Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mutter bei die Fische

Mutter bei die Fische

Titel: Mutter bei die Fische Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Matisek
Vom Netzwerk:
unwahr, andererseits wusste Falk auch, dass das keine Perspektive für eine moderne und gut ausgebildete Frau war. Aber er fand, es war ein Anfang. Den Rest würde man sehen.
    Â»Hast du dir denn so viel Gedanken gemacht, bevor du mich bekommen hast?«, fragte er.
    Â»O Gott!« Grit warf impulsiv die Arme in die Luft und lachte laut. »Gar nichts habe ich mir gedacht, gar nichts!« Sie schüttelte den Kopf und hing kurz ihren Gedanken nach. »Dein Vater ist damals über mich gekommen wie eine Naturkatastrophe.« Grit riss den Halm eines Dünengrases ab und kaute nachdenklich darauf herum. »Er war so erfahren und ich so jung und dumm. Ich habe ihn angehimmelt, er war ein Gott für mich!« Sie schnaubte und schwieg dann.
    Beide gingen sie Schulter an Schulter über den Bohlenweg, den sie nur dank des hellen Mondes erkennen konnten. Sie hingen ihren Gedanken nach, bis Grit wieder anfing zu reden.
    Â»Wir haben uns nicht so große Gedanken um Verhütung gemacht. Harms nicht, weil ihn solche Details grundsätzlich nicht interessierten, ich nicht, weil ich zu unbedarft war. Und als klar war, dass ich schwanger bin, da habe ich mich einfach nur gefreut. Denn so sollte es doch sein: ein Mann, eine Frau, die große Liebe, und dann bekommen sie Kinder. Für mich war das perfekt.«
    Â»Hast du nie gemerkt, dass Papa dich betrogen hat?« Falk tastete sich vorsichtig heran. Die Frage hatte er sich immer schon gestellt. Sein Vater war so offensichtlich ein mit allen Wassern gewaschenes Schlitzohr, dass man ihm eigentlich nicht auf den Leim gehen konnte, wenn man noch ein bisschen gesunden Menschenverstand hatte.
    Grit schüttelte bekümmert den Kopf. »Sicher hätte ich es merken können . Aber ich wollte nicht. Ich habe die Augen davor verschlossen. Bis es eben nicht mehr ging.«
    Â»Bereust du das?«
    Grit sah Falk überrascht an, und der beeilte sich, seine Frage zu konkretisieren.
    Â»Ich meine, tut es dir eigentlich leid, dass du so naiv warst? Dass du Harms nicht besser geprüft hast. Du weißt schon, was ich meine.«
    Â»Du meinst, ob ich Ginas Zögern deshalb besser verstehe als du?«
    Falk zuckte mit den Schultern. Tatsächlich hatte er gedacht, dass die Erzählung seiner Mutter darauf hinauslaufen sollte. So nach dem Motto »Drum prüfe, wer sich ewig bindet«.
    Grit aber schüttelte den Kopf, hakte sich wieder bei Falk unter und zog ihn eng an sich.
    Â»Niemals, Falk. Nie in meinem ganzen Leben habe ich das bereut. Denn sonst hätte ich dich nicht.«
    Ihre Stimme klang so echt und aufrichtig, dass Falk ganz warm ums Herz wurde. Er erkannte, wie eng die Beziehung zu seiner Mutter war und wie gut sie sich verstanden. Viele seiner Freunde hatten es weniger gut getroffen mit ihren Eltern.
    Â»Aber«, seufzte Grit, »trotzdem ist mir die Geschichte mit deinem Vater lange nachgegangen. Er hat meinem Herzen schlimme Wunden zugefügt. Manchmal denke ich, einige davon sind erst jetzt verheilt. Nach fast dreißig Jahren.«
    Â»Jetzt, seit du mit Piet zusammen bist?«, fragte Falk vorsichtig nach.
    Ein Strahlen überzog Grits Gesicht, und sie sah plötzlich ganz jung aus. Entspannt und glücklich. »Ja«, gab sie zu, »das ist etwas ganz Schönes. Und Kostbares. Ich bin zum ersten Mal nach so langer Zeit wieder richtig verliebt.«
    Falk drückte jetzt den Arm seiner Mutter, und mit der Freude über ihr Glück schämte er sich gleichzeitig dafür, dass er Piet so skeptisch beurteilt hatte.
    Sie standen nun am Fuß des Leuchtturms und sahen in einem Kilometer Entfernung die Dreharbeiten am Strand. Das Areal war weiträumig abgesperrt, aber die Ausbauten, die Unterstände für die Schauspieler, Kostüm und Maske und das Equipment, dehnten sich bis in die Dünen aus. Überall standen riesige helle Scheinwerfer, die aus dem Drehort ein Stadion im Flutlicht machten. Im Wasser standen Helfer in Neoprenanzügen, die an starken Tauen die Boote mit den als Soldaten kostümierten Komparsen festhielten. Ein Mensch mit Flüstertüte, vielleicht Bertie, brüllte etwas, eine Frau schlug die Klappe, und dann tauchten die Helfer in den Neoprenanzügen ab. Die Männer in den Booten paddelten eifrig an den Strand. Sobald sie im kniehohen Wasser waren, sprangen die Bootsbesatzungen hinein und versuchten, mit ihren schweren Rucksäcken und Waffen durch das Wasser an den Strand zu waten.

Weitere Kostenlose Bücher