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Mutter bei die Fische

Mutter bei die Fische

Titel: Mutter bei die Fische Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Matisek
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Trübsal blasen mögen. Und an Harms denken, der Lungenkrebs hatte und bald sterben würde. Falk spürte, dass er plötzlich unendliches Mitleid mit seinem Vater hatte.
    Piet reichte ihm ein Glas Chardonnay, an dem sich kleine Wassertröpfchen gebildet hatten, so kalt war die goldschimmernde Flüssigkeit im Glas.
    Â»Auf euch beide!«, sagte Falk spontan und erntete einen überraschten Blick seiner Mutter.
    Â»Gerne«, prostete Piet ihm zu und küsste Grit in den Nacken, bevor er sich weiter in seiner Küchenzeile zu schaffen machte.
    Grit nippte nur an ihrem Wein, dann setzte sie sich mit Falk an den großen Holztisch.
    Â»Woher weißt du das mit dem Lungenkrebs?«, erkundigte sich Falk bang. »Hat er dir das erzählt?«
    Â»Musste er nicht«, gab Grit zurück. »Die Anzeichen sind eindeutig. Die fahle Gesichtshaut, das krampfhafte Husten, aber vor allem: Er raucht nicht mehr.«
    Falk stutzte. Dass ihm das nicht aufgefallen war! Natürlich! Harms war ein notorischer Kettenraucher. Und hier hatte er noch nicht ein Mal zum Glimmstängel gegriffen. Grit hatte recht, das war ein ziemlich sicheres Indiz für die Diagnose.
    Â»Der lässt doch nicht freiwillig von seinen Kippen ab!«, bemerkte Grit finster. »Da muss schon was Schlimmes sein. Eine Krankheit zum Beispiel.«
    Â»Aber sicher wissen wir es nicht«, versuchte Falk sich zu beruhigen.
    Â»Nein«, meinte seine Mutter. »Aber dazu dieses sentimentale Gelaber, ich glaube, du hast schon recht. Ich meine, er hat jetzt zwanzig Jahre in den USA gelebt, Wahnsinnserfolg mit seinen Büchern gehabt und ein prima Leben ohne uns geführt. Warum zum Teufel sollte er plötzlich hierherkommen?«
    Nun war der Zeitpunkt gekommen, zu dem Falk seinerseits mit einer bitteren Neuigkeit aufwarten musste. Gequält sah er Grit an.
    Â»Weil er pleite ist«, rückte er heraus.
    Prompt verschluckte sich Grit an einem Schluck Weißwein.
    Falk klopfte ihr fürsorglich auf den Rücken.
    Als Grit wieder Luft bekam, sah sie ihren Sohn entsetzt an. »Was?!«
    Falk erzählte, dass er am Vormittag mit Harms’ Anwalt telefoniert hatte, der seinen Klienten gesucht und irgendwann Falk ausfindig gemacht hatte. Maximilian Newbay hatte Falk natürlich nicht in die Details eingeweiht, ihm aber berichtet, dass Harms von der Steuerbehörde gesucht werde. Er hatte illegal das Land verlassen, obwohl ein Verfahren wegen Steuerhinterziehung gegen ihn eröffnet worden war. Der Anwalt hatte Falk inständig gebeten, auf seinen Vater einzuwirken, dass dieser sich stellen möge.
    Â»Und das alles hat sehr danach geklungen, dass Harms pleite ist«, schloss Falk seinen deprimierenden Bericht.
    Nun hatte sich auch Piet zu ihnen an den Tisch gesellt. »Darf ich mal zusammenfassen?«, fragte er, rein rhetorisch natürlich. »Harms Thomsen ist vermutlich todkrank, hat Krebs und kein Geld mehr. Dazu wird er von der amerikanischen Steuerfahndung gesucht. Er hat also nichts und niemanden mehr, bis auf …«
    Grit und Falk sahen sich an und sagten wie aus einem Mund: »… uns.«

18.
    Die wunderbaren Muscheln in Weißweinsud halfen nicht über die verzweifelte Stimmung des Abends hinweg. Grit und Falk deklinierten alles durch, aber zum Schluss blieb keine andere Perspektive: Sie mussten sich Harms’ annehmen. Obwohl gerade Grit sich in keiner Weise dem Mann gegenüber verpflichtet fühlte, der sie vor Jahren belogen, betrogen und sitzengelassen hatte. Der ihr die schlimmste Verletzung ihres Lebens zugefügt hatte. Aber andererseits war es ihr, der Krankenschwester mit dem weichen Herzen, auch nicht möglich, die Insel zu verlassen, nach Hamburg zu fahren und Falk mit dem Problem alleinzulassen.
    Falk wiederum hätte Harms am liebsten dorthin geschickt, wo er herkam, auf dem schnellsten Weg zurück nach Manhattan, ohne Rücknahmemöglichkeit. Die Tatsache, dass die Steuerbehörde dort auf den Schriftsteller wartete, ließ ihn, ebenso wie Grit, völlig kalt. Harms sollte für Steuerhinterziehung ruhig die Strafe bekommen, die er verdiente. Aber die Aussicht, dass Harms, todkrank und mittellos, von keinem Gesundheitssystem in Amerika aufgefangen werden würde, sondern vermutlich nur die Wahl hatte, in einer Obdachlosenunterkunft dem Tod entgegenzudämmern, machte beiden Angst. Das konnten sie Harms nicht zumuten. Weitere Verwandte, zu denen man ihn

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