Mutter des Monats
an der Somme. Legten die auch mal eine Pause ein? Wurden die armen Büsche an der Mead Avenue auch mal nicht beschnitten? Einatmen und aus-aus-aus-ausatmen.
Links konnte sie schon Melissas Haus sehen. Das klang nach Melissas Heckenschere, schon wieder. Gerade als Rachel der Biegung der Straße folgte, fiel der letzte Abschnitt der Zypressenhecke vor Melissas Garten. Der Lärm verstummte. Das hübsche Haus wurde jetzt nicht mehr verdeckt. Sharon und Jasmine standen mit Ohrenschützern davor und fuchtelten mit ihren verdammten Gartengeräten herum.
»Hi, Rachel«, rief die eine.
»Gärtnerinnen in Aktion«, flötete die andere.
»Trainierst du für den Mütterlauf?«
»Gott, nein!«, keuchte Rachel, während sie auf der Stelle joggte. »Ich bewege mich nur einen bisschen!« Sie ging doch nie laufen. »Ganz normaler Dauerlauf.« Seit Jahren schon nicht mehr. »Natürlich trainiere ich nicht.«
Melissa spazierte über den Rasen. »Wow! Das ist viel besser!«, rief sie begeistert. »Danke, Mädels! Endlich! Jetzt habe ich wirklich das Gefühl, zur Nachbarschaft zu gehören.«
»Sehr gern geschehen«, sagte die eine.
»War uns ein Vergnügen«, schleimte die andere.
Beide legten ihre Gerätschaften nieder und streiften die Handschuhe ab.
»Und was …?«
»… können wir jetzt für dich tun?«
»Nett von euch.« Melissa schob die Hände in die Hosentaschen. »Jetzt hätte ich gern einen Kaffee.«
10 Uhr: Versammlung
Georgina stand an ihrem Stammplatz auf der anderen Seite des grünen Zauns und schob Hamish sanft in seinem Buggy hin und her. Den Schulhof hatte sie bestens im Blick, genau wie die Gebäude, in denen sich jetzt die Bibliothek befand. Also könnte sie alles Weitere von hier aus verfolgen. Die Kinder wurden von den Lehrern aus dem Schulhaus geführt, alle trugen schon die roten Shorts, weiße Rollkragenpullover, Turnschuhe und Kappen. Sie waren schon so aufgeregt wegen des Sportfestes, dass ihr schleierhaft war, wie sie die Versammlung mit allen Müttern und Vätern, Schulbeiräten, Reverend Debbie und dem Bürgermeister durchstehen sollten. Aber um Tom Orchards willen hoffte sie, dass es gelingen möge.
»Nicht beim Rauchen, aber trotzdem am üblichen Raucherplatz?«, ertönte eine Stimme neben ihr.
»Hä? Ach, du schon wieder.« Georgina war so tief in Gedanken gewesen, dass sie Melissa nicht hatte kommen hören. »Ja, ich warte hier. Das hat bestimmt was zu bedeuten. Hat es was mit meiner Mutter zu tun? Und dem Töpfchen? So was in der Art, oder?« Warum benahm sie sich nur so albern? Sie hatte mit zwanzig eine Therapie begonnen, die fast zehn Jahre gedauert hatte. »Aber eigentlich bin ich nur hier, weil Hamish sein Nickerchen halten muss.«
Die Zeremonie würde gleich anfangen. Mr Orchard trat ans Mikrofon. Georgina wartete darauf, dass Melissa sich verziehen und zu den anderen gesellen würde. Vergeblich.
»Hmmm. Ich kenne Hamish und seine Schlafgewohnheiten. Der wacht so schnell nicht auf.«
Die Reden hatten begonnen. Aber Melissa rührte sich immer noch nicht vom Fleck.
»So eine freundliche Schule«, murmelte sie mit Blick auf die Redner. »Eine große, glückliche Familie.«
Georgina schnaubte.
Melissa ließ sich nicht beirren. »So nette Leute.«
»Ja, okay!« Georgina gab sich geschlagen. »Jeder für sich ist ganz in Ordnung. Die meisten jedenfalls. Mit ein paar Ausnahmen.«
»Nicht alle?« Das war Melissas sanfte Stimme, mit der sie laut nachdachte.
»Nein, aber in kleinen Gruppen geht es. Kleine Zellen. Aufgeteilt. Untergruppen. Perfekt.«
»Nicht alle zusammen?«, murmelte sie. »Die ganze Gemeinschaft?«
»Alle zusammen?« Georginas Fassade bekam erste Risse. »Alle zusammen? So, von außen betrachtet? Die ganze wimmelnde Menge? Jesses, nee! Die machen einem ja Angst!«
»Vielleicht solltest du einen anderen Standpunkt einnehmen. Betrachte sie doch einfach aus der Innensicht.« Und bevor Georgina noch wusste, wie ihr geschah, spürte sie schon Melissas rechte Hand an ihrem Ellbogen, während sich die linke um den Griff des Buggys legte. »Komm.« Sie sprach so sanft, es klang fast wie ein Summen. »Komm.« Gemeinsam gingen sie in Richtung Schulhof. »Gehen wir zu den anderen.« Und stellten sich in die Menge.
Wie Mr Orchard es geschafft hatte, derart freundliche Worte für die Schulsekretärin zu finden, war Heather ein Rätsel. Genauso fragte sie sich, ob er wirklich genug Geld für die schöne Bank gesammelt hatte, die die Kinder jetzt präsentierten. Er war so ein
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