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Mutter bei die Fische

Mutter bei die Fische

Titel: Mutter bei die Fische Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Matisek
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verlassen, als er drüben seinen Vater erblickte, die Treppe der Apotheke mühsam erklimmend. Für seine Anfang sechzig sah Harms wirklich schlecht aus, dachte Falk. Harms blieb vor der Tür der Apotheke stehen und hustete in ein Taschentuch, erst dann betrat er das Geschäft.
    Â»Er sieht schrecklich aus.«
    Falk fuhr zusammen und blickte nach links, von wo die Stimme seiner Mutter gekommen war. Grit stand neben ihm, er hatte sie nicht bemerkt, weil er Harms im Visier gehabt hatte. Auch sie blickte zur Apotheke hinüber, in der der Schriftsteller soeben verschwunden war.
    Â»Was macht die Nase?« Grit schaute nun zu Falk und machte Anstalten, die Aubergine in seiner Gesichtsmitte zu betasten, aber er wehrte das ab.
    Â»Mama, bitte.« Falk war es ohnehin schon peinlich, von allen wegen des zugerichteten Zinkens angestarrt zu werden, und dass seine Mutter daran in der Öffentlichkeit herumknetete, würde es nicht besser machen.
    Grit lachte. »Schon gut. Ich beiße nicht. Sieht aber bereits besser aus. Du wirst sehen, in zwei bis drei Wochen ist das weg.«
    Falk stöhnte. Zwei bis drei Wochen! So groß konnte kein Pflaster sein, um die Schmach vollständig zu verdecken. Er würde sich also noch lange zum Horst machen müssen.
    Nun kam Harms wieder aus der Apotheke, mit einer Tüte in der Hand. Falk und Grit beobachteten ihn beide. Er ging langsam die Treppe hinunter und versuchte dabei, in die Tüte zu gucken, die er in einer Hand hielt. Dabei stolperte er und fiel fast die Stufen hinunter. Grit sog scharf die Luft ein, und Falk hatte den Impuls, sofort über die Straße zu hechten und Harms zu halten. Aber dieser konnte sich gerade noch fangen und am Geländer festhalten. Erschöpft setzte er sich auf die unterste Treppenstufe.
    Falk und Grit sahen sich besorgt an.
    Â»Was ist denn mit dem los?« Grit runzelte die Stirn.
    Falk beschloss, mit seiner Mutter Tacheles zu reden. Sie war schließlich Krankenschwester und in diesen Dingen recht pragmatisch. »Ehrlich gesagt, Mama, ich glaube, es geht ihm nicht besonders.«
    Â»Das ist ja wohl offensichtlich«, entgegnete Grit scharf. »Er sieht aus wie ein alter Tattergreis. Dass ich den mal so angehimmelt habe!«
    Falk musste lächeln, wurde aber sofort wieder ernst. »Ich wüsste nicht, was er sonst hier wollte. Das ganze Gequatsche, von wegen aussöhnen und so. Das würde ihm doch normalerweise gar nicht in den Sinn kommen.«
    Grit pflichtete ihm bei. »Harms ist wirklich nicht sentimental. Nie gewesen. Es wäre komisch, wenn er das jetzt plötzlich entdeckt.« Sie blickte immer noch zu Harms hinüber, der sie bislang nicht bemerkt hatte. »Es sei denn …«
    Falk beendete den Satz: »… er sieht dem Tod ins Gesicht.«
    Sie sahen sich an. Und waren einer Meinung.
    Â»Das hat mir gerade noch gefehlt!«, schimpfte Grit. »Warum muss der alte Sack hier auftauchen …«
    Â»Mama.« Falk versuchte, Grit zu beschwichtigen, doch die wurde jetzt richtig laut.
    Â»Das ist der Fluch meines Lebens! Ich habe endlich mal richtig Urlaub, zum ersten Mal, seit ich denken kann!« Sie blickte giftig auf die andere Seite, wo Harms nun aufmerksam auf die Szene geworden war und zu ihnen herüberguckte. Falk winkte, und Harms zog sich am Geländer hoch.
    Â»Und damit nicht genug!« Grit fuchtelte aufgebracht mit einer Hand vor Falks Gesicht herum, als sei er die Ursache allen Übels. »Ich lerne einen richtig tollen Mann kennen. Und ich will nichts anderes als vier schöne Wochen mit ihm verbringen. Vier! Ist denn das zu viel verlangt?«
    Falk beobachtete, wie Harms mit seiner Tüte in der Hand die Straße überquerte und auf sie zukam. Auch Grit sah das, was ihren Furor aber keine Sekunde lang dämpfte.
    Â»Und dann taucht nach fünfundzwanzig Jahren in der Versenkung der alte Trottel ausgerechnet hier auf?« Grit zeigte nun direkt auf Harms, der bei ihnen zu stehen gekommen war und grinste. Falk schwieg betreten, Grit pustete sich ärgerlich ihre roten Strähnchen aus dem Gesicht, und Harms sagte freudestrahlend: »Das ist sie, meine Gritti. Ganz wie früher.«
    Grit starrte ihn nur an und schüttelte den Kopf. »Spar dir dieses ›Gritti‹. Das war mal.«
    Harms tat, als sei er mächtig beeindruckt, aber das Lächeln wich nicht von seinem Gesicht.
    Â»So, mein Lieber«, Grit übernahm resolut die

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