Mutter bei die Fische
natürlich alles.
Falk war bereits pappsatt, als Piet noch mit einer Crème brûlée anrückte, aber er brachte es nicht übers Herz abzulehnen. Tatsächlich war die zuckrige Nachspeise genau der richtige Begleiter für den Sonnenuntergang, der sein überwältigendes Schauspiel ankündigte. Wie so oft am Abend hatte sich das Wetter aufgeklart, kein Wölkchen war am Himmel zu sehen. Die Junisonne versank als glühend roter Ball im Meer, und zurück blieb ein zunächst noch tiefblauer Himmel mit einem pinkfarbenen Streifen am Horizont. Dieser wurde allmählich lila, und darüber wölbte es sich nachtblau, bis sich die Dunkelheit schlieÃlich ganz über die Insel senkte.
»Komm«, sagte Grit unternehmungslustig, »wir gehen noch eine Runde.«
Falk wollte ablehnen, weil er den beiden nicht den gemütlichen Abend verderben wollte, und überdies sah die Küche aus wie ein Schlachtfeld, aber Piet sprang Grit zur Seite.
»Geht ihr mal, ich mach das alleine.« Mit weit ausgreifender Armbewegung deutete er über das Chaos. »Seit ich nicht mehr rauche, brauch ich das Abspülen und Aufräumen nach dem Essen.«
Grit drückte ihrem Bratpiraten dankbar die Hand â wie die beiden überhaupt während des Essens immer flüchtige Zärtlichkeiten ausgetauscht hatten, so dass Falk ganz neidisch wurde â, dann sprang sie auf und schlüpfte in ihre Clogs.
»Komm, Falk, wir gucken uns mal die Dreharbeiten an.«
Falk verabschiedete sich herzlich von Piet und ging dann Schulter an Schulter mit seiner Mutter, diese noch immer in das groÃe Sweatshirt von Piet gehüllt, durch die Dünen. In Norderende führte ein Bohlenweg durch die Düne, treppauf, treppab zog er sich über fünf Kilometer bis zum Leuchtturm, vorbei am Campingplatz.
Zunächst schwiegen sie beide, Falk war ermattet, er wollte nicht wieder und wieder darüber spekulieren, warum Gina seinen Antrag nicht angenommen hatte und ob das das Aus für ihre Beziehung war. Aber Grit ergriff schlieÃlich das Wort.
»Liebe ist nicht immer einfach, Falk.« Damit schob sie ihre Hand in seine und drückte sie fest. »Vor allem ist sie nicht schwarzweiÃ. Was ich damit sagen will, ist, dass es auf diese Frage, die du Gina gestellt hast, nicht immer eine einfache Antwort gibt.«
»Für mich schon«, lieà Falk sich nicht abbringen.
Obwohl er ihr Gesicht in der Dunkelheit nicht sah, konnte er spüren, dass seine Mutter nachsichtig lächelte.
»Nein«, sagte sie, »das glaubst du jetzt. Das ist auch dein gutes Recht. Aber ich sage dir, es gibt Liebende, die können nicht zusammenleben. Dagegen gibt es Paare, die können eine lange und stabile Ehe führen, ohne sich zu lieben. Einfach nur, weil sie Freunde sind. Und es gibt Menschen, die einen anderen lieben, ihn aber fliehen, weil sie dieses groÃe Gefühl nicht aushalten.«
»Das hat sich aber nicht so angehört«, erwiderte Falk und lieà Grits Hand los. Es war ihm unangenehm, in seinem Alter noch mit seiner Mutter Hand in Hand durch die Nacht zu laufen. AuÃerdem wollte er sich partout nicht beschwichtigen lassen. »Es hat sich eher so angehört, als ob sie nicht will, weil es eben nicht richtig ist zwischen uns.«
Grit schüttelte den Kopf. »Das darfst du nicht glauben. Gina liebt dich. Aber ihr seid in einer schwierigen Situation. Gina versucht noch, beruflich Fuà zu fassen. Sie hat das Gefühl, dass ihr mit bald dreiÃig die Zeit für eine Karriere davonläuft.«
»Sie kann doch auch verheiratet Karriere machen. Ich stehe ihr nicht im Weg.« Falk wollte einfach nicht verstehen, was Grit meinte.
»Aber sie fühlt sich dann gebunden. Heirat, Kinder, das ist vielleicht bei ihr im Moment alles eins. Sie hat Angst, dass sie in eine Sackgasse gerät. Und auÃerdem â¦Â« Grit zögerte.
»Was?«, hakte Falk ahnungsvoll nach.
»Bist du nicht wirklich der Versorgertyp«, rückte Grit heraus. »Du lebst hier eher so ein Freakleben. Gina hat sicher das Gefühl, dass sie diejenige von euch beiden ist, die später mal das Geld verdienen muss.«
Falk schnaubte. Natürlich war das der Grund gewesen, dass Gina gezögert hatte. Sie hatte die nicht unbegründete Angst, Falk wollte sie mit einer Heirat auf die Insel locken, mit ihr in der kleinen Kate leben und Strandkörbe vermieten. Das war nicht ganz
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