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Mutter bei die Fische

Mutter bei die Fische

Titel: Mutter bei die Fische Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Matisek
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hörte. Er lauschte ein bisschen in die Dunkelheit und sah sich um. Neben Hubsis fettem weißen Geländewagen glühte rot eine Zigarettenspitze: Thies. Falk ging ein paar Schritte in dessen Richtung, und dann sah er, warum Thies Hoop nicht die Toilette im Restaurant benutzt hatte. Er pinkelte genüsslich auf die Türgriffe der Edelkarosse. Anschließend lachte er krächzend, zog den Reißverschluss seiner schwarzen Jeans hoch und wankte zurück zu Piet.
    Gottlob hatte Gina nichts davon mitbekommen, und Falk entschied sich, das Gesehene schnell zu vergessen und als Dumme-Jungen-Streich eines Betrunkenen abzuhaken.
    Er ging zu seinem Rad, Gina hockte sich auf den Gepäckträger, und dann strampelte Falk über den unbeleuchteten Mittelweg nach Tüdersen, seiner heimeligen Strandkate entgegen. Gina hatte ihre warmen Hände unter seinen Pullover geschoben und streichelte liebevoll seinen Bauch. Sie unterhielten sich ein bisschen über den Abend, über Gernot und Silke und Thies, über Piet, den Gina »grandios« fand, und Falks Mutter. Aber als Falk und Gina auf der Hälfte des Weges waren, schwiegen sie beide andächtig. Der Vollmond stand hoch am Nachthimmel, er war ein heller Scheinwerfer, dessen warmes Licht sich in direkter Konkurrenz zum Lichtfinger des Leuchtturms befand, der in regelmäßigen Abständen über die Insel strich. Und übers dunkle Meer hinweg sah man die Lichter der Nachbarinsel. Es war zum Sterben schön, und Falk hätte für immer die Zeit anhalten wollen, mit Ginas Händen auf seinem Bauch und ihrem Gesicht an seinem Rücken, dem sanften Mond über ihnen und dem Geruch von feuchten Salzwiesen und Watt in seiner Nase. Das war Lebensglück pur. Falk fuhr an die Seite, bremste und half Gina vom Gepäckträger herunter. Das Rad ließ er in die Wiese sinken, nahm seine Geliebte fest in die Arme und blickte ihr in das vom Vollmond beschienene Gesicht. Gina lächelte ihn sanft an, und Falk spürte wieder, wie sein Herz schneller schlug. Es war der Herzschlag des vollkommenen Glücks, der sich dann einstellte, wenn ein Moment zu schön war, um wahr zu sein.
    Â»Willst du mich heiraten?«, fragte er und hörte, wie kratzig und wackelig seine Stimme war, während er die Frage aller Fragen stellte.

9.
    Â»Wenigstens hat sie nicht nein gesagt«, versuchte seine Mutter ihn zu trösten.
    Falk schnaubte. »Nicht direkt vielleicht, aber irgendwie doch.«
    Missmutig schob er mit dem Schuh den Sand vom hölzernen Terrassenboden. Es war Sonntag, Gina war vor einer Stunde mit der Fähre aufs Festland gefahren, und er hatte Trost bei Grit gesucht. Sie war schließlich mit Gina am Tag nach seinem Heiratsantrag auf der Wattwanderung gewesen, und Falk hoffte, dass Gina sich seiner Mutter anvertraut hatte. Denn ihm gegenüber hatte sie über ihre Gründe, seinen Antrag nicht anzunehmen, herumlaviert.
    In der Nacht auf dem Mittelweg hatte sich nach seiner Frage in Ginas vom Vollmond beschienenen Gesicht zuerst Überraschung gespiegelt – und dann Verlegenheit. Sie hatte vorgegeben, sich über seine spontane Gefühlsäußerung zu freuen, hatte »Ach, Falk« geseufzt und ihr Gesicht an seiner Brust vergraben. Und Falk hatte noch in dieser Sekunde gewusst, dass ihre Antwort Nein sein würde. Natürlich hatte Gina sich alle Mühe gegeben, ihn nicht zu verletzen, sie hatte sich erklärt, betont, wie sehr sie ihn liebe, aber immer wieder behauptet, dass ihr das zu schnell ginge, sie sei noch nicht so weit.
    Für Falk war das kein Trost. Denn für ihn gab es kein Zu-schnell, kein Noch-nicht-mal-ein-Jahr-zusammen oder Wir-müssen-erst-einmal-sehen-wie-es-weitergeht. Für ihn gab es nur ein klares Bekenntnis. Zu Gina. Zu seiner Liebe. Er fand nicht, dass man die Entscheidung davon abhängig machen sollte, wie lange man schon zusammen war, ob Kinder unterwegs waren oder wie es im Job weiterging. Wenn man wusste, dass man den Partner fürs Leben gefunden hatte, sollte man heiraten. Ohne Wenn und Aber. Basta.
    Die magische Stimmung der Nacht war natürlich hinüber gewesen. Falk hatte kein Auge zugemacht, auch nicht, als Gina schon längst neben ihm leise geschnarcht hatte. Am meisten hatte ihn genervt, dass sie so sehr bemüht gewesen war, ihm zu versichern, dass sie ihn liebte und dass sie ihn bestimmt heiraten wollte – irgendwann. Aber noch nicht jetzt. Wann denn dann?,

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