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Mutter bei die Fische

Mutter bei die Fische

Titel: Mutter bei die Fische Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Matisek
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Harms das öffentliche Outing peinlich.
    Â»Ich bin eingeladen«, murmelte er und zeigte verstohlen auf Piet.
    Â»Na, dann ist ja gut«, lachte Franziska laut mit ihrer Reibeisenstimme und zog wieder heftig an Harms’ Ohr. »Aber der Tag der Abrechnung kommt noch, mein Süßer, was, Robert?« Damit drehte sie sich zu ihrem Gatten um und zwinkerte ihm zu. Der Angesprochene lächelte und legte Harms eine Pranke auf die Schulter. Eine Geste, die mögliche Rückschlüsse darauf zuließ, dass der ewig lächelnde Robert mit Zechprellern keinen Spaß kannte.
    Harms schrumpfte um ein paar Zentimeter. Ihm war anzusehen, dass er diese Begegnung äußerst unangenehm fand. Franziska aber machte keine Anstalten, das Lokal zu verlassen. Stattdessen wedelte sie mit ihrer Schachtel Eve-Zigaretten in der Luft herum und gab eine weitere Anekdote über Harms preis, die weniger schmeichelhaft war als das, was er selber den Abend lang von sich erzählt hatte.
    Â»Da steht der Vogel eines Tages bei mir aufm Platz und will ein Bett. ›Ich hab kein Bett‹, sag ich, ›das musst du schon selber mitbringen.‹« Herzhaftes Lachen von Franzi, Hustenanfall von Harms. »Und da stellt sich raus, kommt der Vogel hier nur mit seinem Rollkoffer an! Hat nix. Kein Zelt, keine Isomatte, keinen Schlafsack. Ich sage: ›Wat bist du denn für einer?‹ Sagt der zu mir: ›Ich bin ein weltbekannter Schriftsteller aus New York!‹«
    Franziska wollte sich ausschütten vor Lachen, während Harms peinlich berührt unter sich starrte. Falk und Grit machte die Erzählung aber durchaus Freude. Die Art, wie Franziska den großen Harms Thomsen so gar nicht ernst nahm, stutzte ihn auf ein erträgliches Maß.
    Â»Aber«, fuhr Franzi fort, »ich hab ja ein Herz für schräge Typen. Ich also zu Robert: ›Hol mal aus dem Fundus ’ne Ausstattung, ja?‹ Ich hab ja alles da – wat die Leute vergessen, dat glaubste nich – und den erst ma versorgt hier.«
    Sie zog erneut an Harms’ Ohr, aber dieses Mal schüttelte er den Kopf, so dass sie von ihm abließ.
    Â»Und jetzt kommt er immer mal auf einen Kaffee bei mir vorbei und erzählt mir seine Geschichtchen. Die sind nicht schlecht, sag ich euch, nicht schlecht.«
    Harms lächelte gequält.
    Â»Na, wir wollen euch nicht länger aufhalten«, schloss Franziska ihre Einlage und zu Harms’ großer Erleichterung verließ sie mit Robert im Schlepptau das Lokal.
    Harms atmete erleichtert auf.
    Zunächst sagte keiner etwas, alle blickten Harms an, als warteten sie auf eine Erklärung des soeben Gehörten. Aber da kam nichts. Harms widmete sich schnell seinem Teller.
    Es war Grit, die sich als Erste äußerte.
    Â»Das geht gar nicht, Harms«, sagte sie streng. »Es geht mich im Grunde genommen nichts an, aber in deinem Zustand solltest du nicht draußen übernachten. Über Tage hinweg!«
    Harms nickte, sah Grit ganz kurz schuldbewusst an und hustete dann ein bisschen. »Ich weiß, so geht der verdammte Husten nie weg«, gab er zu. »Es ist verdammt kalt nachts.«
    Grit legte erbost ihr Besteck zur Seite. »Ich weiß nicht, wie schlimm es schon ist, aber auch mit Lungenkrebs muss man nicht sehenden Auges Selbstmord begehen!« Grits Stimme zitterte, man merkte ihr an, dass die Sorge um Harms’ Gesundheit sie so wütend werden ließ. Da sprach die Krankenschwester mit einem ungezogenen Patienten. »Das ist alles andere als gut für dich! Krebs hin oder her! Dein Körper ist geschwächt, Kälte und Feuchtigkeit, das bringt dich dem Tod näher als ohnehin schon!« Grit war so aufgelöst, dass Piet beruhigend ihre Hand nahm.
    Harms dagegen blickte Grit völlig baff an. »Lungenkrebs? Wieso Lungenkrebs?«
    Nun fühlte sich Falk bemüßigt einzugreifen. »Du musst uns nichts vormachen, Papa. Wir wissen Bescheid.«
    Harms blickte Falk verdattert an. »Ich weiß nicht, wovon ihr redet. Ich hab eine Bronchitis. Das ist alles. Verschleppt. Seit ich aufgehört habe zu rauchen.«
    Falk und Grit blickten sich verunsichert an. »Du hast keinen Krebs?«
    Harms schüttelte den Kopf und sah dabei äußerst glaubhaft aus. Er schien tatsächlich völlig überrascht davon zu sein, dass die anderen dachten, er hätte Lungenkrebs.
    Â»Aber …«, Falks Gehirn konnte sich noch nicht so schnell auf

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