Mutter der Monster
zum ersten Mal mit zum Schlittschuhlaufen genommen hatte.
Etwas, das er schon lange nicht mehr tat, ganz gleich, wie sehr ihr Herz sich auch danach sehnen mochte. Aber andererseits hatte sie ihrem Vater auch schon lange nicht mehr gesagt, was sie sich tief im Herzen wünschte.
Denn jetzt war die kleine Buffy Summers erwachsen. Ihre Eltern waren geschieden. Ihr Vater war weit weg. Jetzt schickte er ihr eine Karte mit einem Scheck zum Geburtstag. Wenn er sich überhaupt daran erinnerte.
Und ihre Mom, die stets zu ihr gehalten hatte, ganz gleich, was passiert war, ihre Mom steckte jetzt in großen Schwierigkeiten. Weil das Kind auf diesem Foto herangewachsen und die Jägerin geworden war, die Auserwählte. Eine Sache, bei der sie absolut keine Wahl gehabt hatte.
Und ihre Mutter auch nicht, erkannte Buffy plötzlich.
Sie hatte es lange vor ihrer Mutter geheim gehalten, dass sie die Jägerin war. Aus vielen Gründen. War dies einer davon gewesen? Hatte Buffy instinktiv gewusst, dass sich Joyce zwar erschrecken, sie aber niemals im Stich lassen würde? Dass sie zu ihrer Tochter halten, ihr immer zur Seite stehen würde, ganz gleich, was geschah?
Buffys Freunde hatten sich bewusst dazu entschlossen, Teil ihrer Welt als Jägerin zu sein. Sicher, sie wäre verletzt gewesen, wenn sie sich entschieden hätten, ihr den Rücken zuzukehren und fortzugehen. Aber sie hätte es verstanden, ohne ihnen Vorwürfe zu machen.
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Die Welt war ein angenehmerer, ein einfacherer Ort, wenn man nicht wusste, was Buffy wusste. Wenn man sich nicht der Tatsache stellen musste, dass sie nicht immer sicher war.
Joyce Summers hatte nie eine andere Wahl gehabt, als sich den Tatsachen zu stellen. Joyce war an Buffy gebunden, weil sie Joyce war: die Mutter der Jägerin, nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Buffy trat in die Mitte des Wohnzimmers und betrachtete sich in dem Spiegel über dem Kamin. War das kleine Mädchen, jenes, dessen Andenken ihre Mutter so liebevoll bewahrte, noch immer irgendwo in ihr?
Vielleicht diente das Fotoalbum im Grunde nur dazu, sie daran zu erinnern, dass es so war. Vielleicht hatte ihre Mutter mehr verstanden, als Buffy ihr zutraute oder wahrhaben wollte.
Vielleicht verstand sie, was für ein Gefühl es war, an seiner Vergangenheit zu zweifeln, weil einem eine Zukunft winkte, um die man nicht gebeten hatte und über die man keine Kontrolle hatte. Eine Zukunft als Auserwählte.
Und jetzt war auch ihre Mutter auserwählt worden. Als ein Werkzeug der Vergeltung, der Rache, eine Möglichkeit, Buffy zu schaden. Und es gab nur eins, das Buffy dagegen tun konnte. Nicht versagen. Das Fotoalbum, das hinter ihr auf der Couch lag, war der sprechende Beweis, dass ihre Mutter ihr vertraute. Dass ihre Mutter sie liebte.
Jetzt war Buffy an der Reihe, ihre Liebe zu beweisen. Und zu bestätigen, dass das Vertrauen ihrer Mutter berechtigt war.
Sie wollte sich gerade abwenden, von neuer Entschlossenheit erfüllt, als ihre Augen auf etwas fielen, das auf dem Kaminsims lag. Die Schachtel Streichhölzer, die ihre Mutter immer bereithielt, um bei besonderen Anlässen Kerzen anzuzünden.
Eine Reihe von Bildern erschienen blitzschnell vor Buffys innerem Auge.
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Ihre Mutter, wie sie an Thanksgiving, an Geburtstagen oder aber aus keinem besonderen Grund Kerzen anzündete. Aus keinem anderen Grund als dem, es sich gemütlich zu machen.
Es mir gemütlich zu machen, dachte Buffy.
Sie machte zwei schnelle Schritte, nahm die Streichholzschachtel vom Kaminsims und steckte sie in ihre Jackentasche. Nemesis hat etwas vergessen, dachte sie.
Etwas, das selbst Buffy fast vergessen hatte. Etwas, an das sie sich vielleicht nicht erinnert hätte, wenn es nicht um ihre Mom gegangen wäre.
Eine Jägerin musste keine Waffen mitbringen. Denn die beste Waffe einer Jägerin war immer sie selbst.
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Für wen hält sich Buffy Summers eigentlich?, fragte sich Suz Tompkins.
Sie kauerte in den Büschen auf der anderen Seite der Straße und beobachtete, wie Buffy das Haus verließ. Verfolgte, wie sie mit schnellen Schritten über den Bürgersteig ging, nicht in Eile, aber zielstrebig.
Im Lichtschein einer Straßenlaterne konnte Suz sogar den Ausdruck auf Buffys Gesicht sehen. Entschlossen. Grimmig.
Sie geht, als wüsste sie genau, wohin sie will.
Nun, soweit es Suz betraf, war das völlig in Ordnung. Denn Buffy war nicht die Einzige, die wusste, wohin sie wollte. Suz wusste es auch.
Sie würde genau dorthin gehen, wo auch Buffy
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