden Sonne. Er nahm seine Brille ab und fuhr sich mit der Hand über die verschwitzte Stirn.
    » Ach Pater«, seufzte Lila. » Manchmal wünschte ich, das Jahr wäre bald vorüber und ich könnte wieder zurück in den Süden.«
    Eine Träne kullerte über ihre Wangen. Der Geistliche trat näher, beugte sich zu ihr herab und drückte sie fest an sich. » Ich sehe es nicht gerne, wenn eine junge Frau wie du traurig ist und weint. Gottes Prüfungen sind nicht leicht zu erdulden, aber es steckt oft ein tieferer Sinn dahinter. Und es macht uns stark. Wir brauchen diese Stärke. Hier in dieser Welt erst recht.«
    Lila umarmte den Pater und ließ ihren Tränen freien Lauf.
    » Weine nur, wenn es dir hilft. Weine und befreie dich von dem Leid, das du in dir trägst.«
    Lila schluchzte noch eine Weile, dann stand sie auf und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Schließlich schob sie mit dem Fuß einen zweiten Stuhl an den Tisch und bot dem Pater Platz an.
    » Einen Kaffee?«, fragte sie, und ihre Stimme klang noch immer brüchig.
    » Gerne, wenn er

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