Mutter bei die Fische
Für dich gibtâs auch noch einen Platz.«
Harms Thomsen drehte sich um und schüttelte matt den Kopf.
»Und wenn du dich noch lange bitten lässt«, schickte Grit ärgerlich hinterher, »rede ich nie wieder ein Wort mit dir.«
Damit drehte sie sich zum Eingang der »Auster«, fasste die Hand ihres Piraten und raunte ihm zu: »Was mir sowieso das Liebste wäre.«
Piet lächelte sie aufmunternd an, küsste sie und meinte, dass es für ihn völlig okay wäre, Harms auch noch einzuladen.
»Du bist zu gut für diese Welt«, seufzte Grit, und dann betraten sie alle zusammen als bunte Patchworkfamilie das Restaurant.
Piet hatte selbstverständlich den schönsten Platz reservieren lassen: in einer hinteren Ecke zwischen zwei Butzenscheiben mit Blick in den Garten. Direkt über dem Tisch hing das groÃe Modell einer Viermastbark, und aus der Ecke ragte eine alte Galionsfigur. Harms bekam einen Extrastuhl hingestellt und gab sich ruhig und bescheiden. Er »wolle ja niemandem auf den Wecker fallen«, postulierte er, was Grit und Falk zu einem kurzen skeptischen Blickwechsel veranlasste. Falk verfluchte sich, dass er im Lauf der Woche nicht stärker hinterher gewesen war, das klärende Gespräch mit seinem Vater zu suchen, dann hätten er und Grit jetzt wenigstens gewusst, woran sie waren. So lag das Problem, wie sie mit Harms umgehen sollten, noch immer in der Luft.
Piet bestellte eine Runde Champagner für alle und lieà seine Grit hochleben. Er wünschte ihr alles Glück der Erde und dass es ihm vergönnt sein möge, wenigstens die nächsten fünfzig Jahre mit ihr zu verbringen, wenn er schon die ersten verpasst hatte. Grit war zu Tränen gerührt. AnschlieÃend öffnete sie Piets Geschenk â es war ein sehr geschmackvoller Bergkristallanhänger in Tropfenform an einer langen Silberkette, die Grit sofort anlegte. Der Schmuck stand ihr zauberhaft.
Dann war Falk mit seinem Geschenk an der Reihe. Er schob ein Glas Heidehonig über den Tisch, versehen mit einer lila Schleife und einer kleinen daran befestigten Karte. Grit nahm verwundert den Honig in die Hand, und Gina bedachte Falk mit einem strengen Blick nach dem Motto: Ist das alles?
Falk grinste nur.
Als Grit das Kärtchen gelesen hatte, fiel sie ihrem Sohn über den Tisch hinweg um den Hals. »Herrlich! Das ist fast das schönste Geschenk, das du mir jemals gemacht hast«, strahlte sie und küsste ihn. Dann hielt sie das Glas Honig in die Runde und verkündete stolz: »Ich habe eine Patenschaft für einen Bienenstock bei Paulsen bekommen! Für die nächsten zehn Jahre. Einmal jährlich gibtâs ein Pfund Honig gratis.«
Falk war glücklich, dass er mit dem Geschenk einen Punkttreffer gelandet hatte. Er war ratlos gewesen, was er Grit schenken sollte, aber heute Morgen beim Frühstück war ihm die zündende Idee gekommen. Denn er wusste, dass Grit seine Leidenschaft für den köstlichen Honig des Inselimkers teilte. Paulsen war einigermaÃen überrascht gewesen, als Falk ihm die Idee mit der Patenschaft unterbreitet hatte, hatte sich aber schnell überzeugen lassen.
Der findige Piet glaubte sofort, dass sich mit dieser Idee bei den Touristen gutes Geld machen lieÃ, schlieÃlich kamen manche Stammgäste bereits seit zwanzig oder dreiÃig, manche sogar seit vierzig Jahren nach Heisterhoog. Er bedauerte, dass wohl niemand eine Bratfisch-Patenschaft übernehmen würde.
Piet hatte bei Stefan, dem Koch der »Auster«, ein Ãberraschungsmenü für den Abend bestellt â eigentlich für drei Leute, aber Stefan hatte kurzerhand erklärt, dass er die Herausforderung annehmen und seine Leckereien für fünf Personen zubereiten würde.
Es waren insgesamt fünf köstliche Gänge. Vorneweg gab es für jeden zwei Sylter Royal-Austern, dazu kleine Schwarzbrotscheiben und Meersalzbutter. Danach folgte eine Tasse duftende Friesische Bouillabaisse mit hausgebackenem Roggenröstbrot, das mit Knoblauchrouille bestrichen war. Der Fischgang bestand aus knusprig gebratenen Schollenfilets mit frischen Krabben auf einem Bett aus in Hummerbutter geschmortem Sauerkraut. Als Hauptgang stellte Stefan einen butterzarten Lammrollbraten auf den Tisch, in Milch und Kräutern sanft geschmort. Als Beilage reichte er Ratatouille und Kartoffelgratin, dazu einfachen grünen Salat mit frischen Kräutern
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