Mutter bei die Fische
Initiative. »Dann lese ich dir jetzt mal die Leviten. Das ist seit fünfundzwanzig Jahren überfällig.« Sie sah Falk an. »Und du verschwindest zur Arbeit. Ich geh mit deinem Vater einen Kaffee trinken. Wir beide telefonieren später.«
Falk nickte und trabte gehorsam in Richtung Kurverwaltung ab, noch bevor Harms ihn auf die lila Nase ansprechen konnte. Er sah noch, wie Grit Harms am Ãrmel in das nächstbeste Café zerrte, wo trotz der frühen Uhrzeit schon die ersten Tische belegt waren.
Als Falk die Kurverwaltung betrat, machte auch Biggi groÃe Augen.
»Ich wollte dir eigentlich brandheià von der Schlägerei bei Ole erzählen â aber wie es scheint, ist das nicht nötig«, bemerkte sie spitz und schob ihm ein Plastikdöschen mit von Speck ummantelten Pflaumen hin.
»Tapas?«, Falk nahm sich aus Höflichkeit eine Speckpflaume. Sie schmeckte köstlich, und er lobte Biggi überschwänglich.
Biggi lächelte verkniffen.
»Ist was?« Falk stoppte auf dem Weg in sein Büro.
Biggi hackte in die Tastatur, als sei der Teufel hinter ihr her. Sie hatte den Kopf gesenkt und vermied es, Falk anzusehen.
»Jetzt komm.« Falk ging wieder zu ihrem Schreibtisch, nahm sich noch eine weitere Pflaume, quasi als vertrauensbildende MaÃnahme. »Du hast doch was.«
Biggi senkte den Kopf noch tiefer und schniefte. Dann flüsterte sie: »Da ist ein Bewerber drin.« Und zeigte mit dem Kopf auf die geschlossene Bürotür des Bürgermeisters.
»Für meine Stelle? Also, Maritas Stelle?«
Biggi nickte.
Falk war hocherfreut. »Das ist doch super! Mann oder Frau?«, erkundigte er sich neugierig.
»Ein Typ«, Biggi blickte jetzt hoch, »ganz jung.«
Irgendetwas stimmte nicht mit ihr. Es schien, als ärgerte sie sich. Dabei quoll ihr Schreibtisch über, weil sie die halbe Stelle von Marita mit erfüllte und einen GroÃteil des Papierkrams übernahm.
Falk musterte Biggi. Sie war um die fünfzig. Laut Jörn arbeitete sie seit dreiÃig Jahren in der Kurverwaltung, und bei ihr liefen alle Fäden zusammen. Was Biggi nicht wusste, wusste auch niemand anders. Sie war die unangefochtene Vorzimmerqueen.
»Dir wäre es lieber, Marita kommt zurück, oder?«
Biggi nickte. »Wir haben so lange zusammengearbeitet ⦠Da ist man eben eingespielt. Aber daraus wird wohl nichts mehr.« Biggi sah ein bisschen schuldbewusst drein.
»Auf mich warst du ja auch nicht gerade gut zu sprechen«, erinnerte sich Falk und provozierte sie damit absichtlich.
Biggi setzte einen gequälten Gesichtsausdruck auf. »Hm. Ja. Das tut mir auch leid. Ich dachte halt, du kommst hier an, als Freund von Jörn, und ⦠und â¦Â«
»Krempel alles um? Bring den Laden auf Vordermann? Hast du davor Angst?«
Biggi lächelte. »Na ja, du musst das verstehen. Hier ist sonst niemand, der mir Konkurrenz macht. Norbert, ich meine, also wirklich.« Sie rang sich ein spöttisches Lachen ab.
»WeiÃt du was, Biggi? Du hast es selbst in der Hand. Lass dir von niemandem das Wasser abgraben. Aber das geht nur, wenn du andere nicht ausbremst. Vielleicht kommt einer, ein Neuer, Junger, der geile Ideen hat. So what? Ist doch super! Einfach mitmachen, drauf einlassen â und sehen, was da kommt.« Mit diesen Worten stand Falk auf und stopfte sich die letzte Speckpflaume in den Mund. »Und in Sachen Fressalien schlägt dich sowieso niemand.«
Damit betrat er sein Büro, und Biggi schaute ihm hinterher â unentschieden, ob sie wegen der kleinen Standpauke schmollen oder sich über das nachgeschobene Kompliment freuen sollte.
Kurz bevor Falk die Tür hinter sich schlieÃen konnte, rief sie ihm aber noch hinterher.
»Ach, Falk, beinahe hätte ich es vergessen! Da hat jemand angerufen und nach dir gefragt.«
Biggi kramte einen Post-it-Zettel hervor und brachte ihn Falk.
»Aus Manhattan«, sagte sie bedeutungsvoll.
Falk blickte überrascht auf den Zettel. »Maximilian Newbay von Newbay & Newbay. Lojers«, hatte Biggi darauf notiert. Und eine lange Telefonnummer.
»Lojers?« Fragend blickte Falk Biggi an. »Was heiÃt das?«
Biggi kniff die Lippen zusammen. »Ãh, also ehrlich, keine Ahnung. Der hat so schnell geredet.«
Falk murmelte das Wort mehrmals vor sich hin, dann ging ihm ein Licht auf. »Kann es sein, dass er âºLawyersâ¹ gesagt
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