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Mutterliebst (German Edition)

Mutterliebst (German Edition)

Titel: Mutterliebst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antoinette van Heugten
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erschauert. Sie sieht im Badezimmer nach. Leer. Vollkommen aufgelöst rast sie den Korridor hinunter. Die Zimmer verschwimmen vor ihren Augen, während sie an ihnen vorbeistürmt. Jede Tür ist geschlossen. Kurz bevor sie die Lounge erreicht, bemerkt sie, dass die Tür zu Jonas’ Zimmer weit offen steht. Sie stößt sie noch weiter auf und tritt ein.
    Der Anblick, der sich ihr bietet, ist monströs, unaussprechlich. Sie schlägt beide Hände vor den Mund, um den Schrei zu ersticken, der in ihrer Kehle aufsteigt. Blutrote Spritzer beflecken die Decke und hinterlassen Streifen auf den Wänden. Ihr Blick richtet sich automatisch auf das Bett. Dort liegt Jonas, sein Körper entblößt – voller Blut, klaffende Löcher, seine wunderschönen Augen starren weit aufgerissen an die Decke, so als erstaune ihn das kranke Kunstwerk, das sein Lebensblut gebildet hat. Danielle kämpft gegen den überwältigenden Drang an, sich übergeben zu müssen. Sie stürzt an seine Seite und packt sein Handgelenk. Ein Übelkeit erregender Geruch dringt in ihre Nase, als frisches Blut auf ihre Finger tropft.
    „Oh, Gott, Jonas, bitte …“, schluchzt sie. Da ist kein Puls. Sie packt ihn an den Schultern und zieht ihn an sich. „Atme, Jonas. Bitte, du musst leben.“ Sein Körper ist warm, sein süßer Duft mischt sich mit einem beißenden, ätzenden Gestank. Sie führt ihre Hand zu seinem Nacken hinauf, an die Halsschlagader. Kein Puls. Sie muss Hilfe holen. Vielleicht besteht ja noch eine geringe Chance. Sie entdeckt den Schwesternknopf an der Wand gegenüber dem Bett. Sie versucht, hinüberzugehen, den Knopf zu erreichen, doch ihre Füße rutschen auf dem Blut aus, so viel Blut. Es dauert eine Ewigkeit, bis sie die paar Schritte auf die andere Seite des Bettes schafft. Ihr blutverschmierter Finger will gerade den Knopf drücken, als sie ihn sieht.
    Er liegt bewegungslos in einer Lache aus getrocknetem Blut, sein weißes T-Shirt und die Unterhose sind von oben bis unten bespritzt.
    Beine und Arme sind in Fötusposition angewinkelt, die Augen geschlossen.
    „Nein!“ Sie rutscht und gleitet auf die Gestalt zu und dreht sie schließlich um. Verzweifelt umfasst sie sein Gesicht, schüttelt ihn. „Max! Max!“ Er liegt regungslos und schlaff in ihren Armen. Hektisch sucht sie nach einem Puls. Das starke, regelmäßige Pochen durchdringt ihr Entsetzen mit Freude. Er lebt. Lebt. Hastig tastet sie seinen Körper nach Verletzungen ab. Es gibt keine. Das Blut stammt von Jonas, nicht von ihm. Sie stöhnt und beginnt, ihn in den Armen zu wiegen, ihn hochzuheben, von hier wegzuschaffen, Hilfe zu holen – und dann entdeckt sie es.
    Die Hand ihres Sohnes umklammert etwas Silbernes, Unheilvolles. Es ist ihr Metallkamm, der über und über besudelt ist mit dem Rot des ganzen Raumes. In blinder Panik packt sie Max und streift ihm das blutige T-Shirt über den Kopf. Max kommt kurz zu sich, greift nach ihr und versucht zu sprechen, doch dann sinkt er wieder benommen auf den Boden zurück. Danielle reißt ihm den Kamm aus der Hand, wischt ihn ab und stopft ihn zusammen mit dem T-Shirt in ihre Tasche. Stöhnend packt sie Max’ Arme und schleift seinen Körper über den blutbefleckten Boden. Seine Gliedmaßen hinterlassen eine verschmierte, sündige Spur. Die quälenden Augenblicke sind beinahe vorüber, sie sind nur noch wenige Schritte von der Tür entfernt – als genau die sich öffnet.
    Schwester Kreng steht im Türrahmen. Ihr Schrei durchschneidet die tödliche Stille des Raums, das blendende Weiß ihrer Uniform klagt das furchtbare Rot an den Wänden an. Es schreit Mord.

TEIL ZWEI

16. KAPITEL
    Am Anfang war da ganz viel Blau. Sie fühlte es überall um sich herum und über sich, als sie vom Gefängnis zum Gerichtssaal gebracht wurde. Sie wurde dem Haftrichter vorgeführt. Ein vom Gericht bestellter Anwalt und eine weibliche Polizeibeamtin begleiteten sie. Die Farbe des Himmels und der Lauf der Welt sind vollkommen unberührt von den Geschehnissen, doch ihr Leben hat sich für immer verändert. Selbst ihre Haut fühlt sich grau und besudelt an, vollkommen fremd. Vier schreckliche Tage hat sie in diesem Käfig ohne Himmel zugebracht, ohne Luft, ohne Max. Er muss mittlerweile vollkommen verzweifelt sein. Er ist des Mordes angeklagt. Ihr legt man weniger gravierende Vergehen zur Last – Komplizenschaft nach der Tat und Behinderung der Justiz, um nur zwei davon zu nennen.
    Erstaunlicherweise ist sie auf Kaution freigekommen. Jetzt kann sie zumindest

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