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Mutter, wann stirbst du endlich?: Wenn die Pflege der kranken Eltern zur Zerreißprobe wird (German Edition)

Mutter, wann stirbst du endlich?: Wenn die Pflege der kranken Eltern zur Zerreißprobe wird (German Edition)

Titel: Mutter, wann stirbst du endlich?: Wenn die Pflege der kranken Eltern zur Zerreißprobe wird (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Rosenberg
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gerechtfertigt ist. Größere Veräußerungen von Gegenständen wie Auto oder Haus können nur mehr mit Absprache des Gerichtes getätigt werden, auch kann über höhere Geldbeträge nicht mehr ohne Einwilligung der Behörden verfügt werden.
    Ich bin einmal mehr schockiert. Plötzlich müssen wir eine Behörde fragen, wenn wir größere Summen ausgeben? Wie wird mein Vater darauf reagieren, wenn er das erfährt? Und ich bin sicher, er wird es erfahren. Doch wir haben keine andere Wahl. Meine Mutter hat keine Vorsorgevollmacht ausgestellt, in der sie die Betreuung frühzeitig festgelegt hat. Wäre dieses Formular im Haus, hätten wir es sehr viel einfacher gehabt und bräuchten den Gang zur Behörde nicht anzutreten. Und das alles nur, weil sie jetzt in der Kurzzeitpflege ist, denke ich mir. Morgen muss ich sie mal besuchen, nehme ich mir vor.
    Auf dem Nachhauseweg wird mir erst klar, wie abstrakt sich die ganze Situation entwickelt hat. Meine Mutter ist in einem Heim untergebracht, bei uns wohnen zeitweise zwei Pflegerinnen im Haus, Personen gehen ein und aus, und nun haben wir auch noch einen trockenen Behördenmenschen mit im Boot, der Paragrafen zitiert und einen jährlichen Rechenschaftsbericht will.
    Zynische Gedanken gehen mir durch den Kopf. Soll ich mir eine 400-Euro-Kraft suchen, die den ganzen Formularkram für mich erledigt? Oder ist es vielleicht besser, eine Putzfrau zu finden, die mir im Haushalt hilft? Oder vielleicht eher eine Betreuung für Lena? Möglich wäre aber auch, dass ich zu arbeiten aufhöre und alles selbst mache. Allerdings fehlen uns dann am Ende des Monats ein paar Euro.
    Ich muss ein wenig grinsen bei diesen Planspielen, trotz all meiner Sorgen. Natürlich ist das Blödsinn. Denn meinen Job aufzugeben kommt überhaupt nicht infrage. Und eine 400-Euro-Kraft kann ich mir nicht leisten.
    Aber was soll ich denn noch alles tun?
    Heute will ich meine Mutter besuchen, allerdings fahre ich ohne meinen Vater. Mit ihm im Schlepptau wird es mir zu stressig. Er zeigt auch kein großes Interesse mitzufahren. Lena will mitkommen, und ich bin dankbar dafür. An ihr kann ich mich ein bisschen festhalten. Ihre Unbekümmertheit und ihre liebenswerte Art sind eine unermessliche Stütze für mich.
    Schon beim Betreten des Pflegeheims spüre ich Panik aufkommen. Am liebsten würde ich sofort wieder umkehren und nach Hause fahren. Ich kann diese Tristesse einfach nicht mehr ertragen.
    »Mama, wo ist die Oma denn?«, fragt Lena.
    An einem Tisch sitzen einige Bewohner und starren uns an. Lena sieht sich suchend um.
    »Warum ist sie nicht hier?«, fragt sie.
    »Keine Ahnung«, antworte ich. »Vielleicht ist sie in ihrem Zimmer.«
    Auf dem Flur treffen wir eine Pflegerin. Ich frage sie nach meiner Mutter.
    »Sie ist in ihrem Zimmer. Sie wollte heute nicht aufstehen«, meint die Pflegerin kurz angebunden und eilt weiter.
    Wir gehen den Flur entlang und hören Stimmen und Geräusche, die wir nicht hören wollen. Eine Frau läuft im Kreis herum und murmelt etwas vor sich hin. Lena sieht sie kurz an, sagt aber nichts. Endlich sind wir an der richtigen Tür und gehen hinein. Da liegt sie in ihrem Bett, meine Mutter, ganz still. Sie sieht uns an. Ein kleines Lächeln huscht über ihr Gesicht. So, als würde sie uns erkennen. Erkennt sie uns vielleicht tatsächlich?
    »Hallo, Oma!«, ruft Lena und eilt an ihr Bett. Sie nimmt die Hand ihrer Großmutter und streichelt sie zärtlich.
    »Hallo, Mutti!«, begrüße ich sie.
    Aber meine Mutter antwortet nicht. Sie liegt nur da und sieht uns an. Während Lena auf sie einredet, sehe ich, wie sie immer wieder einnickt. Oder sie formuliert Wörter, die wir nicht verstehen. Sie sieht nicht gut aus, wie sie da in ihrem Bett liegt. Vergessen von der Welt.
    So habe ich mir das nicht vorgestellt! Sie soll doch nicht so allein sein. Und wenn sie jetzt hier stirbt? Dann stirbt sie ganz allein. Hier, in diesem Zimmer, das so kahl und unpersönlich ist wie eine Bahnhofsgaststätte. Ja, ich gebe zu, dass ich mir wünsche, dass sie sterben kann und endlich ihren Frieden findet. Sie und wir auch. Seit über zwei Jahren ist sie nicht mehr sie selbst. Quälende Monate liegen hinter ihr, in denen ihr Leben von Leid und endloser Verwirrung bestimmt war. Aber so soll sie nicht sterben! Auf gar keinen Fall darf das passieren.
    Ich merke es gar nicht, aber plötzlich sieht mich Lena an und hört auf zu reden.
    »Was hast du denn, Mama?«, fragt sie mich besorgt. »Wieso weinst du denn?«
    Sie

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